-inga, -unga
Band V, Spalte 85
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-inga, -unga suff. Das Suff. dient zur
Bildung von Subst. Mhd. -inge, -unga,
-unge, -ungo, -ungu, -ung, nhd. -ung. Bei
dem Suff. ahd. -inga/-unga handelt es sich
um zwei im Germ. unterschiedlich realisier-
te, urspr. Ablaut aufweisende Var. (urgerm.
*-inō-, *-unō-) von zumindest zwei etym.
verschiedenen Suff.konglomeraten (eines mit
uridg. *-k- und eines mit uridg. *--; s. -ing/
-ung
, dort auch Weiteres zur Etym.; zu den
beiden uridg. Gutturalsuff., die im Urgerm.
lautlich zusammengefallen sind; vgl. auch
Krahe-Meid 1969, 3: § 144 [bes. S. 188 f.]).
Das Suff. diente in erster Linie zur Bildung
von Verbalabstrakta, wobei urspr. von sw. V.
der 1. Kl. Ableitungen auf -inga, von sw. V.
der 2. Kl. solche auf -unga gebildet wur-
den. Diese Aufteilung wurde später aufge-
hoben, bereits im Ahd. werden die Bildun-
gen mit -u-haltigem Suff. produktiv. Sie blei-
ben nicht auf Ableitungen von sw. V. der 2.
Klasse beschränkt, sondern können auch zu
anderen sw. und st. V. gebildet werden. Zum
Spätahd. hin und dann bes. in Gl. und Über-
setzungstexten werden vermehrt Subst. auf
-inga/-unga gebildet. Dieselbe Tendenz zeigt
das As. (Lauffer 1976: 318 f.). Im Mhd. sind
die Bildungen mit -i- bereits in der Minder-
heit und gehen immer mehr zurück. Im
Mfrk. stellen sie in der ersten Hälfte des
13. Jh.s noch die Hälfte der Belege und las-
sen sich bis ins 14. Jh. nachweisen. Der ausl.
Vokal schwindet beim Übergang zum
Frühnhd. Das Nhd. und die meisten nhd.
Dial. kennen nur noch -ung in dieser Funk-
tion. Bes. im Alem. hat eine gegenteilige
Entwicklung stattgefunden, dort wurde ahd.
-inga > alem. /-ig/ weitgehend verallge-
meinert.

Neben den Abstrakta auf ahd. -unga finden
sich spätahd. (Gl., 12. Jh.) auch 17 Lexeme
auf -ungî. Die meisten von ihnen haben ne-
ben sich synonyme Bildungen auf -unga
(vgl. etwa barrungî neben barrunga, ana-
stôzungî neben anastôzunga etc.). Für diese
Erscheinung existieren zwei Erklärungen:
Nach der älteren handelt es sich um willkür-
liche Schreibungen im Clm. 22201, da dort
daneben Formen auf -e auftreten (Matzel
1957: 112; in seinem Gefolge werden die
Formen auf -ungi auch im Ahd. Wb. und bei
Schützeichel, Glossenwortschatz als reine
Schreibvar. unter den entsprechenden Lem-
mata auf -unga gebucht). Nach einer neueren
Erklärung soll hier eine zeitlich und räumlich
beschränkte Erscheinung vorliegen, die der
Verdeutlichung der Bildung diente (Pime-
nova 2011: 469471). Angesichts der im
Clm. 22201 auch sonst bei Endungen auf-
tretenden Varianz, der fehlenden Evidenz
für Längeschreibungen beim ausl. -i und des
Auftretens der Erscheinung ausschließlich in
Gl. ist die ältere Erklärung als wahrscheinli-
cher vorzuziehen.

Splett, Ahd. Wb. 2, 291. 372382. Kluge²⁵ s. vv.
-ing, -ung. Schatz 1927: § 111 [(S. 78); Vondrák
192428: 1, 669 f.; Henzen 1965: § 115; W. Meid, IF
70 (1965/66), 231; Munske 1970 passim; Dt. Wortb.
2, 94 f. 211215. 253 f. 357359. 422424. 444 f. 455;
Lauffer 1976: 318333 (bes. 318322). 545547;
Bergmann 1991: 202 ff. 256 f.; U. Demske, PBB 122
(2000), 365411; Klein-Solms-Wegera 2009: 126
133. 145147; Pimenova 2011: 247282.

In den anderen germ. Sprachen entsprechen:
as. -unge, mndd. -inge; andfrk. -unga, mndl.
-ing(h)e, nndl. -ing; afries. -inge, -unge,
nfries. -ing; ae. -ing, -ung, me. -ing, ne. -ing;
aisl. -ing, -ung, nisl. -ing, -unga, norw., dän.
-ing, schwed. -ing, -ung: < urgerm. *-inō-,
*-unō-.

Im Nordgerm. dient das f. Suff. vereinzelt
zur Motionsbildung; vgl. aisl. dróttning f.
Herrin, Fürstin : dróttinn m. Gefolgsherr,
Fürst
.

Vries, Ndls. et. wb. 281; Franck, Et. wb. d. ndl. taal²
275; Et. wb. Ndl. F-Ka 522 f.; Faltings, Et. Wb. d.
fries. Adj. 8 f.; ME Dict. s. vv. -ing, -ing(e) suff.¹,
-ing(e) suff.²; OED² s. vv. -ing suff.¹, -ing suff.³; Mag-
nússon, sl. Orðsb. 421 f. 1087; Nielsen, Dansk et.
ordb. 207; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 406 f. 407 f.
1280. Wilmanns [190630] 1967: 2, §§ 281283;
Kluge 1926: §§ 158 f.; Jóhannesson 1927: §§ 54. 123;
Guchman 196266: 3, 87 f. 98. 101; Krahe-Meid
1969: 3, § 152.

S. -ing, -ung.

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