rôst¹
Band VII, Spalte 645
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rôst¹ m. a-St., seit der 2. Hälfte des 8.
Jh.s in Gl.: ‚(Brat-)Rost, Marterrost, Scheiter-
haufen; arula, assarius ?, crates, craticula, pyra,
rogus, sartago‘ 〈Var.: rh-; -o-, --, -oi-, -oo-,
-oho-, -ó-〉. – Mhd. rôst st.m. ‚Rost, Scheiter-
haufen‘, nhd. Rost m. ‚Gitter aus Stahl-, Eisen-
stäben oder Holzlatten, Drahtgeflecht, auf dem
die Matratze eines Bettes liegt‘. Die Bed.
‚Scheiterhaufen‘ ist im Nhd. nicht mehr greif-
bar, möglicherweise ist sie indirekt noch im
denominalen Verb ahd. rôsten (s. d.), nhd.
rösten greifbar, da die Essenszubereitung auf
einem Metallrost immer auch offenes Feuer vo-
raussetzt.

Ahd. Wb. 7, 1149 f.; Splett, Ahd. Wb. 1, 765; eKöbler,
Ahd. Wb. s. v. rōst¹; Schützeichel⁷ 264; Starck-Wells
492; Schützeichel, Glossenwortschatz 7, 472 f.; Seebold,
ChWdW8 242. 430. 506; ders., ChWdW9 687. 1102; Graff
2, 552; Lexer 2, 499 f.; 3, Nachtr. 351; Diefenbach, Gl.
lat.-germ. 55 (assarium, -us). 155 (crates). 500 (rogus);
Dt. Wb. 14, 1279 ff.; Kluge²¹ 609 (Rost¹); Kluge²⁵ s. v.
Rost¹; ePfeifer, Et. Wb. s. v. Rost¹. – DRW 11, 1232.

In den anderen germ. Sprachen entsprechen: as.
rōst m. ‚Rost‘, mndd. rōste, röste, ruste f. ‚Brat-
rost, Röstofen, Gitterwerk vor einem Durch-
gang‘; frühmndl. nur in der erweiterten Form
*roostere, roestre m. ‚Bratrost‘, mndl. roost m.,
rooste f. ‚Rahmenwerk aus Eisen, Feuer, gerös-
tete Speise‘ (daneben bereits die erweiterte
Form roester, roostre ‚Feuerrost, Bratrost‘,
nndl. nur noch in der erweiterten Form rooster
‚Rahmenwerk (aus sich kreuzenden Stäben)‘
(falls dieses nicht zu rôst² gehört): < urgerm.
*rasta-.
Für den in älteren Etymologika vorgenomme-
nen Ansatz *χrasta- findet sich kein Anhalts-
punkt in den belegten Wortformen.
Me. rōst(e) ‚gebratenes Fleisch‘, ne. roast ‚ge-
bratenes Fleisch, Braten, Rösten‘, me. rosten,
ne. roast ‚braten, rösten‘ sind aus afrz. bzw.
anglonorm., mfrz. rost(e), mfrz. rooste ‚gebra-
tenes Fleisch‘, älter auch ‚Grillrost‘ bzw. afrz.,
mfrz. rostir, anglonorm. ro(i)ster ‚braten, gril-
len‘ (s. u.) entlehnt.

Fick 3 (Germ.)⁴ 353 f. (s. v. rauskia); Tiefenbach, As.
Handwb. 317; Wadstein, Kl. as. Spr.denkm. 216; Lasch-
Borchling, Mndd. Handwb. 2, 2, 2249; Schiller-Lübben,
Mndd. Wb. 3, 511; VMNW s. v. roostere; Verwijs-
Verdam, Mndl. wb. 6, 1611. 1612 f.; Franck, Et. wb. d.
ndl. taal² 560 (s. v. roosten); Suppl. 140; Vries, Ndls. et.
wb. 590 (s. v. roosten); Et. wb. Ndl. Ke-R 682 f. (s. v.
rooster); WNT s. v. rooster¹; eMED s. vv. rōst(e) n.¹, ros-
ten; Klein, Compr. et. dict. of the Engl. lang. 2, 1352;
eOED s. vv. roast n., roast v.

