saro n. wa-St., in H: ‚Rüstung‘. Der ein-
zige appellativische Beleg des Wortes H 4
〈saro〉 ist wohl Akk.Pl. (vgl. Lühr 1982: 405).
Das Wort ist auch Bestandteil von PN (vgl.
Förstemann [1900–16] 1966–68: 1, 1299–1301).
Im Mhd. findet sich sarwe st.f./n. ‚Kriegsge-
wand, -rüstung‘. Das neutr. Genus, und damit
das Wort selbst, ist keine Fortsetzung von ahd.
saro, sondern ist durch Umdeutung des Fem. in
Verbindung mit dem unflekt. Art. ein sekundär
entstanden (vgl. Lühr 1982: 404 Anm. 5). Früh-
nhd. erscheint das Wort nur noch verbaut in
sarwat f. ‚Kriegsgewand, Rüstung‘, sarwerte
m. ‚Rüstungsmacher‘ (s. auch saroroc).
Splett, Ahd. Wb. 1, 793; eKöbler, Ahd. Wb. s. v. saro¹;
Schützeichel⁷ 273; Seebold, ChWdW9 708; Graff 6,
267; Heffner 1961: 125; Lexer 2, 610; Götze [1920]
1971: 183; Dt. Wb. 14, 1803. – Braune-Heidermanns
2018: § 205.
In den anderen germ. Sprachen entsprechen: as.
(PN) Saru (Schlaug 1962: 149), Sare- (in Sare-
word; vgl. Schlaug 1955: 147), mndd. nur als
KVG in den Komp. sar(e)werchte m. ‚Verferti-
ger von Rüstungen, Panzern oder Teilen davon‘
und sar(r)ok (sarroch) (ohne Genusangabe)
‚Kriegsmantel‘ (s. aber u.); mndl. nur als KVG
im Komp. sarroch (ohne Genusangabe), eine
Bez. für einen groben Stoff (halb aus Leinen
und halb aus Wolle) (s. aber u.); ae. searu,
searo n., auch f. ‚Kunst, Kunstfertigkeit, Ge-
schicklichkeit, List, Hinterhalt, Verrat, Kunst-
werk, Kriegsmaschine, Rüstung, Geschirr‘,
auch als PN Searu (Searle 1897: 412); aisl. in
PN Sǫrli; got. sarwa* pl.n. ‚Waffen, Rüstung;
ὅπλα, πανοπλία‘, PN Sarus (zum Vorkommen
des Wortes in westgot. PN vgl. Piel-Kremer
1976: 237); burgund. PN Sara; langob. PN
(u. a.) Sario, Sarualdus: < urgerm. *saru̯a- ne-
ben *saru̯ō-.
Für das As. ist das Wort wohl aus dem ae. Beleg GenB
632 〈searo〉 erschließbar, da dieses Werk eine Überset-
zung aus dem As. ist. Der Beleg Gl. 3,722,32 〈sarroch〉
ist vielleicht dem Ahd. zuzuordnen: Die Hs. (2. Hälfte
des 12. Jh.s) enthält auch ahd. Elemente (vgl. Bergmann-
Stricker, Katalog Nr. 49).
Verwijs-Verdam, Mndl. wb. 4, 170 stellen mndl. sarroch
(und damit vermutlich auch dessen Entsprechungen im
Ahd. oder As. und im Mndd.) zu mndl. saerdoec (m.),
das die Bez. für einen groben Stoff (halb aus Leinen und
halb aus Wolle) ist, und sehen darin ein unbekanntes
Fremdwort (ebd. 7, 43).
Da das Wort auch in PN Verwendung findet, stellt man
häufig auch den dann wohl fem. PN nom.sg. (oder
dat.sg.) run. saralo (Stein von Årstad, 160–375/400) als
Ableitung mit dem Suff. *-a/i/ula/ō- (s. -il, -ila, -ilo)
dazu. Jedoch wird die Folge 〈saralu〉 teils auch als zwei
Wörter run. sar alu ‚hier (besser: alsbald, sogleich) alu
[= Formelwort]‘ aufgefasst (s. sâr); vgl. zu den Deutun-
gen etwa Krause 1966: 130–132; Antonsen 1975: 34 f.;
Düwel 2008: 13; Imer 2015: 346 und die Angaben unter
http://www.runenprojekt.uni-kiel.de/abfragen/deutung2.
asp?findno=47&ort=%C5rstad&objekt=Stein&AFB=%C5
[gesehen am 12.12.2018]). Dieser PN könnte, ebenso wie
Teile der anderen aufgeführten PN, etwa got. Sarus, auch
zu der unerweiterten Basis *sar- gehören (so der Ansatz
in Reichert 1987–90: 2, 606 f.).
Im Nordgerm. finden sich die abgeleiteten Bil-
dungen aisl. sørvar m.pl. ‚Krieger‘ < urgerm.
*saru̯ii̯an-, dazu oder aus urgerm. *saru̯an-
aisl. Sǫrvi, der N eines Seekönigs, sowie aisl.
serlar m.pl. ‚Männer‘ (← ‚Krieger in Waffen-
rüstung‘) aus urgerm. *saru̯ila-.
