skato
Band VII, Spalte 1399
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skato m. wa-St., seit dem 3. Viertel des
8. Jh.s in Gl. und in MH, bei N, Npg, in
WH: ‚Schatten, Verhüllung, schattiger Ort,
dunkles Gewölk; inumbratio, nimbus, nubila,
obumbratio, solstitium, Tempe, umbra, umbra-
culum, velamentum‘ 〈Var.: sch-; in den obl. Ka-
sus mit -(a)w- (zum Sprossvokal vgl. Braune-
Heidermanns 2018: § 69 Anm. 2)〉. In der Hs.
Clm. 6383 (Ende des 8. Jh.s bzw. ca. 800, a-
lem.) glossiert 〈scato〉 lat. exilium ‚Exil‘; Ernst-
Nievergelt-Schiegg 2019: 410 sind der Mei-
nung, dass die Zuordnung der Glosse zu diesem
Lemma „aus inhaltlichen Gründen unplausibel
ist“. Jedoch liegt eine einfache Übertragung
von ‚Schatten‘ auf einen ‚Ort mit Schatten‘
i. S. v. ‚Abgeschiedenheit‘ vor, wie sie sich
auch einmal im Engl. findet (vgl. eOED s. v.
shadow n. III. 11. †d). – Mhd. schat, schate
st./sw.m., daneben auch schatewe, schetewe
sw.m. (mit -a/ew- aus den obl. Kasus) ‚Schat-
ten, Spiegelbild‘, frühnhd. schat m. ‚dss.‘, nhd.
Schatten m. ‚(mehr oder weniger scharf be-
grenzter) im Schatten eines Körpers liegender
Ausschnitt einer im Übrigen von direktem
Licht beschienenen Fläche, der sich dunkel von
der helleren Umgebung abhebt, Bereich, der
vom Licht der Sonne oder einer anderen Licht-
quelle nicht unmittelbar erreicht wird und in
dem deshalb nur gedämpfte Helligkeit, Halb-
dunkel [und zugleich Kühle] herrscht, Figur,
Gestalt o. Ä., die (dadurch, dass sie sich von ei-
nem helleren Hintergrund abhebt) nur in ihren
Umrissen, nur schemenhaft als Silhouette er-
kennbar ist‘. Die nhd. Form Schatten setzt die
mhd. sw. Form schate fort, wobei das -n aus den
obl. Kasus eingeführt ist.

Splett, Ahd. Wb. 1, 834; eKöbler, Ahd. Wb. s. v. skato;
Schützeichel⁷ 286; Starck-Wells 534; Schützeichel,
Glossenwortschatz 8, 290; Seebold, ChWdW8 258 f. 432.
469; ders., ChWdW9 739. 1104; Graff 6, 423 f.; Lexer 2,
671 f.; 3, Nachtr. 358; Götze [1920] 1971: 185; Diefenbach,
Gl. lat.-germ. 626 (umbra); Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 352
(inumbratio). 685 (umbra, umbraculum); Dt. Wb. 14,
2231 ff.; Kluge²¹ 637 f.; Kluge²⁵ s. v. Schatten; ePfeifer,
Et. Wb. s. v. Schatten. – Braune-Heidermanns 2018:
§§ 109 Anm. 1. 205, 1; DRW 12, 267 f.

