ruoba¹
Band VII, Spalte 755
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ruoba¹ f. ō-St., seit dem letzten Viertel
des 8. Jh.s in Gl. und in MH, B, GB, M: ‚Zahl,
Aufzählung; indictio, numerus, summa‘ 〈Var.:
-oa-, -ua-; -p-, -u-〉. Das Wort erscheint auch in
den Fügungen fimffaltiu ruoba ‚Fünfzahl; nu-
merus quinarius‘ (nur bei Splett, Ahd. Wb. 1,
772 gelistet), sibunfalta ruoba ‚Siebenzahl‘
und zwelifinga ruoba ‚Zwölfzahl; numerus
duodenus‘. Das Nebeneinander von -v- und -b-
in den obd. Quellen ist das Resultat der durch
das Vernersche Gesetz bedingten Formen mit
urgerm. *-f- und *-ƀ- (vgl. Schatz 1907: §78;
Schatz 1927: § 170; Barber 1932: 62; Braune-
Heidermanns 2018: § 139 Anm. 5; Schaffner
2001: 403). Zum Subst. gehören noch die sw.v.
II ruobôn ‚zählen‘ und giruobôn ‚aufzählen‘
(s. dd.).

Ahd. Wb. 7, 1239 f. (ruoba²); Splett, Ahd. Wb. 1, 772;
eKöbler, Ahd. Wb. s. v. ruoba¹; Schützeichel⁷ 267
(ruova²); Starck-Wells 497 (ruoba st.f.); Schützeichel,
Glossenwortschatz 8, 27 (ruoba²); Seebold, ChWdW8
244; ders., ChWdW9 690; Graff 2, 361; Heffner
1961: 123; Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 435 (numerus). –
Raven 1963–67: 2, 123 f.

Ahd. ruova und ruoba < urgerm. *rōfō- und
*rōƀō- haben lediglich in ae. -rōf < urgerm.
*rōfa- eine ungefähre Entsprechung. Das
KHG ist nur im Hapaxlegomenon ae. secgrōf
n. ‚Gefolgsschar, Männerschar‘ in Ruin 26
belegt: swylt eall fornom secgrof wera ‚der
Tod raffte die gesamte Gefolgsschar der Män-
ner weg‘.

F. Holthausen, Engl. Stud. 37 (1907), 200 wollte die hs.
belegte Form <secgrof> zu +secgrofra emendieren und
als ein zu wera gehörendes attributives Adj. im Gen.Pl.
secgrōf ‚schwertstark‘ (ein Komp. aus secg f. ‚Schwert‘
und rōf adj. ‚stark‘) auffassen. Obwohl diese Emendation
in den Editionen weit verbreitet ist, ist sie weder formal,
inhaltlich noch syntaktisch notwendig (vgl. auch Schaffner
2001: 403 f. Fn. 203), zumal auch ein solches Adj. sonst
nicht belegt ist. Das Argument, dass Adj. mit dem
KHG -rōf häufig sind (so etwa Klinck 1992: 215 f.),
spricht wohl eher gegen diese Emendation.
Von dieser Gruppe ist schon aus semantischen Gründen
aisl. -róf, -rof, das nur in stafróf, stafrof n. ‚Alphabet‘
und málróf n. ‚Wortkram, Prahlerei‘ vorkommt, zu
trennen (vgl. Jóhannesson, Isl. et. Wb. 1139; anders
etwa Vries, Anord. et. Wb.² 450; Holthausen, Vgl. Wb.
d. Awestnord. 231).

Fick 3 (Germ.)⁴ 347; Holthausen, Ae. et. Wb. 263;
Bosworth-Toller, AS Dict. 856.

Urgerm. *rōfō-/*rōƀō- und *rōfa- gehören zu
der um ein Element *-p- erweiterten Wz. uridg.
*reh₁- ‚zählen, rechnen‘; zur Wz. und weiteren
Anbindungen s. reda f. ‚Rede, Wort, Meinung‘
und wohl auch (mit Erweiterung *reh₁-dh[h₁]-)
râtan ‚raten, zureden, beraten‘ (s. d.); zu sol-
chen p-Erweiterungen vgl. uridg. *ser- ‚schnei-
den‘ (ai. s- f. ‚Sichel‘) : *ser-p- ‚dss.‘ (lat.
sarp[i]ō ‚schneide ab‘); dieses und weitere Bei-
spiele bei Schaffner 2001: 404 Fn. 204 (s. auch
sarpf, sarf).
Urgerm. *rōfō- und *rōfa- setzen wohl mit
Substantivierungsakzent unterschiedliche For-
men (*róh₁-p-ah₂- und *róh₁-p-o-) eines Adj.
vorurgerm. *roh₁-p-ó- ‚gezählt, mit Zählung
versehen‘ fort. Die Formen mit urgerm.
*-ƀ- sind dabei sekundär durch Beeinflussung
des danebenstehenden sw.v. urgerm. *rōƀōe/a-
‚zählen‘ < vorurgerm. *roh₁-p-ah₂-é/ó- (s.
ruobôn) aufgekommen.

Schaffner 2001: 403 f.

RS

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