îsarn
Band V, Spalte 201
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îsarn n. a-St., im Abr und weiteren Gl.,
in B, GB, NBo, NMC, Nps und Npw: Eisen,
Eisenstab, Härte, Last; chalyss, ferramentum,
ferratum, ferrum, rastrum
Var.: -irn, -er,
-eren, -an, -en, -in. Die r-lose Form be-
gegnet auch öfter in PN; vgl. Isanbalt, Isan-
grim, Hīsanbert etc. (vgl. J. Schatz, ZDA 72
[1935], 144). Mhd. îsern, îser, îsen st.n.,
frühnhd. noch eiser n., nhd. Eisen n. graues
Schwermetall
.

Ahd. Wb. 4, 1734 ff.; Splett, Ahd. Wb. 1, 428; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 636; Schützeichel⁷ 167; Starck-Wells
312 f. 850; Schützeichel, Glossenwortschatz 5, 84 f.;
Seebold, ChWdW8 171; ders., ChWdW9 450. 1023;
Graff 1, 488 f.; Lexer 1, 1454 f. 1459; Diefenbach Gl.
lat.-germ. 231 (ferramentum, ferrum); Götz, Lat.-
ahd.-nhd. Wb. 260 (ferrum); Dt. Wb. 3, 364 ff. 375;
Dt. Wb.² 7, 1170 ff.; Kluge²¹ 160 f.; Kluge²⁵ s. v. Ei-
sen; Pfeifer, Et. Wb.² 273. DRW 2, 1501 ff.; Förs-
temann [191016] 196668: 1, 970 ff.; Kaufmann
1968: 217; Braune-Reiffenstein 2004: § 196.

In den anderen germ. Sprachen entsprechen:
as. īsarn n. Eisen, mndd. īser(e)n, īser, īsen
n. Eisen, Eisenblech, Hufeisen, Münzei-
sen, Prägestock, Münzstätte, Münzbezirk,
Rüstung, Fangeisen, Fessel, Kette
; andfrk.
*īsarn (vorauszusetzen wegen des Adj. īsar-
nīn), mndl. iser(e), isen, nndl. ijzer; afries.
īse(r)n, īsarn, īser, īrse(r)n, īrser, īrnes n.
Eisen, glühendes Eisen, glühende Pflug-
scharen [beim Gottesurteil], eiserne Fessel,
Brenneisen, eiserne Waffe, Eisenpfeil, Ei-
senteile
, nwestfries. izer Eisen, Eisenwerk-
zeug
, saterfries. ierzen, nnordfries. ärsen,
joorn Eisen; ae. īsern, īsen, īren, me. īren
Eisen, Eisenwerkzeug, Eisenwaffe, Fessel,
Ketten
, ne. iron Eisen, Eisenwaffe, Bügel-
eisen, Brenneisen, Eisenfessel
; aisl. ísarn,
jarn, nisl. járn, norw. jarn, jern, norw. poet.
auch ísarn, adän. iarn, älter dän. jern, ndän.
jærn, aschwed. iærn, schwed. järn Eisen,
Gerät aus Eisen
; got. eisarn n. Eisen;
langob. PN Îsarno, Ins- (als verkürzte oder
metathetierte Form in PN): < urgerm. *īsar-
na-. Bei den s-losen Formen des Nordgerm.
dürfte es sich um Entlehnungen aus dem Air.
oder Brit. handeln, da diese kelt. Sprachen
den lautgesetzlichen Schwund von intervo-
kalischem *-s- zeigen; vgl. air. íarn(n) n.,
später m., mkymr. haearn etc. (s. u.).

Daneben könnte eine Variante *īzarna- >
ae. īren nach dem Vernerschen Gesetz exis-
tiert haben. Doch ist auch eine metathetier-
te Form *īsern > *īsren > *īrren > īren mög-
lich; vgl. ae. ūre < *ūsre unser (so Schaff-
ner 2001: 223).

