sênu interj., seit Beginn des 9. Jh.s in
Gl. sowie MF, T, OT, PT, O, Nps, Npw und
WH: ‚siehe, seht; ecce‘ 〈Var.: se nu, seno,
sinu, síno, sie nu〉. Ahd. sênu ist eine Zusam-
menrückung aus den Interj. sê und n, die
auch in umgekehrter Folge als nsê erscheint
(s. d.). Die Var. sinu ist bei T auf einen ein-
zelnen Schreiber beschränkt, der sie vermut-
lich in seiner Vorlage fand (s. Sievers 1892:
§§ 121. 125).
Splett, Ahd. Wb. 1, 679. 795; eKöbler, Ahd. Wb. s. v.
sēnu; Schützeichel⁷ 277; Seebold, ChWdW9 709; Graff
6, 113 f.; Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 216 (s. v. ecce); Dt.
Wb. 15, 2769 ff.
In den übrigen germ. Sprachen entsprechen:
as. sinu interj. ‚sieh doch‘, got. sai nu interj.
‚sieh nun‘.
Tiefenbach, As. Handwb. 335; Sehrt, Wb. z. Hel.² 466;
Berr, Et. Gl. to Hel. 345; ONW s. v. sinū; Feist, Vgl. Wb.
d. got. Spr. 403; Lehmann, Gothic Et. Dict. S-5.
Im As. ist sinu Hapaxlegomenon (Hel 5578
Cott). Wenn sinu langes -ī- enthält, setzt es
wahrscheinlich einen vorurgerm. e-stufigen
Lok.Sg. *sei̯ fort, der im Ablaut zu o-stufigem
*soi̯ in ahd. sê steht. *sei̯ ist auch zweiter Be-
standteil von runennord. nom.sg. sa-si ‚dieser‘,
akk.sg. þan-si usw., wogegen ahd. dese *soi̯ vo-
raussetzt (s. d.). Obwohl volksetymologische
Berührung mit ahd. sih, der 2.sg.imper. zu
sehan ‚sehen‘, nicht ausgeschlossen werden
kann, weist doch die übereinzelsprachliche Be-
zeugung in den germ. Sprachen auf älteren Ur-
sprung der Formen. Strukturell ist also die
Folge sênu eher mit lat. ecce (< älterem Pron.
*ed + Partikel *ke; vgl. LIPP 2, 399) vergleich-
bar, als mit einem imperativischen Ausdruck
wie z. B. gr. ἴδε νῦν, das auch durch got. sai nu
übersetzt wird (z. B. Joh. 16, 29). Zu außer-
germ. Anschluss s. sê.
DSW