In den anderen germ. Sprachen entsprechen:
as. skadu m. ‚Schatten‘ (nur nom.sg. 〈scado〉
Hel 5626, Hs. Cott), mndd. schāde, schēde
(scheyde) m./n. ‚Schatten, Dunkel, Finsternis,
Schutz, Schirm, Frieden‘, (aus den obl. Kasus)
schāduwe, schadewe m. ‚Schatten, Dunkelheit,
Finsternis, Schutz, Schirm‘; andfrk. skado m.
‚Schatten, Finsternis‘, frühmndl. scade m./f./n.
‚Schatten, Spiegelbild‘, mndl. schade (m./f./n.)
(scade, scaye, sca) ‚dss.‘, (aus den obl. Kasus)
schaduwe (f.) (schaduë, schadwe, schadewe)
‚Schatten, Spukgestalt, Spiegelbild‘, nndl.
schaduw (f.) ‚Schatten‘, dial. (südndl.) schade
‚dss.‘; nwestfries. skaad n. ‚Schatten‘, sater-
fries. skaad, skade m. ‚dss.‘, nnordfries. (öömr.)
skaad, (jünger) skaas m. ‚dss.‘, (helg.) skatten
m. ‚dss.‘, (mgoesh.) schaten m. ‚dss.‘ (die nord-
fries. Belege stammen aus unterschiedlichen
Quellen auf https://www.frisistik-thesaurus.
uni-kiel.de/de/thesaurus-des-nordfriesischen [ge-
sehen am 13.03.2019]): < westgerm. *skada-.
Im Ae. findet sich ein Fem.: ae. sceadu f.
‚Schatten, Dunkel, Laube, Schutz‘, me. shde
(shad[de], ssade, shaide, ssed[e], frühme.
sceade, scæde) ‚Schatten‘, (aus den obl. Kasus)
shadwe (shadu[e], shado[we], shadou[gh],
shadeu, shadewe, szadewe, shedou, shedewe,
scaudu, frühme. sc[e]adewe, sceadu, sheadewe,
sadwe, sadou, sadue) ‚Schatten, Dunkel‘, ne.
shade ‚Schatten, Dunkel, Schattierung‘, (aus den
obl. Kasus) shadow ‚Schatten, Schutz, Schirm‘;
dazu auch ein Neutr. ae. scead n. ‚Schatten,
Schutz, Stall, Schuppen‘. Diese sind wohl durch
Umgestaltung aus dem Mask. hervorgegangen,
da die Endung des Nom.Sg. der m. wa-St. mit
der bei den n. wa-St. und den f. ō-St. zusam-
menfiel. Ein unmittelbarer Zusammenhang mit
einmaligem ahd. skata f. (oder n.?) (s. d.) ist da-
her nicht gegeben.
Daneben steht im Got. ein u-St. skadus m.
‚Schatten; σκία‘ < ostgerm. *skađu-, der aber,
wie die Ableitungen got. ufarskadwjan sw.v. I
‚überschatten‘, skadweins f. ‚Bekleidung‘ zei-
gen, ebenfalls einen wa-St. fortsetzt. Der Über-
tritt liegt in der Lautentwicklung von nom.sg.
*skađaz zu *skađuz begründet, wodurch die
Endung mit der der u-St. identisch wurde.
Für das Urgerm. ist somit als Rekonstrukt
*skađa-, nicht *skađu- (so u. a. Lühr 2000: 259;
Kroonen, Et. dict. of Pgm. 438) anzusetzen.
Im Nordgerm. gehören wohl Wörter mit einer
lautgesetzlich nicht zu erwartenden Geminate
dazu: nisl. skodda f., skoddi m. ‚Nebel‘, fär.
skadda, skødda f. ‚dss.‘, ält. ndän. -skåde (in
natteskåde ‚Nachtnebel‘; Kalkar [1881 ff.]
1976: 5, 743), ndän. skodde ‚dss.‘, nnorw. (bm.)
skodde, (nn.) skodd(e) ‚dss.‘, norn skodd(a)
‚dss.‘, nschwed. dial. skadda, skodda, skådda
‚dss.‘. Die Geminate ist eher lautsymbolischer
Natur (so Lühr 1988: 300) als pejorativ-inten-
siv (so Hellquist, Svensk et. ordb.³ 2, 922).

Für die nordgerm. Wörter kommt die von Magnússon,
Ísl. Orðsb. 852 (skodda¹) vorgeschlagene Vorform
*skađu/iđōn- aus Wortbildungsgründen kaum in Frage.

