siura f. jōn-St., ab dem 9. Jh. in Gl.:
‚Krätzmilbe; cantharida, gargara, pruris ?,
surigo‘ 〈Var.: sewär; su-, sui-, sů-, svi-, svî-;
-rr-; -e〉. – Mhd. siure sw.f. ‚Milbe, Krätzmilbe‘,
frühnhd. seure f. ‚(Krätz-)Milbe, Hitzblatter‘,
ält. nhd. Seure f. ‚dss.‘.
Splett, Ahd. Wb. 1, 822; eKöbler, Ahd. Wb. s. v. siura;
Schützeichel⁷ 283; Starck-Wells 528; Schützeichel,
Glossenwortschatz 8, 253; Seebold, ChWdW9 734; Graff
6, 273; Lexer 2, 949 (siure²); Götze [1920] 1971: 201;
Diefenbach, Gl. lat.-germ. 96 (cantharis, -ida). 257
(gargara). 538 (siro [surigo]); Dt. Wb. 16, 707.
In den anderen germ. Sprachen entsprechen: as.
siuria f. ‚Krätzmilbe‘; mndd. sure f. ‚Hitzblat-
ter, Finne‘; frühmndl. siere f. ‚Milbe‘, mndl.
siere f. ‚Milbe, Kleinigkeit‘, nndl. zier ‚dss.‘;
ostfries. sîr ‚Geringstes, Bröckchen, Stäub-
chen‘ (lt. Verwijs-Verdam, Mndl. wb. 7, 1088):
< urgerm. *seu̯rii̯ōn-.
Tiefenbach, As. Handwb. 338; Schiller-Lübben, Mndd.
Wb. 4, 478; VMNW s. v. siere; Verwijs-Verdam, Mndl.
wb. 7, 1088 f.; Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 820; Suppl.
202; Vries, Ndls. et. wb. 865; WNT s. v. zier¹.
Die Etym. von urgerm. *seu̯r-ii̯ōn- ist unklar.
Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 820 erwog einen
Zusammenhang mit ai. kṣurá- n. ‚Rasiermesser,
Schermesser, scharfes Messer‘ (fortgesetzt in
mi., ni., pāli khura- m. ‚Rasiermesser‘), gr.
ξυρόν n. (auch -ός m.) ‚Rasiermesser‘ (< uridg.
*ksu-ró-), gr. ξύω (ῡ) ‚rasiere, schabe, glätte‘
(< uridg. *ksu-i̯e/o-) zur Wz. uridg. *kseu̯-
‚schaben, kratzen‘. In diesem Fall müsste eine
Vereinfachung des Anlautclusters und Sub-
stantivierung mit e-Vollstufe einer ró-Ablei-
tung oder eine Vddhi-Ableitung von der in
den gr. und ai. Wörtern für ‚Rasiermesser‘ vor-
liegenden Bildung angenommen werden, die
dann noch mit einem i̯o-Suff. weiter deriviert
worden wäre: uridg. *ksu-ró- → uridg. *kseu̯-
ro- → *(k)seu̯r-(i)i̯o- → *(k)seu̯r-ii̯o/ā-n- > ur-
germ. *(χ)seu̯r-ii̯a/ōn-. Die Bed. wäre dann
wohl ‚kratzendes, schabendes (Tier)‘. Auf-
grund des komplizierten Ableitungsmechanis-
mus und der sonst wohl nicht bezeugten Ver-
einfachung des Anlauts ist diese Erklärung
aber unsicher.
Aus dem Westgerm., vielleicht aus dem
Andfrk., wurde der Fortsetzer von urgerm.
*seu̯rii̯ōn- ins Frz. übernommen; vgl. frz. ciron
‚Milbe‘ etc.
Walde-Pokorny 1, 449 ff.; Pokorny 585 f.; LIV² 372;
Mayrhofer, KEWA 1, 292; ders., EWAia 2, 435 f.; Frisk,
Gr. et. Wb. 2, 341 f.; Chantraine, Dict. ét. gr.² 740 f.;
Beekes, Et. dict. of Gr. 2, 1038 f. 1039 f.; Wartburg, Frz.
et. Wb. 17, 67 f.
HB