roc
Band VII, Spalte 609
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roc m. a-St., ab dem 9. Jh. in Gl., bei N,
Npw, in WH: ‚(purpurnes/schwarzes/geschlitz-
tes/langärmliges) Gewand, Rock, Kutte; co-
lobium, cucullus, froc(c)um, -us, lebetina, me-
lote, palla, rocum, -us, sarga, sargale, -lis,
spintrum, toga, tunica, vestimentum (purpu-
reum), vestis‘, giggilfêh roc ‚buntes Gewand;
multicolor (tunica), polymita (tunica), polymi-
tus, vestis multicolor‘, gislizzite roc ‚geschlitz-
tes Gewand; armilausa (vestis)‘, swarze roc
‚schwarzes Gewand; ferruginea, nigra‘, âwir-
kin roc ‚grobes Gewand; colobium, stuppeum
colobium, stuppeum‘, gistuochet roc ‚langärm-
liges Gewand; manicleata/manicata (tunica)‘
〈Var.: hr-; -ô-, -uo-; -c, -ch, -g, -hc〉. – Mhd.
roc, rockes st.m. ‚Rock, Membran, Rinde‘, nhd.
Rock m. ‚(meist von Frauen getragenes) auf der
Hüfte sitzendes, unten offenes Kleidungsstück‘,
veraltend auch ‚eine Art bis zur Hüfte reichen-
der Herrenmantel‘. Zu nhd. Frack s. u.

Ahd. Wb. 7, 1127 f.; Splett, Ahd. Wb. 1, 763; eKöbler,
Ahd. Wb. s. v. rok¹; Schützeichel⁷ 263; Starck-Wells
490. 828; Schützeichel, Glossenwortschatz 7, 457 ff.;
Seebold, ChWdW9 685. 1102; Graff 2, 430 f.; Lexer 2,
478; 3, Nachtr. 350; Diefenbach, Gl. lat.-germ. 133
(colobium). 231 (*ferrugenia). 248 (froccus, -um). 499
(roccus, -chus). 512 (sarga). 558 (stupeum). 601 (tunica);
Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 681 (tunica); Dt. Wb. 4, 47; 14,
1092 ff.; Dt. Wb.² 9, 857; Kluge²¹ 214. 604; Kluge²⁵ s. vv.
Frack, Rock; ePfeifer, Et. Wb. s. vv. Frack, Rock. – DRW
11, 1168–1170.

In den anderen germ. Sprachen entsprechen: as.
hrokk, rokk m. ‚Rock‘, mndd. rock, roch m.
‚Oberkleid‘; andfrk. rok m. ‚Mantel‘, frühmndl.
roc m. ‚Rock (für Frauen oder Männer)‘, mndl.
roc(k), rockes st.m. ‚Rock (für Frauen oder
Männer), Übergewand, Tunika‘, nndl. rok ‚Ja-
cke, Rock, Frauenrock‘; afries. hrok(k), rok(k),
rōk m. ‚Rock, Obergewand‘, nwestfries. rok,
rōk m. ‚Rock, Mantel, Frauenrock‘, saterfries.
rok m. ‚Damenrock, Jacke, Jackett‘; ae. roc(c)
m. ‚Obergewand‘, frühme. roc ‚Frauenober-
gewand, Tunika‘, me. rokke ‚dss.‘; aisl. rokkr
m. ‚Rock, Wams‘, nisl. veraltet rokkur m.
‚dss.‘, adän., ndän. rok ‚Frack, Rock, Überman-
tel‘, nnorw. (-)rok ‚Rock, Mantel‘ v. a. in Komp.
wie slåbrok ‚Schlafrock‘, aschwed. rokker m.,
nschwed. rock ‚Jacke, Mantel‘: < urgerm.
*(χ)rukka-.
Eine eindeutige Entscheidung, ob hier zwei ur-
spr. etym. getrennte Lexeme urgerm. *χrukka-
und *rukka-, die sich nur aufgrund ihrer lautli-
chen Ähnlichkeit auch semantisch angenähert
haben und u. a. im Ahd. zusammengefallen
sind, oder nur eines vorliegt, eben *χrukka-, ist
vorläufig nicht zu treffen. Immerhin spricht
ae. roc(c) eher gegen urspr. *χ- (sofern es
kein Lehnwort vom Kontinent bzw. aus mlat.
roc[c]us [s. u.] ist) und damit für zwei urspr.
verschiedene Lexeme. Aisl. rokkr ist erst spät
(16. Jh.) belegt und kann zudem ebensogut
Lehnwort aus dem Mndd./Mndl. oder einer
westgerm. Sprache allgemein sein, hat also
keine Aussagekraft. As. hroc, ahd. hrok spre-
chen eher für anlautendes *χ-, die h-losen For-
men beider Sprachen sind dagegen nicht aussa-
gekräftig. Für altes *χ- bzw. westgerm./andfrk.
*h- spricht hingegen die als mlat. froccus, afrz.
froc entlehnte Form mit üblichem Lautersatz
germ. *χr-/hr- > mlat./rom. fr-. Diese rom.
Form wurde dann ins Engl. als me. frok, frogge,
ne. frock ‚Kutte, Kittel, Kleid‘ übernommen
und dann wieder ins Dt. als Frack m. ‚meist
schwarzes Herrenoberbekleidungsstück mit lan-
gen Schößen‘ entlehnt, wobei dt. -a- wohl durch
die offene Aussprache von ne. -o- in diesem
Wort zu erklären ist. Dasselbe gilt für nwest-
fries. frak ‚Frack‘, dän. frak(ke) ‚dss.‘, norw.
frakk ‚dss.‘ sowie nschwed. frack ‚dss.‘ und
trifft möglicherweise auch für nndl. frak
‚Frack‘ zu, das aber auch über das Frz. entlehnt
sein kann.
Des Weiteren ist aus frz. rochet ‚Chorhemd‘
(s. u.) me. rochet, rochette, ne. rochet ‚weißes
Kirchengewand‘ entlehnt.
Neben mlat. froc(c)us ‚Tunika, Mönchsge-
wand, Frauenrock‘ steht noch mlat. roc(c)us
‚dss.‘ (s. u.).
Aus dem Nordgerm. wurde das Wort auch ins
Ostseefinn. entlehnt; vgl. finn. rukki ‚Rock‘,
estn. rukk ‚Kleid, Rock, schwarzer Frauen-
rock‘. Unklar ist, ob es sich bei der gleichlau-
tenden Sippe ostseefinn. Wörter der Bed. ‚ar-
mer Mensch‘ um dasselbe oder ein anderes
Ursprungslexem handelt (s. dazu Kylstra,
Lehnwörter 3, 174 f. mit Literatur).

