runga
Band VII, Spalte 740
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runga f. ō-St., nur in Gl. 3,398,28 (2
Hss., zwischen 1180 und 1190, [rhein-]frk.
und Anfang des 13. Jh.s, [rhein-]frk.): ‚(Wa-
gen-)Runge; reldiaz [lingua ignota, Hildeg.]‘.
Aus dem Beleg ist die St.klasse im Ahd. nicht
sicher zu erschließen, da auch ein f. n-St. in
Frage käme; die Einordnung als f. ō-St. ist aber
einerseits wegen des Mhd., andererseits wegen
der St.klasse der Entsprechungen in den ande-
ren germ. Sprachen wahrscheinlich. – Mhd.
runge st.f. ‚Stange, Stemmleiste an einem Wa-
gen, Runge‘, nhd. Runge f. ‚(bei landwirtschaft-
lichen und Lastfahrzeugen) seitlich an einer La-
defläche befestigte Stange, die als Halterung für
Seitenwände oder als Stütze für längeres Lade-
gut (z. B. Langholz, Rohre) dient‘.

Ahd. Wb. 7, 1229 f.; Splett, Ahd. Wb. 1, 1231; eKöbler,
Ahd. Wb. s. v. runga; Schützeichel⁷ 266; Starck-Wells
497; Schützeichel, Glossenwortschatz 8, 22 (mit fragli-
chem Neufund: lunne . humerulus [13. Jh., frk./obd.]);
Bergmann-Stricker, Katalog Nr. 51. 958; Lexer 2,
540; Dt. Wb. 14, 1520; Kluge²¹ 615; Kluge²⁵ s. v. Runge;
ePfeifer, Et. Wb. s. v. Runge. – Higley 2007: 176.

In den anderen germ. Sprachen entsprechen:
mndd. runge, ronge f. ‚hölzerne Stange, Quer-
holz unter dem Obergestell des Wagens, an
der Seite eines Transportfahrzeugs angebrachte
Stange als Halterung für die Seitenbretter
und -leitern, Splint der das Lösen des Rades von
der Achse verhindert, Lünse‘; mndl. ronge
(rung[e]) (f.) ‚an der Seite eines Transportfahr-
zeugs angebrachte Stange als Halterung für die
Seitenbretter und -leitern‘, nndl. ronge (dial.
auch rom[me]) (f.) ‚an der Seite eines Trans-
portfahrzeugs angebrachte Stange als Halte-
rung für die Seitenbretter und -leitern, großer,
schwerer eiserner Nagel‘; nwestfries. ronge
m./f. ‚großer, schwerer eiserner Nagel, an der
Seite eines Transportfahrzeugs angebrachte
Stange als Halterung für die Seitenbretter
und -leitern‘, saterfries. runge, -n m./f. ‚gro-
ßer Eisennagel, eiserne Halterung für die Wa-
genleitern, Stange aus Holz oder Eisen am
Leiterwagen‘; ae. hrung f. ‚Leitersprosse, Spei-
che, Querstange‘, me. rung (runge, rong[e],
roungue) ‚Leitersprosse, an der Seite eines
Transportfahrzeugs angebrachte Stange als
Halterung für die Seitenbretter und -leitern‘,
ne. rung ‚Stufe, Leitersprosse, Speiche, Quer-
verstrebung‘ (auch in ON wie Runghetuna a.
1086, jetzt Runcton in Norfolk; vgl. Mills 2011:
397); got. hrugga* f. ‚Stab; ῥάβδος‘: < urgerm.
*χrunǥō-.
Aus dem Mndd. ist das Wort in nschwed. (dial.)
runga ‚Runge‘ entlehnt.

Nicht hierher gehört aisl. Hrungnir als Name eines Riesen,
wie Grimm [1875–1878] 1968: 1, 436 annahm; der Name
ist mit K. Malone, ANF 61 (1946), 284 f. vielmehr mit
aisl. hrunki m. ‚großer, starker Mann‘ zu verbinden (noch
anders, nämlich zu nschwed. runga ‚widerhallen‘, also
im Sinne von ‚Lärmer‘, Vries, Anord. et. Wb.² 262).