Fick 3 (Germ.)⁴ 28; Tiefenbach, As. Handwb. 201;
Sehrt, Wb. z. Hel.² 296; Berr, Et. Gl. to Hel. 215;
Wadstein, Kl. as. Spr.denkm. 97. 198; Lasch-Borch-
ling, Mndd. Handwb. 2, 1, 467 f.; Schiller-Lübben,
Mndd. Wb. 2, 392 f.; 6, 167; ONW s. v. īsarnīn;
VMNW s. v. iser; Verwijs-Verdam, Mndl. wb. 3,
963 ff.; Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 273 f.; Suppl. 75;
Vries, Ndls. et. wb. 279; Et. wb. Ndl. F-Ka 501; Bout-
kan, OFris. et. dict. 195; Hofmann-Popkema, Afries.
Wb. 250 f.; Richthofen, Afries. Wb. 855; Fryske wb. 9,
397 f.; Dijkstra, Friesch Wb. 2, 22; Fort, Saterfries.
Wb. 115; Sjölin, Et. Handwb. d. Festlnordfries. 8. 90;
Holthausen, Ae. et. Wb. 189; Bosworth-Toller, AS
Dict. 598. 601; Suppl. 595. 597; Suppl. 2, 44; ME
Dict. s. v. īren; OED² s. v. iron n.¹; Vries, Anord. et.
Wb.² 287. 291; Jóhannesson, Isl. et. Wb. 1. 1036;
Magnússon, sl. Orðsb. 425. 430; Fritzner, Ordb. o. d.
g. norske sprog 2, 214. 231 f.; Holthausen, Vgl. Wb.
d. Awestnord. 144. 145; Falk-Torp, Norw.-dän.
et. Wb. 472; Nielsen, Dansk et. ordb. 211; Ordb. o.
d. danske sprog 9, 945 ff.; Bjorvand, Våre arve-
ord² 544 ff.; Torp, Nynorsk et. ordb. 248; NOB s. vv.
(bm.) jarn, (nn.) jern, jarn; Hellquist, Svensk et.
ordb.³ 427; Svenska akad. ordb. s. v. järn; Feist, Vgl.
Wb. d. got. Spr. 131; Lehmann, Gothic Et. Dict. E-
2; Bruckner, Spr. d. Langob. 91. 175. 272. Bar-
ber 1932: 115; RGA² 17, 5860; Francovich Onesti
2000: 204.

Bei dem Wort handelt es sich nach älterer
Ansicht um eine frühe Entlehnung aus dem
Kelt. ins Germ. (so auch noch Kuz’menko
2011: 112. 159 f.). Für das entlehnte Wort ist
*ī- anzusetzen, andere Fortsetzer im Kelt.
könnten auch *i- aufgewiesen haben. Belegt
sind im Kelt.: gall. *isarno- im PN Isarnus,
ON Isarnouclítos, Isarnodori, air. íarn(n) n.,
später m., mkymr. haearn, abret. hoiarn,
mbret. houarnn, nbret. houarn, akorn. hoern,
korn. hôrn. Bisher wurden drei Etymologien
vorgeschlagen: So stellte W. Cowgill, in
Cowgill-Mayrhofer 1986: 68 Anm. 10 uridg.
*ēs-no- blutig (in heutiger Schreibung
*h₁ēsh₂-no-) > urkelt. *īsarno- zu heth.
eshar, ishan- Blut, dessen Bed. sich über
(blut-)rot zu Eisen weiterentwickelte.
Dieser Vorschlag scheitert an mehreren
Punkten: Nach heutigem Kenntnisstand ist
eine Dehnstufe durch das heth. Wort nicht
notwendig anzunehmen, da eine Form
*h₁ésh₂ zum selben Ergebnis führt (Kloek-
horst, Et. dict. of Hitt. 258 f.; vgl. dazu auch
Bjorvand, Våre arveord² 545). Zudem wäre
eine Ableitung des Adj. vom schwachen und
nicht vom starken St. des Subst. zu fordern,
und schließlich ist der postulierte Bed.wan-
del Blut zu Eisen keineswegs nahelie-
gend.

Nach der zweiten Erklärung besteht ein Zu-
sammenhang des germ. Worts mit uridg.
*h₂e-e/os- Erz, Metall, eigtl. das Glän-
zende
; vgl. lat. aes, ai. áyas- n., aav., jav.
aiiah- n. (vgl. z.B. Mayrhofer, EWAia, 1,
104), thematisiert *h₂e-s-e/o- > urgerm.
*az-a- in ahd. êr, as. ēr, got. aiz etc. (s. êr²,
wo eine Verbindung mit îsarn bereits abge-
lehnt wurde). Dieser Ansatz würde für die
Vorstufe eine schwundstufige Form *h₂i-s-
und ein Suff.konglomerat kelt. *-ar-no- (?)
erfordern. Für die kelt. Formen bereitet der
Kurzvokal kein Problem: *isárno- > *ihar-
no- > *eharno- > air. ëarn, íarn. Der für die
germ. Formen zu postulierende anl. Langvo-
kal bleibt so aber unerklärt.

Nach einem dritten Vorschlag sei von der
Wz. uridg. *Hish₁- auszugehen: Zu dem
in gr. ἵερος heilig, ai. iirá- kraftvoll,
schwungvoll
fortgesetzten Adj. uridg.
*Hish₁-ró- (vgl. Mayrhofer, KEWA 1, 93;
ders., EWAia 1, 199; Frisk, Gr. et. Wb. 1,
712 ff.; Chantraine, Dict. ét. gr. 457 f.) sei
über vorurkelt. *isǝro- urkelt. *saro- ent-
standen, von dem dann innerkelt. eine
n-Ableitung *sar-no- gebildet wurde. Das
germ. Wort wäre dann aus dem Kelt. ent-
lehnt.

