runza
Band VII, Spalte 746
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runza f. n-St., seit dem 10. Jh. in Gl. und
bei Npg: ‚Runzel, Falte (im Gesicht); corru-
gare, ruga‘. Sämtliche Belege flektieren nach
den n-St., außer Gl. 1,770,18. 25 runza . rugam
(11. Jh., alem. und 12. Jh., alem.); diese könn-
ten auf einen daneben stehenden f. ō-St. weisen,
falls runza ebenso wie rugam ein Akk.Sg. ist. –
Mhd. runze sw.f. ‚Runzel‘. Das Wort, das durch
die Kontinuante von ahd. runzila f. ‚Runzel‘
(s. d.) verdrängt wurde, findet sich dial. noch
in schweiz. runzen f. ‚Runzel‘, bair. (veraltet)
runze f. ‚Runzel‘, steir. runtze m./f. ‚Falte‘.

Ahd. Wb. 7, 1236; Splett, Ahd. Wb. 1, 772; eKöbler, Ahd.
Wb. s. v. runza; Schützeichel⁷ 267; Starck-Wells 497;
Schützeichel, Glossenwortschatz 8, 25; Bergmann-
Stricker, Katalog Nr. 138. 294; Graff 2, 532 f.; Lexer 2,
542; 3, Nachtr. 352; Diefenbach, Gl. lat.-germ. 503
(ruga); Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 580 (ruga); Dt. Wb. 14,
1523. 1524; Kluge²¹ 615 (s. v. Runzel); Kluge²⁵ s. v. Run-
zel; ePfeifer, Et. Wb. s. v. Runzel. – Schweiz. Id. 6, 1166;
Schmeller, Bayer. Wb.² 2, 128; Unger-Khull, Steir.
Wortschatz 513. – Höfler 1899: 532 f.

Die dt. Wörter haben in älv. rynkta f. ‚Runzel‘
wohl eine unmittelbare Entsprechung. Sie set-
zen urgerm. *χrunkitōn- bzw. *χrunkitōn-
fort. Diese Form entwickelte sich über vorahd.
*hrunkita und frühahd. *hrunkiza mit Synkope
des Vokals und Vereinfachung von *-nkz- zu
-nz- zu ahd. runza; zum Verlust eines Velars in
einer solchen Kons.gruppe vgl. ahd. lenz m.
‚Frühling‘ neben langez m. ‚dss.‘ (s. d.). Im
Nordgerm. bewirkte *-i- nach langer Silbe vor
seinem Schwund noch i-Umlaut (vgl. urnord.
*armiđō ‚wärmte‘ > aisl. vermða).
Innerhalb des Germ. gehört ahd. runza weiter
zu mhd. runke sw.f. ‚Runzel‘ (Lexer 2, 540; Dt.
Wb. 14, 1520), aisl. hrukka f. ‚Runzel‘, nisl.
hrukka f. ‚dss.‘, fär. rukka f. ‚dss.‘, nnorw. rukke
‚dss.‘ und ältestes adän. rynki(æ) ‚dss.‘, adän.
rynke ‚dss.‘, ndän. rynke ‚dss.‘, nnorw. rynke
‚dss.‘, aschwed. rynkia f. ‚dss.‘, nschwed.
rynka ‚dss.‘, die auf urgerm. *χrunkōn- bzw.
*χrunkōn- und *χrunkiōn- bzw. *χrunkiōn-
zurückgehen.
Aus dem Nordgerm. stammt ne. ruck ‚Runzel‘.
Diese Formen sind entweder Ableitungen zum
st.v. III urgerm. *χrenke/a- bzw. *χrenke/a-,
fortgesetzt in aisl. hrøkkva (hrǫkk, hrukko,
hrokkinn) ‚sich kräuseln, krümmen, zusammen-
schrumpfen‘ (Noreen [1923] 1970: §§ 82, 3.
110, 1. 112, 1. 266, 3. 494), nisl. hrökkva (hrökk,
hrukkum, hrokkið) ‚zurückziehen, zurückwei-
chen, versagen, auseinanderbrechen‘, fär. røkka
(rakk/røkk, rukku, rokkið) ‚zurückweichen,
genügen‘, adän. nur in runket, ält. ndän. nur
in runken, ndän. nur in runken adj. ‚zerknit-
tert, runzelig‘ (vgl. aisl. hrokkinn adj. ‚ge-
lockt, gerunzelt‘, nisl. hrokkin adj. ‚dss.‘),
nnorw. (bm.) rekke (rakk, rukket) ‚ausstre-
cken‘, (nn.) rekke (rakk, rokke) ‚dss.‘ (mit
Übertritt in die Klasse IV), norn rokk, rukk
‚nachgeben‘, oder von dem davon abgeleiteten
sw.v. urgerm. *χrankie/a- bzw. *χrankie/a-
> aisl. hrøkkva ‚schlingen, kräuseln‘, nisl.
hrökkva ‚dss.‘.
Wegen der Bed. eher denominal als deverbal
sind älteres ndän. rynke ‚runzeln‘, ndän. rynke
‚dss.‘, nnorw. (nn.) rykka, rykke, rykkja, rykkje
‚dss.‘, aschwed. rynkia, rynka ‚dss.‘, nschwed.
rynka ‚dss.‘ < nordgerm. *χrunkie/a- bzw.
*χrunkie/a-.
Das st.v. urgerm. *χrenke/a- bzw. *χrenke/a-
hat eine Var. mit s-mobile urgerm. *skrenke/a-
bzw. *skrenke/a- neben sich, die sich in ae.
scrincan (scranc, scruncon [-iu-], scruncen
[-iu-]) ‚sich zusammenziehen, schrumpfen, wel-
ken, verschmachten‘, me. shrinken (shrink[e],
shrincke, shringke, shrenk[en], sherenken,
scrinken, [frühme.] scrincken) st./sw.v. ‚schrump-
fen, zusammenziehen, zurückziehen‘, ne. shrink
‚schrumpfen, verkleinern, eingehen, vermindern,
zusammenschrumpfen, kleiner/kürzer werden‘
und nnorw. (nn.) skrøkka, skrøkke (skrokk,
skrokke) ‚einschrumpfen‘ findet; vgl. auch
die aus dem Part.Prät. hervorgegangenen Adj.
ndän. skrunken ‚geschrumpft‘, nnorw. (nn.) skrok-
ken ‚dss.‘, aschwed. skrunkin ‚dss.‘, mschwed.
skrunken ‚dss.‘, nschwed. dial. skrunken,
skrukken ‚dss.‘.
Für das nur bei Kiliaan als älteres Fläm. be-
zeichnete und in einer weiteren fläm. Quelle
von 1539 belegte Verb frühnndl. schrinken ‚zu-
sammenziehen, zurückziehen‘ (beide Male Inf.
〈schrincken〉) nimmt eOED s. v. shrink v. fra-
gend die Möglichkeit einer Entlehnung des
frühndl. Verbs aus dem Engl. an, möglicher-
weise weil Kiliaan s. v. Schrincken noch die
Angabe „ang. schrincke“ hinzugefügt hat. Dies
erscheint ohne weitere Stütze wenig wahr-
scheinlich.

