salba
Band VII, Spalte 900
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salba f. ō/n-St., seit dem Ende des 8.
Jh.s in Gl. und in T, OT, B, GB, bei O, Npw, in
WH: ‚Salbe, Salböl, Schminke; alabastrum,
aroma, cataplasma, fomentum, malagma,
malbathrum, medicamen, mixtura, nardus,
smegma, stibium, temperamentum, unctio,
unctus, unguen, unguentum‘ 〈Var.: -p-〉. Zum
Nebeneinander von f. ō-St. und n-St. vgl.
Braune-Heidermanns 2018: § 208 Anm. 2. –
Mhd. salbe st./sw.f. ‚Salbe‘, nhd. Salbe f. ‚Prä-
parat zum Auftragen auf die Haut, bei dem die
wirksamen Substanzen mit einer (fettigen)
Masse vermengt sind‘.

Splett, Ahd. Wb. 1, 788; eKöbler, Ahd. Wb. s. v. salba;
Schützeichel⁷ 270; Starck-Wells 504; Schützeichel,
Glossenwortschatz 8, 78 f.; Seebold, ChWdW8 247. 430.
506; ders., ChWdW9 703. 1103; Graff 6, 191; Heffner
1961: 124; Lexer 2, 577; Diefenbach, Gl. lat.-germ. 106
(cataplasma). 241 (fomentum). 344 (malagma). 375
(nardus). 539 (smigma). 576 (temperamentum). 627
(unguentum); Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 54 (aroma). 271
(fomentum). 408 (mixtura). 687 (unguentum); Dt. Wb.
14, 1684 ff.; Kluge²¹ 621; Kluge²⁵ s. v. Salbe; ePfeifer, Et.
Wb. s. v. Salbe. – RGA² 26, 334 f.

In den anderen germ. Sprachen entsprechen:
as. salva f. ‚Salbe‘, mndd. salve f. ‚Salbe, Mit-
tel zur Pflege der Haut, Schönheitsmittel,
Schminke‘; andfrk. salva f. ‚Salbe, Öl‘, früh-
mndl. salve f. ‚Salbe, Öl, Balsam‘, mndl. salve
(f.) ‚Salbe als Heilmittel und als Schönheitsmit-
tel‘, nndl. zalf (f.) ‚Salbe, Öl‘; nwestfries. salve
m./f. ‚Salbe‘, saterfries. soolve f. ‚dss.‘, nnord-
fries. suulew ‚dss.‘; ae. sealf(e) f. ‚Salbe‘, me.
salve (salwe, salf[f][e], salft, selve, frühme.
s[c]ealfe, sealve; pl. salves, etc., salven) ‚Salbe
als Heilmittel, Balsam, Öl‘, ne. (veralt.) salve
‚Salbe‘: < westgerm. *salbō-, sekundär erwei-
tert zu *salbōn-.
Wohl aus dem Mndd. (oder dem Ndl.?), sämtlich
mit der Bed. ‚Salbe‘, stammen adän. salffue,
ndän. salve, nnorw. salve, aschwed. salva,
nschwed. salva; nisl. salfi m. ist aus dem Dän.
entlehnt.

Kroonen, Et. dict. of Pgm. 424 gibt fehlerhaft ein belegtes
got. salba f. ‚Salbe‘ an. Dies kann jedoch lediglich aus
dem Verb got. salbon ‚salben‘ erschlossen werden. In
der got. Bibelübersetzung ist nur das Verbalabstraktum
salbons* f. ‚Salbe; μύρον‘ ← ‚Salbung‘ (nur einmal
gen.sg. salbonais [Joh. 12, 3]) belegt (vgl. dazu Casaretto
2004: 362).

Aus dem Ndd. oder dem Ndl. ist das Wort als
finn. salva ‚Salbe‘, estn. salv ‚dss.‘ übernom-
men, aus dem Ndl. dann auch in ehemals von
den Niederlanden besetzten Gebieten; vgl. etwa
indones. salap, salep, zalf ‚Salbe‘.

