semfti
Band VII, Spalte 1098
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semfti adj. ja-St., bei NBo, NCat, Nps,
Npg, Npw, BaGB/WeGB, HHö und in wenigen
Gl. ab mindestens dem 13. Jh.: ‚leicht (ver-
ständlich), sanft, mild; facilis, manifestus, non
difficilis, placidus, promptus‘ 〈Var.: sh-; -n-,
-nph-; -e〉. – Mhd. semfte, senfte, sanfte, senft
adj. ‚leicht, bequem, weich, zart, sanft(mütig),
zahm, milde, angenehm, willfährig, freund-
lich‘, frühnhd. senfte, senffte ‚sanft, mild‘, nhd.
sanft adj. ‚friedfertig, von geringer Intensität,
nicht steil oder schroff‘.
Früher als das Adj. ist das Adv. ahd. samfto be-
zeugt (s. d.). Schon in ahd. Zeit ist von dem
Adv. ein a-stämmiges Adj. samft rückgebildet
(s. d.). In der nhd. Form sanft ist der Vokal des
Adverbs durchgeführt (wie auch in ne. soft;
s. u.). Der Nasal -m- wird durch Angleichung
an folgendes -f- zu -n- (Braune-Heidermanns
2018: § 123 Anm. 1 a und b). Im Ndd. ent-
spricht sachte, das in das Hdt. entlehnt wurde
(Kluge²⁵ s. v. sacht).

Splett, Ahd. Wb. 1, 792; eKöbler, Ahd. Wb. s. v. semfti;
Schützeichel⁷ 276; Starck-Wells 507 (s. v. samfti);
Schützeichel, Glossenwortschatz 8, 157 f.; Graff 6, 224;
Heffner 1961: 130; Lexer 2, 880; Götze [1920] 1971: 200
(s. v. senft); Diefenbach, Gl. lat.-germ. 364 (mitis); Götz,
Lat.-ahd.-nhd. Wb. 196 (s. v. difficilis). 253 (facilis). 392
(manifestus). 408 (mitis). 529 (promptus); Dt. Wb. 14,
1775 ff.; Kluge²¹ 624; Kluge²⁵ s. v. sanft; ePfeifer, Et. Wb.
s. v. sanft.

In den anderen germ. Sprachen entsprechen die
Adj.: mndd. sāfte, sachte ‚leicht, weich, glatt,
gedämpft, gelinde, ruhig, friedlich, sanft, be-
quem, weichlich, angenehm‘; andfrk. sanfte,
sahti, senifte (nom.pl.) ‚geruhsam, sanftmütig‘,
frühmndl. sachte ‚sanft, mild, leicht, geruhsam,
zahm‘, mndl. sachte, saechte, sochte ‚sanft,
leicht, weich, geruhsam, angenehm‘, nndl.
zacht ‚sanft, weich, ruhig, friedfertig‘; afries.
seft ‚mild‘, nwestfries. sēft, seaft ‚weich, mild,
angenehm, ruhig, freundlich‘, nnordfries. seeft,
sääft ‚sanft‘; ae. sēfte ‚sanft, mild, ruhig, ange-
nehm, weichlich‘: < westgerm. *samftia-.
Das Wort ist nur westgerm. bezeugt. Nordgerm.
Formen, wie schwed. sakta ‚sanft‘, sind aus
dem Mndd. oder Mndl. entlehnt (Hellquist,
Svensk et. ordb.³ 2, 880).
Zu dem Adj. gehören die Adv. as. sāfto ‚leicht‘,
ae. softe ‚sanft‘ und saterfries. säft, sääft ‚viel-
leicht‘ (s. samfto). Im Engl. ist – wie im Nhd.
(s. o.) – seit me. Zeit der Vokalismus des Adv.
in das Adj. übernommen worden; daher lautet
das Adj. ne. soft ‚sanft, weich, mild, von gerin-
ger Intensität‘. Der Nasal des urgerm. Wortes
schwindet außerhalb des Hdt. vor folgendem -f-
mit Ersatzdehnung. Im Ndd. und Ndl. erfolgt
dann Kürzung des Vokals und Ersatz von -f-
durch -ch- (vgl. z. B. kraft).

