segina
Band VII, Spalte 1021
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segina f. ō(n)-St., in Gl. seit dem 11.
Jh. sowie in MF, T und SH: ‚(Zug-)Netz; rete
piscatorium, sagena‘ 〈Var.: -gen-〉. – Mhd. se-
gene, segen, sege st./sw.f. ‚großes Zugnetz‘,
frühnhd. sege f. ‚Zugnetz‘, nhd. dial. schweiz.
segi, segin f. ,großes Zugnetz‘, bad. segi, säje,
sai f. ‚großes Zugnetz, beschmutzte Kleidung,
Regenschauer‘, schwäb. sege f. ‚großes Zug-
netz‘, vorarlb. sege f. ‚das größte Zugnetz der
Bodenseefischerei‘, bair. segen f. ‚großes Zug-
netz‘, tirol. segen f. ‚großes Zugnetz‘, steir.
sege f. ‚großes Fischernetz‘, rhein. sägen,
zγə(n) ‚langes Zug- oder Schleppnetz‘, pfälz.
säge f. ,großes Stellnetz, Teil des Wurfgarns‘,
westf. segen n. ‚Schleppnetz‘, lüneb. sai f. ‚ein
Zugnetz‘.

Neben segina findet sich einmal ein Wort hegina in Gl.
2,415,5 (Hs. des 10. Jh.s, Zeit der Gl.einträge unbekannt,
obd.). hegina ist in Geheimschrift geschrieben und glos-
siert lat. calamus, das hier wohl ‚Angel‘ bedeutet. Im
näheren lat. Kontext von hegina steht zwar auch texta
greges sinuosa trahunt ‚bauchige Gewebe ziehen
(Fisch-)Schwärme‘, was zu segina ‚Zugnetz‘ passt, doch
ist die Gl. hegina nicht über lat. texta geschrieben, und
zudem müsste h- statt s- fehlerhaft sein. Deshalb ist die
von Steinmeyer-Sievers zögernd vorgeschlagene An-
knüpfung von hegina an segina unwahrscheinlich. Viel-
mehr ist hegina mit E. Karg-Gasterstädt & Th. Frings,
PBB 60 (1936), 187, ein Beleg für das Wort, das in nhd.
fachspr. Hegene f. ‚eine Angel von deren Schnur mehrere
weitere Schnüre in verschiedener Höhe und von ver-
schiedener Länge abgehen, so dass mit mehreren Ködern
und in unterschiedlichen Tiefen geangelt werden kann‘
fortlebt und auch dialektal noch begegnet; vgl. schweiz.
hegenen f. ‚eine Vorrichtung zum Fischen bestehend aus
einer mit Bleiklötzen beschwerten Schnur an der mehrere
weitere Angeln befestigt sind und wie Äste abstehen‘
(Schweiz. Id. 2, 1083 f.), schwäb. hegene f. ‚eine Vor-
richtung zum Fischen, Zockangel mit 8 bis 10 Angeln‘
(Fischer, Schwäb. Wb. 3, 1331; 6, 2 Nachtr. 2131), vor-
arlb. (obs.) hegene f. ‚eine Vorrichtung zum Fischen‘
(Jutz, Vorarlberg. Wb. 1352). Vgl. auch die verwandten
Wörter schweiz. hegenen ‚mit der hegene fischen‘, hegener
‚jmd., der mit der hegene fischt‘ (Schweiz. Id. a. a. O.),
vorarlb. hege f. ‚Stellnetz für den Fischfang‘ (Jutz, Vor-
arlberg. Wb. a. a. O.). Etymologisch gehört hegina zu
hag (s. d.).

Ahd. segina ist aus lat. sagēna f. ‚Zugnetz,
Schleppnetz‘ entlehnt. Im Vulg.lat. war -ē- von
sagēna in der Aussprache einem -i- ähnlich.
Deshalb wurde es als -i- übernommen und be-
wirkte Umlaut; vgl. ahd. ketin(n)a (s. d.) < lat.
catēna.
Die Nebenform sagana in Gl. 1,720,35 (12. Jh.,
bair.) beruht auf Angleichung an das lat. Wort
(Müller-Frings 1966–68: 2, 448).