Weitere Beziehungen innerhalb des Germ.
sind unsicher. Eine Anknüpfung an urgerm.
*χrenǥa- ‚Ring‘ (s. ring) ist möglich, wenn die
urspr. Bed. des Wortes ‚Rundholz‘ bzw. ‚Kreis-
stab‘ war.

Dagegen ist die frühere Anbindung (vgl. Franck, Et. wb.
d. ndl. taal² 557 und als Möglichkeit auch Vries, Ndls. et.
wb. 588) an aisl. hrǽll m. ‚Stab um die Fäden auf dem
Webstuhl in der richtigen Lage zu halten‘ aufzugeben, da
dieses nicht auf nordgerm. *χranχila-, sondern auf nord-
germ. *χraχila- zurückgeht (dazu s. regil).
Nach dem heutigen Wissensstand weitere abzulehnende
Vorschläge sind bei Feist, Vgl. Wb. d. got. Spr. 271 f. ge-
listet.

Fick 3 (Germ.)⁴ 108; Lasch-Borchling, Mndd. Handwb.
2, 2, 2344; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. 3, 532; Verwijs-
Verdam, Mndl. wb. 6, 1594 f.; Franck, Et. wb. d. ndl. taal²
557; Suppl. 139; Vries, Ndls. et. wb. 588; WNT s. v.
rong; Fryske wb. 18, 150; Dijkstra, Friesch Wb. 3, 40 f.;
Fort, Saterfries. Wb.² 503; Holthausen, Ae. et. Wb. 176;
Bosworth-Toller, AS Dict. 563; eMED s. v. rung n.;
Klein, Compr. et. dict. of the Engl. lang. 2, 1365; eOED
s. v. rung n.; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 2, 853; Svenska
akad. ordb. s. v. runga subst.; Feist, Vgl. Wb. d. got. Spr.
271 f.; Lehmann, Gothic Et. Dict. H-98. – Heyne 1899–
1908: 2, 30; H. Schröder, PBB 29 (1904), 499; Casaretto
2004: 108.

Weitere etym. Anschlüsse sind nicht vorhan-
den. Wenn man von der oben genannten se-
mantischen Entwicklung von ‚Rundholz‘ bzw.
‚Kreisstab‘ zu ‚Runge‘ ausgeht, stellt sich ur-
germ. *χrunǥō- wohl zu urgerm. *χrenǥa- (s.
ring; dort auch zur weiteren Etym.), eine Ab-
leitung der nachidg. Wz. *(s)krengh- ‚drehen,
winden‘.
Aus dem Germ. ist das Wort ins Mlat. als
runga, ronga, renga f. ‚Runge, Leitersprosse‘
entlehnt.
Andfrk. *hrunga ‚Runge‘, das mit andfrk.
*hranka ‚Ranke‘ gekreuzt wurde, ist die
Grundlage von mfrz. effranche f., renche f.,
nfrz. affranche f., ranche f. ‚Runge‘.
Aus dem Mndd. stammen lit. rùngas, ruñgas m.
‚Runge, Wagenrunge, Stock, Knüttel, Pflock,
Stange‘, lett. ruñga, rùnga f. ‚Runge, Knüppel,
Knüttel, Prügel, die auf dem Achsenende ru-
hende Stütze der Wagenleiter‘ und estn. ruṅg
‚Wagenrunge‘, aus dem Mndl. aflandr. ronghe
f. ‚dss.‘.

Walde-Pokorny 2, 570; Pokorny 936; Körting, Lat.-
rom. Wb.³ Nr. 4653a; Meyer-Lübke, Rom. et. Wb.³ Nr.
4218; Wartburg, Frz. et. Wb. 16, 253 f.; Fraenkel, Lit.
et. Wb. 2, 748 f.; Smoczyński, Słow. et. jęz. lit.² 1047;
Mühlenbach-Endzelin, Lett.-dt. Wb. 3, 561; Karulis,
Latv. et. vārd. 771.

S. ring.

RS

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