Kroonen, Et. dict. of Pgm. 426, nimmt an, dass den west-
germ. Adj. eine u-stämmige Vorform urgerm. *samþu-
zugrunde liegt, die später teils den a-St. und teils den ja-
St. angeglichen wurde. Dagegen spricht, dass das Suff.
*-tu- keine Adj., sondern Verbalabstrakta bildet (Krahe-
Meid 1969: 3, § 124). Auch eine Wz. *semt-, von der
*samþu- mit bloßem u-Suff. gebildet sein könnte, ist an-
derweitig nicht bekannt. Weil das Nebeneinander von ja-
und a-St., wie in ahd. semfti und samft, auf Einfluss des
Adv. beruhen kann (s. o.), ist keine u-stämmige Vorform
notwendig.

Fick 3 (Germ.)⁴ 433 f.; Kroonen, Et. dict. of Pgm. 426;
Heidermanns, Et. Wb. d. germ. Primäradj. 468 f.; Lasch-
Borchling, Mndd. Handwb. 3, 1. 7; Schiller-Lübben,
Mndd. Wb. 4, 2; ONW s. v. sahti³; VMNW s. v. sachte¹;
Verwijs-Verdam, Mndl. wb. 7, 5 ff.; Franck, Et. wb. d.
ndl. taal² 809 f.; Vries, Ndls. et. wb. 854; Et. wb. Ndl.
S-Z 647; WNT s. v. zacht; Hofmann-Popkema, Afries.
Wb. 416; eFryske wb. s. v. sêft¹; Dijkstra, Friesch Wb. 3,
61; Sjölin, Et. Handwb. d. Festlnordfries. 178; Faltings,
Et. Wb. d. fries. Adj. 447 f.; Holthausen, Ae. et. Wb. 306;
Bosworth-Toller, AS Dict. 856; Klein, Compr. et. dict. of the
Engl. lang. 2, 1468; eOED s. v. sefte. – F. Heidermanns,
FS Seebold 1999: 152 Fn. 14.

Westgerm. *samftia- setzt uridg. *sóm-to-
fort. *-f- an der Morphemgrenze ist Einschub
(s. KS Rasmussen 1999: 1, 82–89). Eine genaue
Entsprechung zu westgerm. *samftia- ist das
rigvedische Wort santya- (nur vok.sg.), ein Bei-
wort des Feuergottes Agni (K. Hoffmann, MSS
23 [1968], 29–38). Ved. santya- ist ohne Ak-
zent überliefert. Die Metrik zeigt, dass die Form
gemäß der Sieversschen Regel dreisilbig, als
santiya-, zu lesen ist.
Die uridg. Vorform *sóm-to- ist eine Ableitung
mit dem Raumadj. bildenden Suff. *-to- von
dem uridg. Adj. *som-ó- ‚gleich‘, das u. a. in
got. sama ‚dss.‘ fortlebt (s. sama). Als grund-
sprachliche Bedeutung lässt sich ‚zusammen
seiend, harmonisch, übereinstimmend‘ er-
schließen, was über eine Zwischenstufe ‚pas-
send, angenehm‘ zu der Semantik der germ.
Fortsetzer geführt haben kann. Das ved. Bei-
wort santiya- bezeichnet dann den Feuergott
als freundlichen Mitbewohner am heimischen
Herd.

Fraglich bleibt, ob auch das heth. Adj. šanezzi- ‚hervor-
ragend, angenehm, wohlschmeckend oder -riechend‘ zu
dieser Wortsippe gehören kann, da die Lautentwicklung
nicht hinreichend geklärt ist; vgl. Kloekhorst, Et. dict. of
Hitt. 722 f. (s. v. šani-).

Walde-Pokorny 2, 491; Pokorny 904; LIPP 2, 725;
Mayrhofer, KEWA 3, 429; ders., EWAia 2, 698; 3, 567.

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