seifa
Band VII, Spalte 1044
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seifa f. ōn-St., in BR II und in Gl. seit
dem 11. Jh.: ‚Seife, Harz; nitrum, resina, sapo,
sapona, smigma‘ 〈Var.: -ai-; -ff-; falsch kopiert
sciff-〉. – Mhd. seife sw.f. ‚Seife‘, nhd. Seife f.
‚Waschmittel, v. a. für die Haut, ein Material
zur Reinigung, das meist fest oder zähflüssig
produziert wird und in Verbindung mit Wasser
schmierige oder schaumige Konsistenz an-
nimmt, so dass beim Abwaschen der Seife
gleichzeitig Schmutz entfernt wird‘.
In dt. Dial. existieren Formen mit Affrikate, wie
schweiz. seipfe, bad. saibfə, die älteres -pf- fort-
setzen, s. seipfa.

Splett, Ahd. Wb. 1, 802; eKöbler, Ahd. Wb. s. v. seifa;
Schützeichel⁷ 275; Starck-Wells 512 f.; Schützeichel,
Glossenwortschatz 8, 137 ff. 142; Seebold, ChWdW8
251. 436. 510; Graff 6, 172; Heffner 1961: 129; Lexer 2,
854; Diefenbach, Gl. lat.-germ. 360 (migma für smigma).
379 (netrum). 381 (nitrum). 494 (resina). 511 (sapo, -ona).
539 (smigma); Dt. Wb. 16, 188 ff.; Kluge²¹ 699; Kluge²⁵
s. v. Seife; ePfeifer, Et. Wb. s. v. Seife. – Schweiz. Id. 7,
1255; Ochs, Bad. Wb. 5, 35.

In den anderen germ. Sprachen entsprechen:
mndd. sēpe f. ‚Seife‘; frühmndl. sepe f. ‚Seife‘,
mndl. sêpe m./f. ‚Seife, Harz‘, nndl. zeep
‚Seife‘; afries. sēpe f. ‚Seife‘, nwestfries. sépe,
sjippe f. ‚dss.‘, saterfries. seepe f. ‚dss.‘; ae.
sāpe f. ‚Seife, Harz‘, me. sape, sōpe ‚dss.‘, ne.
soap ‚dss.‘: < urgerm. *sapōn-.
Die nordgerm. Wörter aisl. sápa f. ‚Seife‘, nisl.
sápa, fär. sápa ‚dss.‘ und nnorw. såpa m./f.,
nschwed. såpa f. haben -ā- statt der lautgesetz-
lichen Entsprechung -ei- zu den westgerm.
Formen. Sie sind deshalb wahrscheinlich aus
dem Ae. entlehnt; ndän. sæbe f. ‚dss.‘ stammt
aus dem Mndd. Ein germ. Lehnwort ist finn.
saippua, saipo, saippio, saipjo ‚Seife‘.

Fick 3 (Germ.)⁴ 440; Kroonen, Et. dict. of Pgm. 422;
Tiefenbach, As. Handwb. 330; Wadstein, Kl. as. Spr.
denkm. 217; Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. 3, 207;
Schiller-Lübben, Mndd. Wb. 4, 191; VMNW s. v. sepe;
Verwijs-Verdam, Mndl. wb. 7, 978; Franck, Et. wb. d.
ndl. taal² 813; Vries, Ndls. et. wb. 857 f.; WNT s. v. zeep¹;
Hofmann-Popkema, Afries. Wb. 421; eFryske wb. s. v.
sjippe; Dijkstra, Friesch Wb. 3, 65; Kramer, Seelter Wb.
193; Holthausen, Ae. et. Wb. 270; Bosworth-Toller, AS
Dict. 816; Suppl. 694; eMED s. v. sōpe; Klein, Compr.
et. dict. of the Engl. lang. 2, 1466; eOED s. v. soap n.¹;
Kylstra, Lehnwörter 3, 214 f. – Vries, Anord. et. Wb
462 f.; Jóhannesson, Isl. et. Wb. 1147 f.; ONP s. v. sápa;
Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 238; Magnússon,
Ísl. Orðsb. 797; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 2,
1229 f.; Nielsen, Dansk et. ordb. 441; Ordb. o. d. danske
sprog 23, 46; Suppl. s. v. sæbe¹; Bjorvand, Våre arveord
916; Bjorvand, Våre arveord² 949; Torp, Nynorsk et.
ordb. 570; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 2, 1143; Svenska
akad. ordb. s. v. såpa¹. – T. Hofstra, ABäG 67 (2011),
131–141.