Fick 3 (Germ.)⁴ 437; Kroonen, Et. dict. of Pgm. 424;
Tiefenbach, As. Handwb. 321; Sehrt, Wb. z. Hel.² 443;
Berr, Et. Gl. to Hel. 327; Lasch-Borchling, Mndd.
Handwb. 3, 18 (salve¹); Schiller-Lübben, Mndd. Wb. 4,
18; ONW s. v. salva; VMNW s. v. salve²; Verwijs-
Verdam, Mndl. wb. 7, 116 f.; Franck, Et. wb. d. ndl. taal²
810; Vries, Ndls. et. wb. 855; Et. wb. Ndl. S-Z 648 f.;
WNT s. v. zalf; eFryske wb. s. v. salve¹; Dijkstra, Friesch
Wb. 3, 54; Fort, Saterfries. Wb.² 566; Sjölin, Et. Handwb.
d. Festlnordfries. XXXV; Holthausen, Ae. et. Wb. 286;
Bosworth-Toller, AS Dict. 850; Suppl. 700; eMED s. v.
salve n.¹; Klein, Compr. et. dict. of the Engl. lang. 2,
1377; eOED s. v. salve n.¹; Magnússon, Ísl. Orðsb. 793;
Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 2, 936 f. (salve¹). 1538;
Nielsen, Dansk et. ordb. 359 (salve¹); Ordb. o. d. danske
sprog 18, 506 f. (salve¹); Bjorvand, Våre arveord² 922 f.;
Torp, Nynorsk et. ordb. 566; NOB s. v. salve²; Hellquist,
Svensk et. ordb.³ 2, 884 (salva²); Svenska akad. ordb. s. v.
salva². – Törnqvist 1977: 84.

Westgerm. *salbō- < uridg. *solp-éh₂- hat seine
nächste Entsprechung in gr. ὄλπη f. ‚lederne
Ölflasche‘ (< uridg. *sólp-eh₂-; mit abweichen-
dem Akzentsitz [s. aber u.]), das eine metony-
mische Bed.übertragung zeigt.

Das Problem des abweichenden Akzentsitzes wird unter-
schiedlich beurteilt. Einerseits nimmt Kluge²⁵ s. v. Salbe
an, dass westgerm. *salbō- eine Rückbildung aus dem
Verb urgerm. *salƀōe/a- ‚salben‘ (s. salbôn) ist, was
aber letztendlich nicht beweisbar ist (vgl. Casaretto
2004: 362). Andererseits kann aber auch das gr. Wort ei-
nen geneuerten Akzent aufweisen (vgl. Dieu 2016: 62).
Nach S. Neri (mündlich) könnten aber auch zwei unter-
schiedliche Bildungen gegeben sein: *solp-áh₂- ‚Salben-
des‘ aus *solp-ó- ‚salbend‘ neben *sólp-ah₂- ‚Salbung,
Ölung‘ aus *sp-ó- ‚fett, salbend, ölend‘.

Weiter verbreitet ist ein s-St. uridg. *selp-e/os-,
der vorliegt in: gr. ἔλπος n. ? ‚Öl‘ (nur bei He-
sych: ἔλπος · ἔλαιον, στέαρ, εὐθηνία); alb. gjalpë
m. (älter n.) ‚Butter‘; toch. A ṣälyp ‚Öl, Salbe‘,
toch. B ṣalype ‚dss.‘. Zum Verhältnis zwischen
einem n. s-St. und einem f. eh₂-St. vgl. das Ne-
beneinander von gr. τέγος n. ‚Dach‘ : lat. toga f.
‚Dach, Bekleidung‘.

Neben ἔλπος findet sich bei Hesych auch das Wort ἔλφος,
ein kypr. Wort für ‚Butter‘ (ἔλφος · βούτυρον. Κύπριοι).
Aus dem Wechsel -π- und -φ- sowie dem Spiritus lenis
anstelle des Spiritus asper schließt Beekes, Et. dict. of Gr.
1, 415 f., dass es sich um ein Substratwort handelt. Beide
Argumente sind jedoch nicht zwingend. Zum einen liegt
eine psilotische Form vor, zum anderen kann das -φ- ent-
weder durch sekundären Einfluss von synonymem gr.
ἄλειφα aufgekommen sein (so Pokorny 901) oder auf
Hauchumsprung beruhen (Bechtel 1921–24: 1, 402).
Für alb. gjalpë wird teils auch eine Vorform *solpeh₂- an-
gesetzt (vgl. etwa Bjorvand, Våre arveord² 923; offenbar
auch Kroonen 2011: 93 Fn. 191) in der Annahme, dass
das Wort f. ist (wohl in Nachfolge von der Angabe in
Newmark 1998: 276); das trifft aber nicht zu (vgl. dazu
Höfler 2012: 147 Fn. 200 und etwa auch die Bestimmung
in Demiraj, Alb. Et. 182).

