abbatissa
Band I, Spalte 22
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abbatissaAWB f. ō-St., sämtliche Belege 12. 13. Jh.:
Äbtissin, abbatissa Var.: ab[b]atissa, abbetesse,
ebedisse Junius-Gl. (rheinfrk.: mit Umlaut aber
ohne Verschiebung des -d-, Braune, Ahd. Gr.¹³
§ 163). Mhd. eppetisse, auch ebtissinne, abtas-
sinne, abtessin, abtüssin, einmal ebtischin Boners
Edelstein 48, 20 (hrsg. von F. Pfeiffer [Leipzig,
1844]). Nhd. Äbtissin.

Die Problematik dieser aus lat. abbatissa, später
*ab(b)adissa entlehnten ahd. Wortform liegt in
der Häufung femininer Personalsuffixe. Wäh-
rend sich die älteren Belege noch mit der aus
dem Lat. mitentlehnten Endung -issa, -isse, -esse
begnügten, tritt im Laufe des Mittelalters im-
mer häufiger ein zusätzliches -inne oder -in an,
das sich dann in nhd. Äbtissin endgültig be-
hauptet.

Ahd. Wb. I, 12; Starck-Wells 13; Graff I, 92; Schade 1
(eptischin); Lexer I, 604; Benecke I, 2; Diefenbach,
Gl. lat.-germ. 1; Dt. Wb. I, 140; Kluge²¹ 5.

Über den obd.-hd. Bereich hinaus fallen as. Er-
weiterungen mit der fem. Personalendung -iska
auf, wie abbediska, abdiska, während das Mndd.
neben dem zu erwartenden (unverschobenen)
abbadisse (mit -d-) samt Varianten einmal ein
originelles ebbedinne (zu abbet-/d-) riskiert.
Die mndl. und nndl. Formen lauten ab(b)edesse,
ab(e)disse bzw. abdis, die ae. abadisse, auch
abbu-, abbodesse, dazu me. wohl unter litera-
risch-gelehrtem Einfluß abbatisse, das aber spä-
ter unter französischer Einwirkung durch ab-
bes(s)e und ne. durch abbess abgelöst wird.

Wie fast immer, hält es schwer, die verschiede-
nen skand. Formen jeweils auf den unmittelba-
ren ausländ. Vorgänger festzulegen. So kom-
men für die konkurrierenden aisl. abbadís und
(bes. skaldisch) abbadissa in erster Linie wohl
(as.) mndd. abbadisse in Betracht neben direk-
ter Einwirkung von lat. *abbadissa; die geläufi-
gere aisl. Form abbadís (Noreen, Aisl. Gr.
§ 245, 2. 277, 1. 384 und Anm. 2) ist von jeher
als volksetym. Angleichung an anord. dís Göt-
tin, Mädchen
(Vries, Anord. et. Wb.² 77) erklärt
worden (Kahle, Anord. Spr. im Dienste d. Christ.
317. 341; Fischer, Lehnw. d. Awestnord. 10. 56).
Für ndän. Abbedisse ist, wie meist, die mndd.
Vorlage am wahrscheinlichsten, wie wohl auch
für nnorw. abbedisse und nschwed. abbedissa.

Holthausen, As. Wb. 1; Lasch-Borchling, Mndd.
Handwb. I, 1, 1; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. I, 1;
Verdam, Mndl. handwb. 1; Franck, Et. wb. d. ndl.
taal² 7; Vries, Ndls. et. wb. 6; Holthausen, Ae. et. Wb.
1; Bosworth-Toller, AS Dict. Suppl. II, 1; ME Dict.
AB, 9; OED I, 11; Vries, Anord. et. Wb.² 1; Jóhan-
nesson, Isl. et. Wb. 935; Holthausen, Vgl. Wb. d.
Awestnord. 1; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 9;
Ordb. o. d. danske sprog I, 82 (auch Abbedinde);
Svenska akad. ordb. A-5 f. Kluge, Nom. Stammbil-
dung³ § 201 f.; Thes. ling. lat. I, 49; Du Cange I, 16;
Mittellat. Wb. I, 13 f.; Körting, Lat.-rom. Wb.³ Nr. 13
(abbātissa); Meyer-Lübke, Rom. et. Wb.³ Nr. 10 (frz.
abesse, prov. katal. span. port. abades[s]a); Wartburg,
Frz. et. Wb. (Neubearb.) XXIV, 16; Gamillscheg, Et.
Wb. d. frz. Spr.² 2. E. Hauler, Arch. f. lat. Lex. 2
(1885), 445 f.

An mdartl. Varianten meldet das Schweiz. Id. I,
64 Ä- oder Ebtischin, was an die mittelalterl.
Formen des Berner Dominikaners Ulrich Boner
(urkdl. 132449) erinnert (s. o.), während für
die bair. Mdaa. in Österreich im Süden heute
die Aussprache [appǝsn], in der Mitte [aptíß-
ßin] verzeichnet wird, Kranzmayer I, 49 f.

S. auch abbat, abbateia.

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