Die entlehnte finn. Form saippua spricht für
Rückführung der westgerm. Wörter auf urgerm.
*sapōn-; dagegen kann die finn. Variante
saippio ein einheimisches Suff. haben und ver-
langt keine germ. Vorform *sapōn- (Kroonen,
Et. dict. of Pgm. 422).
Mit urgerm. *sapōn- ist innergerm. ae. sāp
f. (?) ‚Bernstein, Harz, Pomade‘ < urgerm.
*sa- oder *sapa- (< vorurgerm. *sob-o-)
verwandt. Die Wörter gehören zu dem st.v. I
urgerm. *sepe/a- ‚tropfen‘, das in mhd. sîfen
(seif, siffen) ‚tröpfeln, triefen, sickern, nie-
seln‘, mndl. sīpen ‚tropfen, rinnen‘, nndl. sijpen
‚tröpfeln, sickern‘ und im afries. Part.Prät.Pass.
bi-sepen ‚ausgelaufen (?), eingesunken (?)
(von den Augen)‘ fortlebt. Das Benennungs-
motiv für ‚Seife‘ und ‚Harz‘ war also die Zäh-
flüssigkeit.
Genaue Entsprechungen zu dem Subst. fehlen
in anderen idg. Sprachen. Das st. V. I *sepe/a-
kann jedoch, wie gr. εἴβω ‚träufle, vergieße
tropfenweise‘, med. ‚rinne herab‘ und toch. A
sip- ‚salben‘, ein uridg. thematisches Präsens zu
*seb- ‚fließen lassen‘ fortsetzen.

Lat. sāpō m. ‚Seife‘ wird meist als germ. Lehnwort an-
gesehen, obwohl dabei sachliche und lautliche Probleme
bestehen. Das Wort ist zuerst bei Plinius, nat. hist. 28,
191, bezeugt. Er beschreibt es als Mittel zum Rotfärben
der Haare, hergestellt aus Talg und Asche; es sei eine gal-
lische Erfindung, doch werde es bei den Germanen viel
benutzt (sapo, Galliarum hoc inventum rutilandis capil-
lis. fit ex sebo et cinere, optimus fagino et caprino,
duobus modis, spissus ac liquidus, uterque apud Germa-
nos maiore in usu viris quam feminis.). Lat. -ā- in sāpō
entspricht nicht urgerm. *-a-. Deshalb hat Kretschmer
1896: 24 mit Fn.2 angenommen, der Lautwandel *-a-
> -ā-, wie in ae. sāpe, sei bereits im 1. Jh. n. Chr. voll-
zogen gewesen und eine solche germ. Dialektform
durch gall. Vermittlung in das Lat. gelangt. Doch diese
Vermutung ist nicht hinreichend begründet. Sollte lat.
sāpō aus einem echt gall. Wort entlehnt sein, so könnte
etwa gall. *sāpūn- < vorkelt. *sōkōn- zugrunde liegen.
Etymologisch würde diese Form zu uridg. *sok-ó- m.
‚Pflanzensaft, Harz‘ gehören; vgl. gr. ὀπός m. ‚Saft ei-
ner Pflanze, bes. des Feigenbaums‘, lit. sakaĩ m.pl.
‚Harz‘ (Frisk, Gr. et. Wb. 2, 405; ALEW 2, 884). Zu der
Wz. *seb- und urgerm. *sapōn- bestünde dann aber
keine Verbindung.
Schwierig bleibt auch die öfter vermutete Anknüpfung
von lat. sēbum n. ‚Talg‘ an die germ. Wortsippe (Kluge²⁵
s. v. Seife; Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. 2, 504), da lat. -ē-
nicht die lautgesetzlich erwartete Entsprechung von
uridg. *-e- ist, man müsste vielmehr *sībum erwarten.

Walde-Pokorny 2, 467 f.; Pokorny 894. – Seebold, Germ.
st. Verben 391; LIV² 521; Frisk, Gr. et. Wb. 1, 450 f.;
Chantraine, Dict. ét. gr.² 302; Beekes, Et. dict. of Gr. 1,
379; Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. 2, 478. 504; Ernout-
Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 594; Malzahn, Toch. Vb. Sys. 947.

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