Fick 3 (Germ.)⁴ 350; Kroonen, Et. dict. of Pgm. 250 f.;
Tiefenbach, As. Handwb. 183. 316; Wadstein, Kl. as.
Spr.denkm. 215; Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. 2, 2,
2197 f. (rok¹); Schiller-Lübben, Mndd. Wb. 3, 494; ONW
s. v. rok; VMNW s. v. roc; Verwijs-Verdam, Mndl. wb. 6,
1569 ff.; Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 169. 556 (rok¹);
Suppl. 139; Vries, Ndls. et. wb. 175. 586 f.; Et. wb.
Ndl. F-Ka 123 f.; Ke-R 677; WNT s. v. rok¹; Hofmann-
Popkema, Afries. Wb. 234; Richthofen, Afries. Wb. 829.
997; Fryske wb. 6, 307 (frak²); 18, 127 ff.; Dijkstra,
Friesch Wb. 1, 428; 3, 37 f.; Fort, Saterfries. Wb.² 497;
Holthausen, Ae. et. Wb. 262; Bosworth-Toller, AS Dict.
801; Suppl. 689; eMED s. vv. frok, rochet, rokke n.³;
Klein, Compr. et. dict. of the Engl. lang. 1, 624; 2, 1353;
eOED s. vv. frock n., rochet n.¹ and adj.; Vries, Anord.
et. Wb.² 451 (rokkr²); Jóhannesson, Isl. et. Wb. 724.
1139; Fritzner, Ordb. o. d. g. norske sprog 3, 127
(rokkr²); ONP s. v. rokkr²; Holthausen, Vgl. Wb. d.
Awestnord. 231 (rokkr²); Magnússon, Ísl. Orðsb. 771
(rokkur²); Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 1, 271; Nielsen,
Dansk et. ordb. 348 (rok²); Ordb. o. d. danske sprog 17,
1213 f. (rok²); Torp, Nynorsk et. ordb. 541; NOB s. vv.
frakk, slåbrok; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 1, 233; 2, 840
(rock¹); Svenska akad. ordb. s. v. rock subst.²; Kylstra,
Lehnwörter 3, 174 f. – Levickij 2010: 1, 433 (rukk-¹).