Im Ai. finden sich als zugehörige Formen ved.
sarpíṣ- n. ‚zerlassene Butter, Schmalz‘ und ved.
sprá- adj. ‚fettig‘. Diese werden in der Regel
(vgl. etwa Stüber 2002: 181) als Reflexe des
Calandsystems gedeutet (vgl. dazu ausführlich
Rau 2009: 67–186); ved. sarpíṣ- wäre dabei
eine Kreuzung zwischen den zu diesem System
gehörigen i-St. und dem s-St. Der i-St. könnte
auch (umgestaltet) in gr. ὄλπις, -ιος/-ιδος f. ‚le-
derne Ölflasche‘ (Meier 1975: 14) vorliegen.
Ahd. salb n. ‚Salbe‘ (s. d.) ist wegen der Struk-
tur und des Genus eine jüngere Form (entweder
eine Rückbildung zum Verb *salƀōe/a- oder
ein Sg. zu einem als Koll. aufgefassten urgerm.
*salƀō f. ‚Salbe‘) (anders NIL 612: *solp-ó-).

Dagegen gehört das teilweise aus uridg. *sēlp-(i)eh₂-
hergeleitete Wort toch. A ṣālypi nicht hierher, da dessen
Bed. wohl nicht ‚Verehrung‘, sondern mit G.-J. Pinault,
FS Hamilton 2001: 246–265 (passim) ‚Begehren‘ ist. So-
mit kann das Wort ein Komp. aus dem Präf. *ṣā- und einer
Ableitung zu uridg. *lep- ‚kleben‘ sein.

Als Alternative zu dieser Interpretation hat
Nussbaum 1986: 145 (gefolgt von Rieken 1999:
180) einen urspr. h₂-St. vorgeschlagen, der se-
kundär zu einem s-St. umgedeutet wurde. Aus
einem Paradigma *selp-h₂-s : *selp-h₂-es- hätte
sich einerseits lautgesetzlich ved. sarpíṣ-, ande-
rerseits der s-St. ergeben. Gr. ὄλπη und west-
germ. *salbō- würden dann noch einen Rest
dieses h₂-St. zeigen.
Einen daneben stehenden r-St. uridg. *selp-r-
vermutet Mayrhofer, EWAia 2, 711 wegen ved.
sasarpar- f., dessen Bed. aber unklar ist (‚eine
Sangesweise, als Milchkuh gedacht‘ oder
‚Kriegstrompete‘ ?); von diesem r-St. könnte
dann auch das Adj. uridg. *sp-r-ó- > ved.
sprá- abgeleitet sein.
In diesem Fall würde die Wz. uridg. *selp- ‚Öl,
Fett‘ bzw. ‚ölig, fettig‘ nicht am Calandsystem
teilhaben.

Walde-Pokorny 2, 508; Pokorny 901; NIL 612 f.;
Mayrhofer, KEWA 3, 446; ders., EWAia 2, 710 f.; Frisk,
Gr. et. Wb. 1, 503; 2, 382; Chantraine, Dict. ét. gr.² 327.
767; Beekes, Et. dict. of Gr. 1, 415 f.; 2, 1073; Demiraj,
Alb. Et. 182; Orel, Alb. et. dict. 129; Windekens, Lex. ét.
tokh. 118; Adams, Dict. of Toch. B² 2, 714 f. – Mallory
1997: 194; Stüber 2002: 180 f.; KS Klingenschmitt 2005:
137 Fn. 7; Höfler 2012: 133; M. Malzahn-H. A. Fellner,
TIES 16 (2015), 71 Fn. 35; Dieu 2016: 61 f. 519.

S. salb, salbôn.

RS

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