rust
Band VII, Spalte 825
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rust f. i-St. oder rustî f. īn-St., in Gl.
3,7,39 (2. Hälfte des 8. Jh.s, alem.) und bei O,
in H: ‚(Aus-)Rüstung, (Brust-)Schmuck, Pfer-
deschmuck; phalerae [in der Hs. ist nur <ler>
erhalten]‘ 〈Var.: hr-〉. Die sichere Zuordnung
der einzelnen Belege zu einer St.klasse ist for-
mal nicht möglich, da diese sämtlich (H: akk.pl.
〈hrusti〉 [Vers 52, StD Vers 56], dat.pl.
〈hrustim〉 [Vers 42, StD Vers 46]; O: gen.sg.
〈rústi〉 [5,2,6]; Gl. 3,7,39: wohl akk.pl. 〈hrusti〉)
sowohl zu einem Lemmaansatz rust als auch zu
rustî gehören können; bis auf die Länge des Vo-
kals der Endung in diesen Formen gibt es näm-
lich sonst keine Unterschiede. Aus diesem
Grund gehen die Einordnungen in der Literatur
auch auseinander, zumeist jedoch ohne dass die
jeweils andere Möglichkeit erwähnt wird; vgl.
etwa Lühr 1982: 627 und Hill 2003:173: nur
Einordnung als f. i-St.
Während für den Ansatz rust die mögliche
Entsprechung im Ae. spricht (s. u.), hätte rustî
eine Kontinuante in mhd. rüste st.f. ‚Ausstat-
tung‘.
Wie das abweichende Genus zeigt, sind mhd.
rust st.m. ‚Werkzeug, Geräte‘, nhd. Rust, Rüst
m. ‚das Werkzeug, Gerät‘ wohl jüngere Neubil-
dungen.

Ahd. Wb. 7, 1297 f.; Splett, Ahd. Wb. 1, 778 (nicht auf-
lösbar, welche Belege zu rust und welche zu rustî gehö-
ren); eKöbler, Ahd. Wb. s. vv. rust, rustī; Schützeichel⁷
268 ([h]rust H, O, Gl.; [h]rustī H, O); Starck-Wells 500
(rust); Schützeichel, Glossenwortschatz 8, 46 (rust);
Bergmann-Stricker, Katalog Nr. 254; Seebold, ChWdW8
245 (rust [Gl.beleg]); ders., ChWdW9 694 (rust[ī] [O und
H]); Graff 2, 546 f. (rustî); Heffner 1961: 80 (hrust);
Lexer 2, 557; Dt. Wb. 14, 1543. 1544 (s. v. rüsten);
Kluge²¹ 616 (s. v. rüsten); Kluge²⁵ s. v. rüsten; ePfeifer,
Et. Wb. s. v. rüsten. – Findebuch 1992: 293. – Kelle [1856–
81] 1967: 3, 495 (rustî); Lühr 1982: 627 (hrust); Braune-
Heidermanns 2018: § 153 Anm. 1; Riecke 1996: 328.

Falls für das Ahd. der Ansatz rust gilt, hat die-
ser möglicherweise eine Entsprechung in ae.
hyrst f. ‚Schmuck, Schatz, Ausrüstung, Be-
hänge, Waffen‘: < westgerm. *χursti-.
Jedoch ist auch die Einordnung von ae. hyrst als
f. i-St. nicht sicher. Die belegten Formen
(gen.pl. hyrsta, dat.pl. hyrstum, akk.pl. hyrste)
können auch -St. sein, da die Endungen in
beiden St.klassen identisch sind.

Das Komp. ae. gehyrst f. ‚Schmuck‘ hilft bei der Klärung
der St.klasse nicht weiter, da es nur im Akk.Pl. belegt ist.

Daher ist der Ansatz westgerm. *χursti- nur
eine von mehreren Möglichkeiten.
Die Form westgerm. *χrusti- könnte eine Ab-
leitung von urgerm. *χređe/a- st.v. ‚bedecken‘
sein, das in ae. hrēodan* st.v. (prät. hrēad, –,
part.prät. hroden) ‚bedecken, schmücken‘
(Brunner 1965: § 384 Anm. 1a) und aisl.
-hroðinn adj. ‚überzogen mit‘ (Noreen [1923]
1970: § 488 Anm. 4; nur in gullhroðinn adj.
‚mit Gold verziert‘) fortgesetzt ist.

Nach Bugge 1905: 161 ist aisl. gullhroðinn aus ae. gold-
hroden ‚mit Gold verziert‘ (Bosworth-Toller, AS Dict.
485) entlehnt.
Vries, Anord. et. Wb.² 257 gibt fehlerhaft an, dass im
Aisl. auch der Inf. belegt wäre.

Die Vorform urgerm. *χru-sti- (Krahe-Meid
1969: 3, § 128, 2 a [S. 166]) wäre dann aus ur-
sprünglichem *χruđ-sti- < vorurgerm. *krudh-sti-
entstanden; zu einer parallelen Vereinfachung
s. nasteid, eigtl. ‚Zopfeid‘, mit nast- < *Hnosto-
< *Hnodh-s--.

