ruost*
Band VII, Spalte 803
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ruost* Genus und Stammklasse nicht
bestimmbar, nur in Gl. 3,41,1 (2 Hss., 2. Hälfte
des 13. Jh.s, frk. und Gl.eintrag kurz vor dem 6.
August 1468, obd.): ‚Ulme, Rüster; ulmus‘ 〈Var.:
-u-〉. – Frühnhd. rust (ohne Genusangabe) ‚Rüs-
ter‘, nhd. veraltet Rust- (in Rustbaum m. ‚Ulme‘),
dial. schweiz. ruest- (in ruestholz n. ‚Ulme‘,
ruest-, rüestbaum m. ‚Rüster‘), bad. ruste, rüste
f. ‚Ulme, Rüster, Steineiche‘ (vgl. auch FlurN
Rüstbaum m.), schwäb. rüst- (in rüstbaum m.
‚Rüster‘), steir. ruste f. ‚Ulme, Rüster‘, pfälz.
ruste, rüste f. ‚Ulme‘ (vgl. auch rustenbaum m.
‚Ulme‘), thür. rust f. ‚dss.‘, siebenbürg.-sächs.
als KVG rusten- (in rustenholz n. ‚Holz der
Feldrüster, Feldulme‘). Der bei Schmeller, Bayer.
Wb.² 2, 163 angegebene Eintrag bair. rüstbaum
m. ‚Ulme‘ basiert lediglich auf einem Beleg aus
einem Vocabularius von 1618.
Daneben findet sich eine Form ohne Dental.
Graff 3, 866 listet eine Form „ruzbaum, ulmus“,
jedoch ohne Quellenangabe. Damit stimmt der
Beleg Rußpawm im Vocabularius theutonicus
(1492) (zitiert nach K. Weigand, ZfdA 9 [1853],
390) überein; insgesamt bleibt letztendlich un-
klar, ob es sich hierbei um zwei separate Belege
handelt oder nicht. Eine gleichlautende Form
findet sich auch noch später (vgl. u. a. die Belege
Rußbaum, Rüschbaum bei eKrünitz 1773–1858
s. v. Rüster). Eine dentallose Bildung setzen
auch Formen wie obd./öster. (Schwarz-)Russel f.
(belegt in Höfer 1815: 3, 54) und nhd. (veraltet)
Rusche, Rüsche f. ‚Rüster, Ulme‘, dial. schweiz.
rueschen f. ‚dss.‘ (vgl. auch rueschig adj. ‚von
der Rüster stammend‘), els. ruesch(e) f. ‚dss.‘
(vgl. auch widenruesch f. ‚Flatterrüster‘, ruescheⁿ
adj. ‚von der Rüster herrührend‘), bad. rusche f.
‚dss.‘ (vgl. auch ruschen, rüschen adj. ‚aus Ul-
menholz‘, ruschenbaum m. ‚Ulme, Rüster‘, ru-
schenholz n. ‚Holz der Ulme‘, FlurN Rustel n.),
bair. rusch f. ‚dss.‘, lothr. rusche f. ‚dss.‘, rhein.
rusch m. ‚dss.‘, pfälz. rusche, rüsche f. ‚dss.‘ (vgl.
auch ruschel, rüschel f. ‚Ulme‘, ruschenbaum
m. ‚dss.‘), südhess. rusche f. ‚dss.‘ voraus.

Unklar ist, ob schwäb. russ- in russbaum m. ebenfalls
hierher gehört oder ob es eine Var. von rustbaum m.
‚großer Balken, zum Gerüst, Tragsäule des Dach-
stuhls‘ ist.

Eine andere Bildeweise zeigt nhd. Rüster f.
‚Ulme‘ (zum Verhältnis der Bildungen s. u.).

Ahd. Wb. 7, 1289 f.; Splett, Ahd. Wb. 1, 1231; eKöbler,
Ahd. Wb. s. v. ruost; Schützeichel⁷ 268; Starck-Wells
500; Schützeichel, Glossenwortschatz 8, 42; Bergmann-
Stricker, Katalog Nr. 160. 441; Götze [1920] 1971: 181
(rust[baum]); Dt. Wb. 14, 1537. 1543. 1548 f.; Kluge²¹
616 f.; Kluge²⁵ s. v. Rüster; ePfeifer, Et. Wb. s. v. Rüster. –
Schweiz. Id. 2, 1258; 4, 1244; 6, 1482; Martin-Lienhart,
Wb. d. els. Mdaa. 2, 294; Ochs, Bad. Wb. 4, 376 f. 380;
Fischer, Schwäb. Wb. 5, 496. 499 f.; Schmeller, Bayer.
Wb.² 2, 157. 163; Unger-Khull, Steir. Wortschatz 513;
Follmann, Wb. d. dt.-lothr. Mdaa. 1, 422; Müller, Rhein.
Wb. 7, 628; Christmann, Pfälz. Wb. 5, 663. 664. 668;
Maurer-Mulch, Südhess. Wb. 4, 1537; Spangenberg,
Thür. Wb. 5, 309; Schullerus, Siebenbürg.-sächs. Wb.
9, 399. – Marzell [1943–79] 2000: 4, 904 f. (mit weiteren
Formen).