Splett, Ahd. Wb. 1, 798; eKöbler, Ahd. Wb. s. v. segina;
Schützeichel⁷ 274; Starck-Wells 511; Schützeichel,
Glossenwortschatz 8, 128 f.; Seebold, ChWdW9 711;
Graff 6, 147; Lexer 2, 848; 3, Nachtr. 363; Götze [1920]
1971: 199; Diefenbach, Gl. lat.-germ. 507 (sagena);
Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 584 (sagena); Dt. Wb. 14,
1648 f. – Schweiz. Id. 7, 477 ff.; Ochs, Bad. Wb. 5,
21 f.; Fischer, Schwäb. Wb. 5, 1310; Jutz, Vorarlberg.
Wb. 2, 1124; Schmeller, Bayer. Wb.² 2, 240; Schöpf,
Tirol. Id. 665; Schatz, Wb. d. tirol. Mdaa. 2, 568; Unger-
Khull, Steir. Wortschatz 590; Müller, Rhein. Wb. 7, 702;
Christmann, Pfälz. Wb. 5, 705; Woeste, Wb. d. westf.
Mda. 234; Kück, Lüneb. Wb. 3, 8 f. – Müller-Frings
1966–68: 2, 447 f.

Das Lehnwort ist auch in andere westgerm.
Sprachen eingedrungen; vgl. as. segina f., segin
m. (?), n. (?) ‚Schleppnetz‘, mndd. segene,
seine, zeyne f. ‚großes Schleppnetz zum Abfi-
schen des Fischwassers in voller Breite‘; früh-
mndl. seghene, seegene f. ‚Schleppnetz‘, mndl.
seghene, seine f. ‚dss.‘, nndl. zegen f. ‚Fisch-
netz‘; afries. seine, sein f. ‚großes Schlepp-
netz‘, nwestfries. seine ‚Fischnetz‘; ae. segne
f. ‚Schleppnetz‘, me. seyne, sayn ,Schleppnetz‘,
ne. seine ‚Zugnetz‘.

Tiefenbach, As. Handwb. 325; Sehrt, Wb. z. Hel.² 451;
Berr, Et. Gl. to Hel. 332; Wadstein, Kl. as. Spr.denkm.
217; Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. 3, 188; Schiller-
Lübben, Mndd. Wb. 4, 168 f.; ONW s. v. sagina; VMNW
s. v. seghene; Verwijs-Verdam, Mndl. wb. 7, 900 f.;
Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 815; Vries, Ndls. et. wb. 858;
WNT s. v. zegen²; Hofmann-Popkema, Afries. Wb. 416;
Richthofen, Afries. Wb. 1002; Dijkstra, Friesch Wb. 3,
62; Holthausen, Ae. et. Wb. 288; Bosworth-Toller, AS
Dict. 856; eMED s. v. sein(e); Klein, Compr. et. dict. of
the Engl. lang. 2, 1412; eOED s. v. seine n.¹.

Das lat. Wort sagēna ist in klass. Quellen kaum
bezeugt; es lebt jedoch in rom. Sprachen fort,
so in frz. seine f. ‚Schleppnetz‘ und italien. dial.
saina f. ‚dss.‘ (Bergamo).
Lat. sagēna selbst ist aus gr. σαγήνη f. ‚großes
Fischernetz, Schleppnetz‘ entlehnt. Die Her-
kunft des gr. Wortes ist noch unklar.

Walde-Pokorny 1, 746 f.; Pokorny 1098; Frisk, Gr. et.
Wb. 2, 670; Chantraine, Dict. ét. gr.² 949; Beekes, Et.
dict. of Gr. 2, 1300; Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. 2, 463;
Ernout-Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 588; Niermeyer, Med. Lat.
lex.² 2, 929; Du Cange² 7, 265; Körting, Lat.-rom. Wb.³ Nr.
8266; Meyer-Lübke, Rom. et. Wb.³ Nr. 7505; Wartburg,
Frz. et. Wb. 11, 54.

DSW

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