Fick 3 (Germ.)⁴ 108; Seebold, Germ. st. Verben 275;
Holthausen, Ae. et. Wb. 185; Bosworth-Toller, AS Dict.
405. 558 (hreóđan). 562. 584; Suppl. 350. 568; Vries,
Anord. et. Wb.² 257 f. (hrjóða²). 259; Jóhannesson, Isl.
et. Wb. 265. 269; ONP s. vv. gullhroðinn, -hroðinn²;
Jónsson, Lex. poet. 196 (s. v. gollroðinn); Holthausen,
Vgl. Wb. d. Awestnord. 128 (hrjōđa²).

Urgerm. *χređe/a- < vorurgerm. *kréH-dhe/o-
ist ein dh-Präs. zur Wz. uridg. *kreH- ‚aufhäu-
fen, bedecken‘.
Die Wz. ist verbal nur im Baltoslaw. im
e/o-Präs. uridg. *kruH-e/o- fortgesetzt (im
Balt. mit sekundärer Vollstufe): aksl. kryti
(kryjǫ) ‚bedecken, verbergen‘, nruss. kryt’
(króju) ‚dss.‘, ukrain. krýty (krýju) ‚dss.‘,
wruss. kryć (krýju) ‚dss.‘, tschech. krýti (kryji)
‚dss.‘, slowak. kryt’ (kryjem) ‚dss.‘, poln. kryć
(kryję) ‚dss.‘, serb. krȉti (krȉjēm) ‚dss.‘, kroat.
krȉti (krȉjēm) ‚dss.‘, slowen. kríti (krîjem) ‚dss.‘,
bulg. kríja ‚bedecke, verberge‘, osorb. kryć
(kryju) ‚bedecken, verbergen‘, ndsorb. kšyš
(kšyju) ‚dss.‘, polab. 3.sg. kraye ‚deckt zu‘, lit.
dial. kriáuti, lit. (entpalatalisiert) kráuti (kráuju)
‚stapeln, aufhäufen‘, lett. kŗaũt (kŗaũju) ‚häu-
fen, laden, packen‘.

Hill 2003: 173–185 analysiert die germ. Wörter abwei-
chend, da er von jeweils unterschiedlichen Bildungen
eines Komp. aus *kreuH- und *dheh₁- ‚setzen, stellen, le-
gen‘ ausgeht. Jedoch ist einerseits die Annahme unter-
schiedlicher Bildungen für das germ. Verb und das Subst.
unnötig, andererseits gibt es für die Annahme eines ho-
hen Alters des Subst. keinen Anlass: Parallelen in ande-
ren idg. Sprachen fehlen. Schließlich nimmt er für das
Vorderglied ein Wz.nomen an, dessen Existenz aber
nicht schlüssig nachweisbar ist. Insgesamt ist die oben
gegebene Deutung einfacher.
Andere in der Literatur zu der Wz. uridg. *kreH- ge-
stellten Wörter bleiben in ihrer Zuordnung letztendlich
alle unsicher, wie etwa die Wortgruppe um air. cró m.
‚Umfriedung, Stall‘ (ablehnend dazu J. Uhlich, Ériu 46
[1995], 37 f.).
B. Kabašinskaitė, G. Klingenschmitt, Baltistica 41
(2006), 177–179 wollen die Wz. *kreH- weiter als
*kreH-u- analysieren und dann mit der Wz. uridg.
*kreh₂- ‚aufhäufen, sammeln‘ (LIV² 367) zusammen-
bringen, was möglich ist, aber letztendlich unbeweis-
bar bleibt.

Walde-Pokorny 1, 477; Pokorny 616 f.; LIV² 371;
Trautmann, Balt.-Slav. Wb. 140; Berneker, Slav. et. Wb.
1, 632 f.; Trubačëv, Ėt. slov. slav. jaz. 13, 71 f.; Derksen,
Et. dict. of Slav. 254; Et. slov. jaz. staroslov. 372 f.;
Bezlaj, Et. slov. slov. jez. 2, 94; Snoj, Slov. et. slov.³ 351;
Matasović, Et. rječ. hrv. jez. 1, 503 f.; Vasmer, Russ. et.
Wb. 1, 673; ders., Ėt. slov. russ. jaz. 2, 390; Schuster-
Šewc, Hist.-et. Wb. d. Sorb. 689 f.; Olesch, Thes. ling.
drav.-polab. 1, 467 f.; Derksen, Et. dict. of Balt. 256;
Fraenkel, Lit. et. Wb. 1, 291; Smoczyński, Słow. et. jęz.
lit.² 627; ALEW 1, 521 f.; Mühlenbach-Endzelin, Lett.-dt.
Wb. 2, 296; Karulis, Latv. et. vārd. 421.

RS

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