Fick 3 (Germ.)⁴ 449; Kroonen, Et. dict. of Pgm. 438;
Tiefenbach, As. Handwb. 338; Sehrt, Wb. z. Hel.² 468;
Berr, Et. Gl. to Hel. 346; Lasch-Borchling, Mndd. Hand-
wb. 3, 36 (schāde¹). 38; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. 4,
36. 37; ONW s. v. skado; VMNW s. v. scade²; Verwijs-
Verdam, Mndl. wb. 7, 207 f. 217 f.; Franck, Et. wb. d. ndl.
taal² 571; Vries, Ndls. et. wb. 605; Et. wb. Ndl. S-Z 66 f.;
WNT s. vv. schade², schaduw; eFryske wb. s. v. skaad;
Dijkstra, Friesch Wb. 3, 88; Fort, Saterfries. Wb.² 521.
522; Holthausen, Ae. et. Wb. 272; Bosworth-Toller, AS
Dict. 820 f.; Suppl. 694 f.; Suppl. 2, 53; eMED s. vv.
shde n., shadwe n.; Klein, Compr. et. dict. of the Engl.
lang. 2, 1429; eOED s. vv. shade, shadow n.; Magnússon,
Ísl. Orðsb. 852 (skodda¹); Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb.
2, 1016 f. (skodde²); Ordb. o. d. danske sprog 19, 632
(skodde³); Bjorvand, Våre arveord² 983 f.; Torp, Nynorsk
et. ordb. 608; NOB s. vv. (bm.) skodde, (nn.) skodd,
skodde; Jakobsen, Et. dict. of the Norn lang. 2, 795;
Hellquist, Svensk et. ordb.³ 2, 922; Svenska akad. ordb. s. v.
skadda²; Feist, Vgl. Wb. d. got. Spr. 427; Lehmann, Gothic
Et. Dict. S-74. – Bammesberger 1990: 85; Casaretto
2004: 485 f.; Thöny 2013: 115–119.

Urgerm. *skađa- setzt mit Verallgemeine-
rung der schwundstufigen Wz. und sekundä-
rer Thematisierung ein uridg. proterodynami-
sches Paradigma *séh₂-tu- : *sh₂-- fort,
eine Ableitung der Wz. uridg. *seh₂()-
‚schimmern, scheinen‘ (s. skîmo, skînan), die
wohl durch Vermischung von *seh₂- und der
erweiterten Form *sh₂-e- entstanden ist (vgl.
Neri 2003: 332).
Eine unmittelbare Entsprechung könnte im
Kelt. vorliegen, falls die Formen air. scáth n.
‚Schatten, Reflex, Trugbild, Spiegel, Schutz‘,
nir. scáth m. ‚dss.‘, mkymr. ysgawd, nkymr.
ysgod m. ‚Schatten, Dunkelheit‘, mbret. sceut,
squeut, nbret. skeud m. ‚Schatten, Bild‘, akorn.
scod ‚Schatten‘ (glossiert lat. umbra f. ‚Schat-
ten‘), nkorn. schus ‚Schrecken‘ tatsächlich ei-
nen tu-St. fortsetzen, wofür die Pl.formen des
Komp. foscad n. u-St., später m. o-St. ‚Schat-
ten, gebrochenes Licht, Verdunkelung, Schutz‘
sprechen. Jedoch kann wegen des Gen.Sg.
scáith ein to-St. auch nicht ausgeschlossen
werden.
Weiter entfernt stehen ai. chāy- f. ‚Schatten,
Wiederschein‘, jav. a-saiia- ‚der keinen Schat-
ten wirft‘, npers. sāya ‚Schatten‘, die entweder
auf uridg. *sh₂o-éh₂ zur Wz.form *sh₂e- be-
ruhen, oder mit gr. σκιά f. ‚Schatten‘, alb. hí(j)e
‚Schatten, schattige Stelle, Schemen, Gespenst,
Gott, Anmut, Würde, Schönheit‘, toch. B skiyo
f. ‚Schatten‘ auf uridg. *séh₂-ih₂ : *sh₂-éh₂-,
somit zur Wz.form *seh₂-, zurückgehen kön-
nen; zu einer dieser beiden Wz.formen stellt
sich auch aksl. sěnь f. ‚Schatten‘, das entweder
uridg. *sḗh₂-n- oder *sh₂á-n- fortsetzt (vgl.
zu den Rekonstrukten Neri 2003: 331 f.; zu den
zugehörigen Formen in den anderen slaw. Spra-
chen vgl. Derksen, Et. dict. of Slav. 447).
Unsicher ist die genaue Herleitung von lett. seja
f. ‚Gesicht, Schatten‘, das vielleicht eine sekun-
däre Vollstufe (so Derksen, Et. dict. of Balt.
549) zeigt oder auf einer Vorform *seh₂-eh₂
(letztendlich aus *seh₂-iHo-) beruht (so
Rasmussen 1989: 61).