In den anderen germ. Sprachen gibt es keine
Entsprechungen.
Die einmalig im Etymologicum Teutonicae
Linguae bezeugte frühnndl. Form rust-boom
‚Ulme‘ bezeichnet Kiliaan dort als hd. und
ndd.
Unklar bleibt das Verhältnis der unterschiedli-
chen Formen – Kurzform dial. rusch-, erweitert
mit Dental (ahd. ruost*), erweitert um -ter (nhd.
Rüster) – zueinander.
Nach allgemeiner Auffassung (vgl. u. a. Marzell
[1943–79] 2000: 4, 904; Kluge²¹ 616 f.; Kluge²⁵
s. v. Rüster; ePfeifer, Et. Wb. s. v. Rüster) ent-
hält die erweiterte Form nhd. Rüster das für
Baumbez. typische Suff. urgerm. *-đra-/-ō-,
wie es u. a. in ahd. affaltar m., affoltra f. ,Ap-
felbaum‘, holuntar, holantar, holder m. ‚Ho-
lunder‘ (s. dd.) auftritt (zum Suff. s. affoltra
mit weiterer Literatur). Gegen diese An-
nahme könnte aber sprechen, dass das Wort
Rüster, anders als bei affoltra f. neben affaltar
m. ‚Apfelbaum‘, mazzalt(a)ra, mazzolt(a)ra
f. neben mazzaltar, mazzoltar m. ‚Maßholder‘
und wechaltra f. neben wechaltar m. ‚Wachol-
der‘, nur als Fem., nicht auch als Mask., be-
zeugt ist. Auch der Umlaut bliebe bei diesem
Suff. unerklärt.
Das Verhältnis der Formen mit und ohne Dental
kann prinzipiell auf zweifache Art interpretiert
werden. Wenn die Form mit Dental die urspr.
ist, kann der Verlust des Dentals in Komp. des
Typs Rüstbaum eingetreten sein; die Simplex-
formen ohne Dental stammen dann aus der
Komp.form. Wenn die Form ohne Dental aber
sprachgeschichtlich älter ist, wäre der Dental
ein epenthetisches -t, wie etwa bei ahd. obz
(s. d.) : nhd. Obst.

WNT s. v. rusten¹.

Das alleinstehende Wort hat keine überzeu-
gende Etym.
In der Literatur findet sich die Verbindung mit
nir. rúaim ‚Erlenbaum‘, das auf *res-men- oder
*ros-mi- zurückgehen soll. Jedoch ist einer-
seits die germ. Form mit urgerm. *-ō- bei einer
Wz. *res- nicht erklärbar, andererseits gehört
nir. rúaim besser zu air. rúam ‚roter Farbstoff‘
(< *h₁redhsmon-), da Zweige und Reisig des
Erlenbaums beim Färben von Stoffen in einen
braunroten Farbton verwendet wurden (vgl. D.
Stifter, Sprache 40 [1998], 202 Fn. 3. 208 mit
Literatur).
S. Neri (mündlich) schlägt vor, die Formen an
die Wz. uridg. *reh₂d- ‚Wurzel‘ (s. wurz) an-
zuschließen. Die Bildungen könnten dabei aus
dem Nebeneinander von uridg. *reh₂d-to- mit
lautgesetzlicher Entwicklung zu *-ss- und Ver-
einfachung nach Langvokal neben *reh₂d-
trieh₂-, wohl eine fem. -iah₂-Bildung zu einem
Abstraktum uridg. *réh₂d-tro- n., hervorge-
gangen sein. Das Benennungsmotiv bei diesem
Anschluss wäre die Tatsache, dass das tiefe
Wurzelwerk der Ulme ihr selbst auf Nassböden
eine außerordentliche Stabilität verleiht.
Bei dieser Deutung wäre das -t epenthetisch.

Walde-Pokorny 2, 361; Pokorny 873; Fick 2 (Kelt.)⁴ 234;
Matasović, Et. dict. of Proto-Celt. 315; Vendryes, Lex.
ét. de l’irl. anc. R-48; eDIL s. v. rúam⁴. – K. Weigand,
ZDA 9 (1853), 390; O. Schrader, BB 15 (1889), 288 f.

RS

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