Aus dem (west-)germ. Wort sind mfrz. rost,
nfrz. rôt ‚Braten‘, italien. arrosto m. ‚Grill‘ so-
wie rosta f. ‚Gitter an der Lichtöffnung über
der Haustür‘ entlehnt, aus dem zugehörigen
denominalen Verb (west-)germ. *rastie/a-
(s. rôsten) stammen afrz. rostir, nfrz. rôtir ‚rösten,
braten‘, italien. arrostire ‚dss.‘. Aus dem Afrz.,
Mfrz. bzw. über das Anglonorm. gelangte die
Wortsippe weiter ins Engl. (s. o.).
Ebenfalls aus dem Afrz. wurde das Wort als bret.
rost ‚Braten, gebratenes Fleisch‘ übernommen;
die Entlehnung von kymr. rhost(i)af, rhost(i)o
‚brate‘, rhost ‚Braten, gebraten‘ ist hingegen
aus dem Engl. erfolgt. Ebenfalls auf dem Engl.
beruht nir. róstaid, róssaid ‚grillt, brät‘.
Aus dem Dt. gelangte das Wort auch in ver-
schiedene slaw. Sprachen; vgl. atschech.,
tschech., slowak. rošt m. ‚Stahlrost, Holz-
rost, Grundbalken, Querbalken‘ (während bei
Newerkla 2011: 210 die Wörter für ‚Rost‘ und
‚Balken‘ schon als ein Lexem behandelt wer-
den, werden diese bei Machek 1997: 518 noch
als rošt¹ ‚Rost‘ und rošt² ‚Balken‘ getrennt),
selten auch tschech. rošt’ f. ‚dss.‘ (daneben
auch atschech., tschech. dial. rešt m. aus der
umgelauteten Form mhd. rœst-, woraus auch
das Verb tschech. restovat ‚rösten‘ entlehnt ist),
ält. slowak. auch rôšt, rúšt m., rošta f. ‚dss.‘,
ndsorb. rošt m. ‚Rost‘ (davon zu trennen sind
osorb. róšt m., pl. róšty ‚Gerüst‘, ndsorb. rusta
f. ‚dss.‘, die aus nhd. Gerüst, dem Fortsetzer des
Koll. zu rôst² entlehnt sind; des Weiteren bleibt
deshalb auch poln. dial. roszt m. ‚Gerüst‘ fern),
slowen. rọ̑št m. ‚dss.‘, dial. auch rọ̑š, serb.,
kroat. rošt m. ‚dss.‘, veraltet und dial. (kajkaw.)
auch roš m. ‚dss.‘ (entweder eine direkte Über-
nahme von schwäb. dial., bair. dial. rosch
‚Rost‘ mit Ausfall des auslautenden -t oder dial.
kroat. Form mit innerkroat. Vereinfachung des
Auslautclusters). Auffällig ist bei den slaw.
Entlehnungen in Sprachen, die Vokallänge als
distinktives Merkmal haben, dass neben For-
men mit Langvokal (slowak., slowen.) auch
solche mit Kurzvokal auftreten (tschech., slo-
wak., serb., kroat.). Bei den Formen mit Kurz-
vokal handelt es sich um Übernahmen aus obd.
Dial., die eine Kürzung von alten Langvokalen
vor Doppelkonsonanz zeigen.
In den südslaw. Sprachen begegnen noch wei-
tere Entlehnungen, so etwa des denominativen
Verbs als slowen. rọ̑štati ‚rösten, grillen‘ oder
des Komp. nhd. Roststiel m., öster. dial. Roschtl
als slowen. rọ̑štilj m. ‚Bratspieß‘, serb., kroat.
ròštīlj, -ílja m. ‚dss.‘; möglich ist ein schwäb.
oder bair.-öster. Dimin. Roschtl zu Rost als
Grundlage.
Entweder direkt aus dem Dt. oder über eine
slaw. Sprache wurden ung. rost ‚Bratrost‘,
rostély ‚Rost, Gitter‘ entlehnt.
Für slowen. rọ̑štilj m. ‚Bratspieß‘, serb., kroat.
ròštīlj, -ílja m. ‚dss.‘, ung. rostély ‚Rost, Gitter‘
ist trotz des ungewöhnlichen Wortausgangs die
Annahme einer Entlehnung aus italien. rastello
m. ‚kleiner Rechen‘ unnötig (so Benkő 1992–
97: 3, 1284).
Bei einer Grundbed. ‚Geflochtenes, Flechtwerk‘
scheint ein Zusammenhang mit ahd. riusa, rûsa
‚Reuse‘ (s. dd.) möglich. In diesem Fall stammt
urgerm. *rasta- von vorurgerm. *roHs-to-
(neben vorurgerm. *ruHs-ih₂-/eh₂- [+ *-n-] >
ahd. rûsa) und vorurgerm. *reHs-eh₂- > ahd.
riusa. Falls es sich bei rûsa nur um Schreibvar.
von riusa handelt, hat die Wz. wohl keinen La-
ryngal enthalten. Aber auch diese Analyse führt
nicht zur Etym., da außergerm. Anschlüsse
fehlen. Entweder lautete die Wz. vorurgerm./
uridg. *(H)re(H)- ‚flechten‘, die s-haltigen
Formen des Germ. wären dann Weiterbildun-
gen eines s-St. vorurgerm./uridg. *(H)ré(H)-
e/os-, *(H)re(H)-s- oder das -s- ist wurzel-
haft und somit eine Wz. vorurgerm./uridg.
*(H)re(H)s- die Basis.

