amsla
Band I, Spalte 212
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amsla f. n- (oder ō-)St. Amsel, merula (Tur-
dus merula L.); in den Hss. z. T. gepaart mit
syn. merla (s. d.) Die Formen ohne Mittelvo-
kal überwiegen ahd. bei weitem (14 : 4), der Typ
amsala wird erst vom 12. Jh. an vorherrschend

(Ahd. Wb. I, 328); daraus erklären sich auch die
Varianten mit Übergangslaut -p- (-ph-, -f-) so-
wie die Assimilation von ams- zu ans- (s.
mdartl. Reflexe): ams(s)la, amp(h)sla u. ä., auch
amas-, amusla und amis-; später meist amsala,
amsel(l)a, amsil(l)a, amsel(l)e, auch amp(h)- u. ä.;
sämtliche Belege finden sich in Gl. und im nom.
sg., außer Gl. 2, 338, 22 amfsela akk. pl. st.,
12. Jh.. - Im Mhd. lautet das Wort einheitlich
amsel st. (sw.) f., desgl. nhd. Amsel.

Ahd. Wb. I, 328 f.; Starck-Wells 24; Graff I, 254;
Schade 14; Lexer I, 53; Benecke I, 31; Dt. Wb. I, 280;
Kluge²¹ 19 f.

Das Wort, aufs Westgerm. beschränkt, findet
sich einmal in den St. Petrier Gl., in denen Ndd.
und Hd. durcheinandergehen, als amasla me-
rola
(Wadstein, Kl. as. Spr.denkm. 82, 25 = Gl.
2, 260, 43; 10./11. Jh.), mndd. begegnet amsel,
aber auch amelse, amstel, während es im Nie-
derl. schon früh durch Lehnbildungen aus lat.
merula: mndl. me(e)rle, ma(e)rle, nndl. merel,
auch meerle, desgl. im Fries. durch andere Syn-
onyma (wie etwa [k]lijster) verdrängt worden
ist. Im Engl. gilt eine lautgesetzlich genaue Ent-
sprechung des ahd. Wortes, ae. ōsle f. n-St. (mit
ōs- < ams-, Sievers-Brunner, Ae. Gr.³ § 186, 1),
me. ōsel, ne. ouzel (ousel). In sämtlichen skand.
Sprachen herrschen andere Bezeichnungen vor.

Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. I, 1, 72; Verdam,
Mndl. handwb. 352; Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 424;
Vries, Ndls. et. wb. 438; Frings, Germania Romana
178; Dijkstra, Friesch wb. II, 64; Holthausen, Ae. et.
Wb. 243; Bosworth-Toller, AS Dict. 768; Stratmann-
Bradley, ME Dict.³ 464; OED VI, 280.

So ergeben sich als westgerm. Grundformen
*amslōn und *amas-, *ames-, *amuslōn, denen
außergerm. nur im Lat. und Kelt. Verwandtes
an die Seite zu stellen ist: lat. merula < idg.
*mesula (oder *mis-?) mit intervok. -s- zu -z-
und weiter zu -r- (Kent, Sounds of Latin³ § 163,
II. 166, II). Im brit. Zweig des Kelt. finden sich
kymr. mwyalch, akorn. moelh merula, bret.
moualc’h, die von Pedersen, Vgl. Gr. d. kelt. Spr.
I, 73 auf urkelt. *mesalka (mit -lk-Suffix II, 33)
zurückgeführt werden (die gäl. Formen, viel-
leicht Entlehnung aus dem Brit., bleiben proble-
matisch, s. Vendryes, Lex. ét. de l’irl. anc. S143
s. v. smólach f. m.).

Fick III (Germ.)⁴ 16; Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. II,
77 f.; Ernout-Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 400 (unzurei-
chend); Fick II (Kelt.)⁴ 205.

Die germ.-lat.-kelt. Gemeinsamkeiten zwingen
zur Annahme einer zweisilbigen idg. Basis
*ames- (oder *omes-[?]; **H₂/H₃[e]m-), die
mit Schwundstufe der ersten Silbe, *mes- im
Lat. und Kelt., mit Schwundstufe der zweiten
Silbe, *ams- (oder *oms-?) in den westgerm.
Formen vertreten sein dürfte, s. Walde-Po-
korny I, 53 f.; Pokorny 35 f.; Hirt, Idg. Ablaut
132 Nr. 646. Weitere Verknüpfungen, etwa mit
ahd. amero Ammer (s. d.) (E. Förstemann,
Zfvgl. Spr. 3 [1854], 54; Fick III [Germ.]⁴ 16),
oder mit der in ahd. meisa (s. d.) vorliegenden
Basis idg. *mes-, *mos-, *mis- (Fick II [Kelt.]⁴
205; Schrader, Spr.vgl. u. Urgesch.³ II, 140), oder
gar mit gr. μαρμαίρω schimmern (W. Leh-
mann, Zfvgl. Spr. 41 [1907], 392), sowie aind.
marāla weich (Fick I [Idg.]⁴ 515) sind aus for-
malen und inhaltlichen Gründen fernzuhalten.

Die zahlreichen Varianten des ahd. Wortes spiegeln
sich vielfach in den dt. Mdaa. von heute wieder, so-
weit nicht wie im Mfrk. und Westfäl. (zum Ndl. s. o.)
Ableger von lat. merula (Müller, Rhein. Wb. V,
1088 ff. mit Karte) oder völlig andersartige Neologis-
men sich durchgesetzt haben (s. die Übersicht bei
Suolahti, Dt. Vogelnamen 55 ff.). Da gibt es Formen
mit -sch- und zusätzlichem Zwischenlaut -t-, also Am-
schel, Amschtel in der Schweiz (Schweiz. Id. I, 214), im
Elsaß (Martin-Lienhart, Wb. d. els. Mdaa. I, 41) und
in Schwaben (Fischer, Schwäb. Wb. I, 169); Formen,
die sich aus ahd. Sonderbildungen mit labialem Über-
gangslaut entwickelt haben (s. o.) wie Amschpel (Mül-
ler, Rhein. Wb. I, 210), Ansbel, Unsbel f. (Hertel,
Thür. Spr.schatz 60), Ospel, Uspel (Kehrein, Volksspr.
von Nassau 301); aber auch solche, die einen alten
Mittelvokal fortsetzen (s. o.) wie die burgenländ.
Omischl, Amischl (Die dt. Mdaa. 6 [1859], 340), hess.
Ummelsche (Vilmar, Id. von Kurhessen 422) und die
volkstümlich zugestutzten bair. Amixel, Omaxel
(Schmeller, Bayer. Wb.² I, 73; Kranzmayer, Wb. d.
bair. Mdaa. in Österr. I, 186 ff.); schon im 14. Jh. heißt
es einmal ammuxsel (Gl. 3, 26, 57) und zwar in einer
Hs. aus St. Florian, Oberösterr.

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