Aus westgerm. *χrukka- bzw. jüngerem *χrokka-
mit schon gesenktem Wz.vokal ist einerseits
mlat. hroccus, (mit Wandel des Anlauts) froc-
cus, (mit Wandel des Anlauts und ‚Dissimila-
tion‘ (?) fr- > fl-) floccus m. ‚Kleidungsstück für
Männer, Tunika, Mönchsgewand, Frauenrock‘,
frührom. *frok- ‚dss.‘ entlehnt (> prov. froc,
floc, mfrz., nfrz. froc ‚Priestergewand, Sou-
tane‘, nfrz. auch ‚Art Mantel‘), andererseits
jünger mlat. roccus m. ‚Rock, Mantel‘. Mlat.
roccus lebt in Weiterbildungen im Rom. fort;
vgl. norm. roquet m. ‚kurzer Unterrock‘, afrz.
rochet m. ‚eine Art grober Bluse‘, nfrz. rochet
‚Chorhemd‘, italien. rochetto m. ‚Chormantel‘,
span., port. roquette ‚dss.‘.
Das dt. Wort wurde in seiner dimin. Form nhd.
Röcklein n. (bzw. dem bair. Pendant /rekal/ als
serb., kroat. rȍklja f. ‚(Frauen-)Rock‘, serb.,
kroat. dial. auch rékla, réklja f. u. a. ‚dss.‘ ent-
lehnt. Die o-haltige Form des Serb. und Kroat.
kann auch auf Einfluss des ebenfalls aus dem
dt. Dimin. dial. /rokele/ entlehnten ung. rokolya
‚Rock‘ zurückgehen. Daneben ist aus demsel-
ben dt. Dimin. in der dial. Form /rek(a)l/ auch
noch ung. rékli ‚Bluse, Oberbekleidungsstück
für Frauen und Kinder‘ übernommen. Auch bei
der e-haltigen Form sind gegenseitige Beein-
flussungen der serb., kroat. und ung. Form vor-
handen.
In moderne rom. Sprachen wurde aus ne. frock
rückentlehntes frz. frac ‚Frack‘ ebenfalls wei-
tergegeben; vgl. italien. frac m. ‚dss.‘, span.,
port. fraque m. ‚dss.‘.
Aus dem Dt. gelangte das Wort in derselben
Bed. auch in das Slaw.; vgl. russ., ukrain. frak
m., slowen. frȃk m. (ab dem 19. Jh.), serb.,
kroat. frȁk m. (ab dem 19. Jh.), tschech., slo-
wak. frak m. (ab dem 18. Jh.), poln. frak m.
(Ende des 18. Jh.s). Direkt aus dem Dt. oder
über slaw. Vermittlung wurde das Wort auch
als ung. frak (Erstbeleg 1789) übernommen.
Entweder über dt. oder slaw. Vermittlung ge-
langte das Wort auch in die balt. Sprachen; vgl.
lit. veraltet frãkas m.
Urkelt. *ruktu- > air. rucht m. ‚Wams‘ und ur-
kelt. *rokkā- > (m)kymr. rhuch(en), auch (mit
sekundärer Aphärese nach Funktionswörtern
auf -r) huchen ‚dünne Haut, Schicht, Mantel,
Rock‘ sind nur zugehörig, falls für das Germ.
neben urgerm. *χrukka- auch *rukka- anzuset-
zen ist. Dann kann urkelt. *ruktu- auf vorurkelt.
*ruk-tu- zurückgehen, urgerm. *rukka- auf vor-
urgerm. *ruk--. Sollte indes allein urgerm.
*χrukka- anzusetzen sein, entfällt die Verbin-
dung mit dem kelt. Wort.
Die als Vorform für die kelt. Wörter anzuset-
zende Wz. uridg. *rek- hat außerhalb des Kelt.
nur im Germ. Anschlüsse, falls die o. g. germ.
Wörter zumindest teilweise dazuzustellen sind.
Die für einige der germ. Wörter anzusetzende
Wz. vorurgerm. *krek- (urgerm. *χrukka- <
frühurgerm. *χruǥ-- < vorurgerm. *kruk--)
steht gänzlich isoliert. Eine Grundbed. der Wz.
kann nicht sicher angegeben werden, vielleicht
ist ‚weben, Gewebe‘ o. Ä. anzunehmen.

Walde-Pokorny 2, 374; Pokorny 874; Niermeyer, Med.
Lat. lex.² 1, 661; 2, 1203; Du Cange² 3, 524; 4, 256; 7,
202; Körting, Lat.-rom. Wb.³ Nr. 8122; Meyer-Lübke,
Rom. et. Wb.³ Nr. 4212; Wartburg, Frz. et. Wb. 16, 248 f.;
Snoj, Slov. et. slov.³ 187; Matasović, Et. rječ. hrv. jez. 1,
251; Vasmer, Russ. et. Wb. 3, 217; ders., Ėt. slov. russ.
jaz. 4, 205; Fick 2 (Kelt.)⁴ 235; Matasović, Et. dict. of
Proto-Celt. 315 f.; Hessens Ir. Lex. 2, 228 (rucht³);
Vendryes, Lex. ét. de l’irl. anc. R-50 (rucht¹); eDIL s. v.
rucht¹; Dict. of Welsh 3, 3099. – Brückner [1927] 1993:
127; Striedter-Temps 1958: 125. 183. 186 f.; dies. 1963:
123; Skok 1971–74: 3, 156; Mel’nyčuk 1982 ff.: 6, 126;
Lühr 1988: 229; Benkő 1992–97: 3, 1247. 1276; Stotz
1996–2004: 1, 345 f. [III, § 12.4]; Bańkowski 2000: 1,
384; Newerkla 2011: 511; Orel 2011: 4, 151 f.; Šetėlja
2014: 2, 248; Králik 2015: 169; Rejzek 2015: 195.

HB

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