Ein denominales Verb *saru̯ii̯e/a- ‚rüsten‘ liegt
in ae. sirw(i)an, sirwean sw.v. ‚planen, ersin-
nen, auflauern, sich verschwören, (aus-)rüsten,
waffnen‘ vor; dazu gehört auch ein Adj. (eigtl.
Part.Prät.) afries. sered, sared ‚gerüstet, ge-
wappnet‘.
In der Literatur findet sich häufig die Angabe eines
Verbs „afries. sera“ (vgl. etwa Holthausen, Ae. et. Wb.
292) als Entsprechung zu ae. sirw(i)an. Ein solches Verb
ist aber so nicht vorhanden, nur das aus dem Part.Prät.
hervorgegangene Adj. (s. o.). Das belegte afries. Verb
sēra bedeutet ‚verwunden, verletzen‘ (vgl. u. a. Hofmann-
Popkema, Afries. Wb. 421) und gehört zur Gruppe um
ahd. sêr (s. d.).
Abhängig davon, welchem der beiden u. ange-
führten etym. Vorschläge man folgt, kann auch
aisl. sørvi n. ‚Halsband‘, nisl. sörvi m. ‚dss.‘
(< urgerm. *saru̯ii̯a-) noch dazugehören.
Fick 3 (Germ.)⁴ 434 f.; Kroonen, Et. dict. of Pgm. 427;
Tiefenbach, As. Handwb. 323; Lasch-Borchling, Mndd.
Handwb. 3, 29 f.; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. 4, 27;
Verwijs-Verdam, Mndl. wb. 7, 170; Hofmann-Popkema,
Afries. Wb. 421; Richthofen, Afries. Wb. 1007; Holthausen,
Ae. et. Wb. 287. 292; Bosworth-Toller, AS Dict. 852. 877;
Suppl. 700. 704; Vries, Anord. et. Wb.² 471. 577. 578;
Jóhannesson, Isl. et. Wb. 787; Fritzner, Ordb. o. d. g.
norske sprog 3, 655; ONP s. vv. sørvi¹, sørvi²; Jónsson,
Lex. poet. 490. 562; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord.
240. 297. 298; Magnússon, Ísl. Orðsb. 1019 f.; Feist, Vgl.
Wb. d. got. Spr. 411; Lehmann, Gothic Et. Dict. S-26;
Bruckner, Spr. d. Langob. 54. 132. 302. – Grienberger
1900: 180 f.; Reichert 1987–90: 1, 586 f.; 2, 606 f.;
Casaretto 2004: 162; Francovich Onesti 2007: 83. 120;
A. Greule, FS Haubrichs 2008: 269.
Für urgerm. *saru̯a-, das keine Entsprechungen
in den anderen idg. Sprachen hat, gibt es zwei
Verknüpfungen:
1. Weiter verbreitet ist der Anschluss an die
Verbalwz. uridg. *ser- ‚aneinander reihen, ver-
knüpfen‘, die u. a. in lat. serō ‚reihe an, knüpfe
an‘ und gr. εἴρω ‚reihe an, knüpfe an‘ vorliegt
(zu Weiterem vgl. LIV² 534 f.). Dabei wäre die
Herstellungstechnik einer Rüstung das Benen-
nungsmotiv. Nur bei dieser Etym. ist eine Ver-
bindung zwischen der Gruppe um ahd. saro und
der um aisl. sørvi n. ‚Halsband‘ möglich.
2. Semantisch und lautlich ebenso denkbar ist
auch die Anbindung an die Wz. uridg. *ser-
‚aufpassen auf, beschützen‘, die u. a. in av. (nī)
haraitē ‚bewahrt sich‘ und gr. (Homer) ὄρονται
‚haben Acht auf‘ fortgesetzt ist (zu Weiterem
vgl. LIV² 534).
Bei Zugehörigkeit der Gruppe um ahd. saro zu
*ser- ‚aufpassen auf, beschützen‘ müssten bei ae. searu,
searo wegen den Bed. vermutlich zwei unterschiedliche
Wörter zugrunde liegen, nämlich von searu, searo ‚Rüs-
tung, Geschirr‘ und von searu, searo ‚Kunst, Kunstfer-
tigkeit, Geschicklichkeit, Kunstwerk‘; welchem der
beiden Wörter dann die Bed. ‚List, Hinterhalt, Verrat,
Kriegsmaschine‘ zukommt, müsste dabei noch geklärt
werden.
Walde-Pokorny 2, 498 f. 499 f.; Pokorny 910. 911; LIV²
534 f.; Rastorgueva-Ėdel’man, Et. dict. Iran. lang. 3,
369 ff.; Bartholomae, Airan. Wb.² 1787; Cheung, Et.
dict. of Iran. verb 129 f.; Frisk, Gr. et. Wb. 1, 469
(εἴρω¹); 2, 409 f. (mit abweichender Etym.: zu uridg.
*u̯er- ‚beobachten, wahrnehmen‘); Chantraine, Dict. ét.
gr.² 310 (εἴρω¹). 784 ff. 1293; Beekes, Et. dict. of Gr. 1,
392 f.; 2, 1095 f. (mit abweichender Etym.: zu uridg.
*u̯er- ‚beobachten, wahrnehmen‘); Walde-Hofmann,
Lat. et. Wb. 2, 522 f.; Ernout-Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 618 f.;
de Vaan, Et. dict. of Lat. 557 f.
RS