Hatte aber die Wz. für glänzen, leuchten
(meist angesetzt als uridg. *h₂e-) einen ausl.
Laryngal, ergäbe sich zu uridg. *h₂eH-e/os-
eine doppelt schwundstufige Form *h₂iH-s-,
aus der mit dem Suff. kelt. *-ar-no-, dann
kelt. *īsarno- entstanden wäre (Lühr 2000:
67; Schaffner 2001: 223). Nach derzeitiger
Beleglage ist aber diese kelt. Form die einzi-
ge, die für die dem Wort Erz zugrunde lie-
gende Wz. den schließenden Laryngal erfor-
dert.

Wie auch immer das Wort gebildet ist, ist die
letzte Deutung, das Glänzende, Leuchtende
als Bez. des (geschmiedeten?) Eisens am
plausibelsten.

W. Meid (Krahe-Meid 1969: 3, § 97 [S.
115]) fasst das Suff. uridg. *-rno- : *-erno-/
*-orno-/*-no- > urgerm. *-erna-/ *-arna-/
*-urna- als bereits idg. Erweiterung von
urspr. r-Stämmen auf. Mit diesem Suff.kon-
glomerat versehene Subst. haben im Germ.
häufig einen pejorativen Nebensinn.

Nach Pokorny 300 (so auch schon ders., ZVSp 46
[1914], 292294) ist *īsarno- ein illyr. Wort, das so
früh entlehnt wurde, dass noch der Lautwandel *e >
*ī stattgefunden habe. Dies kommt aber bei einer Zu-
sammenstellung mit dem uridg. Wort für Erz auf-
grund des anlautenden Laryngals nicht in Frage.

Nach einer anderen Auffassung ist das germ.
Wort nicht aus dem Kelt. entlehnt. Es wurde
eine neue Etym. vorgelegt, nach der die kelt.
und germ. Wortform jeweils aus dem Uridg.
ererbt sind. Beide Formen seien verschie-
dene Ableitungen von einer gemeinsamen
Vorform. J. A. Harðarsson, OoT 13 (2011),
93 ff. hat hierfür drei mögliche Ableitungs-
prozesse vorgeführt und gegeneinander ab-
gewogen. Hier sei dem auch von Harðarsson,
a. a. O. bevorzugten als dem am wenigsten
problematischen gefolgt. Ausgangspunkt ist
wie oben uridg. *h₁ish₂-ró- kräftig, rasch
etc.
. Dazu wurde mit Vddhierung des Suf-
fixes ein Adj. uridg. *h₁ish₂-eró- dss. ge-
bildet. Urspr. Funktion dieser Bildung
scheint eine Bed.schattierung zur Bed. des
Grundworts gewesen zu sein, wie sie im
Engl. etwa Ableitungen auf -ish (grey :
greyish) oder im Nhd. Ableitungen auf -lich
(blau : bläulich) zum Ausdruck bringen (so
A. R. Nussbaum 2009, zitiert nach J. A.
Harðarsson, OoT 13 [2011], 93 ff.); vgl. etwa
uridg. *pi-ró- spitz, scharf > gr. πικρός
dss. vs. uridg. *pi-eró- > toch. A pär
dss.. Von einem solchen sekundären Adj.
konnte dann ein weiteres semantisch ähnli-
ches Adj. uridg. *h₁ish₂-er-nó- dss. abge-
leitet werden.; vgl. uridg. *tig-ró- spitz,
scharf
*tig-eró- *tig-er-nó- > air. ti-
gern Herr (< der an der Spitze ist) etc.
Die lautgesetzliche Fortsetzung von uridg.
*h₁ish₂-er-nó- wird zu urkelt. *isarno- kräf-
tig, stark
, dessen neutrale Form zu das
Starke
substantiviert wurde: urkelt. *isar-
non > urir. *isarnan > *iharnan > *eharna >
*earna > air. iarn Eisen (zunächst zwei-
silbig, später einsilbig). Demgegenüber ist
frühurgerm. *esarna- > urgerm. *īsarna-
die Fortsetzung einer subst. Vddhi-Ablei-
tung uridg./vorurgerm. *(h₁)éis(h₂)-er-no-
das durch Stärke ausgezeichnete, mit Stärke
versehene
o.ä. zum oben genannten Adj.
uridg. *h₁ish₂-er-nó-. Der Unterschied zwi-
schen der kelt. und der germ. Form liegt also
darin, dass der kelt. ein Adj., der germ. aber
bereits ein Subst. zugrunde lag.

Walde-Pokorny 1, 4; Pokorny 300; Fick 2 (Kelt.)⁴ 25;
Holder, Acelt. Spr. 2, 75 f.; Matasovi, Et. dict. of
Proto-Celt. 172; Delamarre, Dict. gaul.² 191 f.; Hes-
sens Ir. Lex. 2, 4; Dict. of Irish I-28 f.; Dict. of Welsh
1801 f.; Deshayes, Dict. ét. du bret. 336. J. A. Har-
ðarsson, OoT 13 (2011), 93121; ders. 2011.

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