Denkbar erscheint auch eine Verbindung mit ahd. rôr
‚Schilfrohr‘ (s. d.) < frühurgerm. *ra- (neben
*sa-): Es müsste dann aber folgende weitreichende
semantische Entwicklung von urgerm. *ras-ta-, das
dann eine Zugehörigkeitsbildung mit dem Suff. uridg./
vorurgerm. *-- wäre, eingetreten sein: ‚mit Rohr ver-
sehen‘ > ‚aus Rohr gemacht‘ > ‚aus Rohr gemachtes
Gitterwerk‘ > ‚Gitterwerk allgemein‘ > ‚Gitterwerk aus
Metall (oder Holz)‘.

Weitere Verknüpfungen, etwa mit der Sippe
von ahd. reski (s. d.), sind sowohl lautlich als
auch semantisch problematisch. Auch sind
bisweilen mit der gerade erwähnten Etym.
auf Grundlage einer Basis vorurgerm./uridg.
*(H)re(H)-s- zusammenhängende Ableitun-
gen von onomatopoetischen Wz. der Bed.
‚schnurren, knistern‘ (so etwa Walde-Pokorny
2, 349 ff.; Pokorny 867 f.) abzulehnen, da sie
ebenfalls weitreichende semantische Entwick-
lungen erfordern würden.

Walde-Pokorny 2, 349 ff.; Pokorny 867 f.; Körting, Lat.-
rom. Wb.³ Nr. 8153; Meyer-Lübke, Rom. et. Wb.³ Nr.
7385; Wartburg, Frz. et. Wb. 16, 682 ff.; Bezlaj, Et. slov.
slov. jez. 3, 198; Snoj, Slov. et. slov.³ 653 (s. vv. rọ̑štati,
rọ̑štilj); Schuster-Šewc, Hist.-et. Wb. d. Sorb. 1238;
eDIL s. v. róstaid; Dict. of Welsh 3, 3097; Deshayes,
Dict. ét. du bret. 633. – Bielfeldt 1933: 230 f.; Striedter-
Temps 1958: 187 f.; dies. 1963: 212; Skok 1971–74:
3, 159 f. (s. v. roš); Benkő 1992–97: 3, 1283. 1284;
Machek 1997: 518 (rošt¹); Kopecká u. a. 2011: 147;
Newerkla 2011: 210; Králik 2015: 510; Rejzek 2015:
592. 600.

S. rôst².

HB

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