rôra f. jō(n)-St., seit Ende des 8. Jh.s
in zahlreichen Gl., im T, OT, MF, B und GB:
‚(Schilf-)Rohr, Ried, Rohrfeder, Schreib-
rohr, Rohrstab, Rohrstock, Messrute, Wasser-
rohr, Saugröhrchen, Steckenkraut (Ferula L.
Fam.; vgl. Marzell [1943–79] 2000: 2, 423 f.);
arundo, calamus, canna, carectus, ferula, fistula,
harundo [= arundo], linus, peniculus, phirzianz
[lingua ignota, Hildeg.]‘ (mhd. rôre, rœre
sw.f. ‚Rohr, Röhre, Brunnenröhre, Luftröhre,
Harnröhre, Kanal, gemauerter Abzugsgraben‘,
nhd. Röhre f. ‚langer zylindrischer Hohlkörper
zur Weiterleitung von Gasen oder Flüssigkei-
ten, kleinerer röhrenförmiger Behälter, Brat-
röhre, Elektronenröhre, Neonröhre‘; mndd.
rre f. ‚röhrenförmiger Pflanzenhalm, Luft-
röhre, Speiseröhre, länglicher zylindrischer
Hohlkörper, Wasserleitung, Saugröhrchen,
Schusswaffe mit langem Lauf‘; frühmndl.
roere ‚Kreuzblättrige Wolfsmilch‘ [Euphor-
bia lathyris L.; vgl. Marzell, a. a. O. 2, 382 f.]
oder ‚[Wein-]Raute‘ [Ruta graveolens L.; vgl.
Marzell, a. a. O. 3, 1552 f.] [a. 1253], mndl.
roere f. oder n. ‚Schilf[rohr], Pfeil aus Schilf‘).
Weiterbildung zu rôr (s. d.). – rôrahi n. ja-
St., Gl. 1,507,26 (Hs. Anfang des 9. Jh.s, Zeit
des Gl.eintrags unbekannt, bair.) und weitere
Gl.: ‚Schilf, Röhricht; arundinetum, arundo,
calamus, canna, harundinetum [= arundi-
netum], harundo [= arundo]‘ (mhd. rôrach,
rœrach st.n. ‚Röhricht‘, nhd. Röhricht n. ‚dicht
wachsendes Schilfrohr‘ mit unetym. -t). Kol-
lektivbildung mit dem Fortsetzer des Suff. ur-
germ. *-aχi̯a- (vgl. Krahe-Meid 1969: 3,
§ 146). S. rôr, -ahi. – rôrîn adj., in WM I: ‚mit
Rohr bewachsen, schilfbewachsen‘ (mhd.
rœrîn adj. ‚aus Rohr gemacht‘, frühnhd., ält.
nhd. röhren adj. ‚aus Rohr gemacht‘ [Dt. Wb.
14, 1128]). Stoffadj. mit dem Fortsetzer des
Suff. urgerm. *-īna-. S. rôr, -în¹. – rôrtumbil m.
a-St., Gl. 1,341,1 (Hs. 9. Jh., Zeit des Gl.ein-
trags unbekannt, alem.). 2 (10. Jh., alem.).
366,5 (um 850, alem.); 4,255,18 (in 2 Hss.,
wohl 2. Hälfte des 9. Jh.s und 10. Jh., alem.-
südrheinfrk. und alem.) und weitere Gl.:
‚Rohrdommel; onocrotalus‘ (Botaurus stella-
ris; vgl. Suolahti [1909] 2000: 383 ff.; Neuß
1973: 104 f.) (as. oder eher mfrk. [und damit
ahd.] rōrdumbil m. a-St. ‚Rohrdommel;
crocodillus‘ in Gl. 4,199,60 [1. Drittel des 11.
Jh.s]; vgl. mhd. rôrtumel st.m. ‚Rohrdommel‘,
nhd. Rohrdommel f. ‚besonders im Schilf le-
bender Vogel mit gedrungenem Körper und
überwiegend brauner Färbung‘ [der Genus-
wechsel zum Fem. ist durch andere fem. Vo-
gelbez. auf -el wie Amsel oder Wachtel verur-
sacht]; mndd. rôrdump f. ‚Rohrdommel‘; mit
grammatischem Wechsel mndl. roesdommel
m. ‚Rohrdommel‘ [ab a. 1415]; ae. rāredumla,
rāredumle m./f. ‚Rohrdommel‘). Das Wort
begegnet nur in den Var. ror(e)dumble, ver-
schrieben rofedumble, die wahrscheinlich von
ae. rāredumla beeinflusst sind (vgl. Leydecker
1911: 37 Anm. 16. 38 Anm. 2. 41). Das KVG
rôr- ‚Rohr, Ried‘ bezieht sich auf den Le-
bens- und Nistraum des Vogels, zum KHG s.
hor(o)tubil. S. rôr. – Ahd. Wb. 7, 1135 ff.
1138; Splett, Ahd. Wb. 1, 764. 1028; eKöbler,
Ahd. Wb. s. vv. rōra, rōrahi, rōratumbil,
rōrīn; Schützeichel⁷ 264; Starck-Wells 491.
XLVI; Schützeichel, Glossenwortschatz 7,
464 ff.
MK