Das ndl. Verb ist trotz gegenteiliger Behauptung in der
Literatur (vgl. etwa Seebold, Germ. st. Verben 424;
Scheungraber 2014: 32) nicht bereits im Mndl. belegt
(vgl. die Angabe in Verwijs-Verdam, Mndl. wb. 7, 770;
vgl. noch J. Verdam, TsNTL 16 [1897], 15–17).
Die Einordnung des frühndl. Verbs schrinken als st.v.
lässt sich aus der ndl. Überlieferung selbst nicht weiter
absichern.

Fick 3 (Germ.)⁴ 473; Seebold, Germ. st. Verben 273.
424; Verwijs-Verdam, Mndl. wb. 7, 770 f.; WNT s. v.
schrinken; Holthausen, Ae. et. Wb. 283; Bosworth-Toller,
AS Dict. 842; Suppl. 698; eMED s. v. shrinken v.; Klein,
Compr. et. dict. of the Engl. lang. 2, 1362. 1439; eOED
s. vv. ruck n.², shrink v.; Vries, Anord. et. Wb.² 259.
262. 264; Jóhannesson, Isl. et. Wb. 831 f.; Fritzner,
Ordb. o. d. g. norske sprog 2, 63. 67. 74 f.; ONP s. vv.
hrukka, hrøkkva¹, hrøkkva²; Jónsson, Lex. poet. 290 f.;
Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 129. 130; Magnússon,
Ísl. Orðsb. 377. 380. 384 (hrökkva¹, hrökkva³); Falk-
Torp, Norw.-dän. et. Wb. 2, 921. 927. 1031 (s. v.
skrukke). 1536. 1545 (skrukke); Nielsen, Dansk et. ordb.
351. 353 (rynke¹, rynke²). 379; Ordb. o. d. danske sprog
17, 1452 f.; 18, 61 f. (rynke¹). 62 f. (rynke²); 19, 984;
Torp, Nynorsk et. ordb. 525. 547 f. 556. 621. 627 f.; NOB
s. vv. (bm.) rekke³, (nn.) rekke³, rukke¹, (nn.) rykka²,
rynke¹, (nn.) skrokken, (nn.) skrøkka, skrøkke; Jakobsen,
Et. dict. of the Norn lang. 2, 711; Hellquist, Svensk et.
ordb.³ 2, 859 (rynka¹, rynka²). 954 (s. v. skrynka); Svenska
akad. ordb. s. vv. rynka subst.², rynka v., skrunken. –
Scheungraber 2014: 32 f.

Urgerm. *skr-/χrenke/a- bzw. *skr-/χrenke/a-
< vorurgerm. *(s)kréng-e/o-, *(s)kréng-e/o-
ist eine Präs.bildung zur Verbalwz. uridg.
*(s)kreng- bzw. *(s)kreng- ‚sich krümmen,
schrumpfen‘, die sicher nur im Germ. fortge-
setzt ist.
Die einzige mögliche außergerm. Verwandte ist
aksl. krǫgъ m. ‚Kreis‘ (so etwa LIV² 563 Anm.
1), das aber mehrheitlich zur (sicherlich nahe
verwandten) Gruppe von ahd. ring ‚Ring‘ (s. d.)
gestellt wird.
Unsicher bleibt der genaue Ansatz der Wz. als
*(s)kreng- oder *(s)kreng-, da die Herkunft des
*-- unklar ist. Nach Lühr 1988: 124 kann es
sich sowohl um eine labiovelare Wz.erweiterung
als auch ein *e-Suff. handeln, oder es kann aus
einem Adj. mit *a-Suff. übertragen sein.

Walde-Pokorny 2, 569 f.; Pokorny 936; LIV² 563.

RS

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