Die Wz. wird in der Literatur wegen aksl. sěnь f. ‚Schat-
ten‘ auch mit *h₁ (vgl. etwa Lühr 2000: 259), wegen gr.
σκότος m. ‚Dunkelheit‘ (s. gleich) auch mit *h₃ angesetzt
(vgl. etwa Zair 2012: 110). Jedoch ist wegen des wohl
zugehörigen Wortes gr. σκηνή, dor. σκᾱνά f. ‚(Zelt-)
Dach, Bude, Schmaus, Bühne(ngebäude), Szene‘ der An-
satz mit *h₂ wahrscheinlicher; aksl. sěnь f. ‚Schatten‘
spricht nicht dagegen (s. o.). Dann kann bei diesem An-
satz aber das häufig ebenfalls hinzugestellte Wort gr.
σκότος m. ‚Dunkelheit‘ nicht (unmittelbar) dazu gehören
(oder *skh₂-ot- mit Verlust des Laryngals vor *o, daher
keine Aspiration?). Dagegen führen etwa Kroonen, Et.
dict. of Pgm. 438 und Zair 2012: 110 die germ. und kelt.
Formen mit dem gr. Wort auf eine Basis *skeh₃- zurück,
ohne dass sie weitere Hinweise auf die Existenz einer sol-
chen Wz. geben.
Beekes, Et. dict. of Gr. 2, 1359 f. rekonstruiert für die
germ. und gr. Formen uridg. „*skoto-, -tu“, für die kelt.
uridg. *skōto-, jedoch bleibt eine Begründung für die
Dehnstufe schwierig (vgl. Irslinger 2002: 126); eine af-
fektive Dehnung (so de Bernardo Stempel 1999: 528)
ist jedenfalls unwahrscheinlich. Matasović, Et. dict. of
Proto-Celt. 340 und Add. s. v. *skāto- setzt ein Wz.no-
men *sk(e)h₃t- an (als Möglichkeit auch bei Beekes, Et.
dict. of Gr. 2, 1360), das aber im Kelt. als t-St. erhalten
geblieben wäre (vgl. Irslinger a. a. O.).

Walde-Pokorny 2, 535 f.; Pokorny 917 f.; LIV² 546;
Mayrhofer, KEWA 1, 407; ders., EWAia 1, 559 f.;
Bartholomae, Airan. Wb.² 208 f.; Horn, Grdr. d. npers.
Et. 154; Frisk, Gr. et. Wb. 2, 727 f. 730 f.; Chantraine,
Dict. ét. gr.² 980 f. 982. 987; Beekes, Et. dict. of Gr. 2,
1349. 1350 f. 1359 f.; Demiraj, Alb. Et. 201; Orel, Alb. et.
dict. 147; Trautmann, Balt.-Slav. Wb. 304; Derksen, Et.
dict. of Slav. 447; Et. slov. jaz. staroslov. 805 f.; Derksen,
Et. dict. of Balt. 549; Mühlenbach-Endzelin, Lett.-dt. Wb.
3, 813; Karulis, Latv. et. vārd.² 798 f.; Fick 2 (Kelt.)⁴ 308;
Matasović, Et. dict. of Proto-Celt. 340; Add. s. v. *skāto-;
Vendryes, Lex. ét. de l’irl. anc. S-36; eDIL s. v. scáth;
Dict. of Welsh 4, 3838; Deshayes, Dict. ét. du bret. 662;
Adams, Dict. of Toch. B² 2, 773. – Huld 1984: 74 f.;
Rasmussen 1989: 33 f. 61; de Bernardo Stempel 1999:
324. 528; Lühr 2000: 259; Irslinger 2002: 125–127; Neri
2003: 330–332; Matzinger 2006: 78; Zair 2012: 110.

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