seh
Band VII, Spalte 1024
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seh n. a-St., seit dem 1. Viertel des 9.
Jh.s in Gl. und KG: ‚Pflugmesser, Hacke, Mes-
ser; cultrum, ligo, sica, socus, vomer‘ 〈Var.: z-;
-ê-; sehec; -chc, -ch, -c, -hc, -g〉. – Mhd. sëch,
sëche st.n., seche st.f. ‚Pflugschar, Karst (?)‘,
frühnhd. sech n. ‚Eisen vor der Pflugschar‘,
nhd. Sech n. ‚messerartiger, vor der Pflugschar
angebrachter Bestandteil des Pfluges, der den
Boden aufreißt‘.

Splett, Ahd. Wb. 1, 798; eKöbler, Ahd. Wb. s. v. seh;
Schützeichel⁷ 274; Starck-Wells 511; Schützeichel,
Glossenwortschatz 8, 129 ff.; Seebold, ChWdW9 711.
1109; Graff 6, 89; Lexer 2, 841; Götze [1920] 1971: 198;
Diefenbach, Gl. lat.-germ. 173 (dentale). 189 (domale).
329 (ligo, ligus, lio). 540 (socus). 629 (vomer); Götz, Lat.-
ahd.-nhd. Wb. 376 (ligo); Dt. Wb. 15, 2772 ff.; Kluge²¹
696; Kluge²⁵ s. v. Sech; ePfeifer, Et. Wb. s. v. Sech.

In den anderen germ. Sprachen entsprechen:
mndd. sek n. ‚Pflugschar‘, plōchseke ‚Pflug-
sech, -schar‘.

Fick 3 (Germ.)⁴ 423; Lasch-Borchling, Mndd. Handwb.
3, 174. 189; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. 3, 352; 4, 162.

Das auf den deutschen Sprachraum beschränkte
Wort ist aus lat. *secum entlehnt, das selbst
Rückbildung zum lat. Verb secāre ‚schneiden,
abschneiden, mähen‘ ist. Eine ähnliche Rück-
bildung *seca liegt rom. Fortsetzern zugrunde;
vgl. port. sega f. ‚Pflugmesser‘, gaskogn. sego
f. ‚dss.‘, italien. sega f. ‚Säge, Mahd‘, frz. scie
f. ‚Säge‘. Sowohl im Germ. als auch im Rom.
stehen Fortsetzer von *seca, -um neben solchen
von culter m. o ‚Messer, Schere, Pflugmesser,
Pflugschar‘, so in frz. coutre m. ‚Pflugmes-
ser, -schar‘, italien. coltro m. ‚dss.‘ und in den
Lehnwörtern ndl. kouter, ae. culter, ne. coulter
‚Pflugmesser‘. Auch in dt. Dialekten ist Kulter,
Kolter m. als Bezeichnung für ‚Pflugmesser‘
greifbar, im Ahd. ist hingegen nur seh bezeugt
(Müller-Frings 1966–68: 2, 207–209).
Kratz 1966 hat nach ausführlicher Diskussion
der sprachlichen und sachlichen Belege lat.
*secum, -a nicht als Rückbildung zu secāre,
sondern vielmehr als Lehnwort im Lat. be-
stimmt. Dafür spricht nach seiner Auffassung
zunächst die eingeschränkte Verbreitung der
Semantik ‚Pflugmesser‘ für dieses Wort in der
Romania, die auf nordwestliche Teile der Iberi-
schen Halbinsel und die Gaskogne beschränkt
ist; weiterhin sei auch die archäologische Evi-
denz auf donauländische römische Provinzen
konzentriert. Als Gebersprache für das mut-
maßliche Lehnwort *secum, -a im Lat. kämen
somit etwa Pannonisch oder Kelt. in Betracht.
Hingegen macht Wartburg, Frz. et. Wb. 11, 371
auf die Möglichkeit einer Parallelentwicklung
von *seca, *-um als Nominalbildungen zu
secāre in verschiedenen Teilen des römischen
Reiches, wie der Iberischen Halbinsel und Ger-
manien, aufmerksam.
Unabhängig von einer Entscheidung über die
Herkunft der rom. Bildungen ist seh jedenfalls
etymologisch als Lehnwort zu beurteilen, das
letztlich aus einer Fortsetzung der uridg. Wur-
zel *sekH- ‚abtrennen, schneiden‘ übernommen
wurde. Ererbte germ. Fortsetzer der Wz. wer-
den in den Subst. ahd. sahar, sahs, sega, segal
und segansa gesucht (s. s. vv.).

Du Cange² 7, 384; Meyer-Lübke, Rom. et. Wb.³ Nr.
7762a; Wartburg, Frz. et. Wb. 11, 363 ff. 369. – Kratz
1966: 55–63.

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