anut
Band I, Spalte 291
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anut f. (auch m.?) i-St., nur in Gl. bezeugt:
Ente, anas, aneta, fulica, auch mit den Endun-
gen -at(h), -ot, -et(h), -it(h), -ud, einmal mit Um-
lautbez. ænit 13. Jh., dazu Formen wie ant(h)
(fast ausschließlich 13.15. Jh.) und mit Um-
lautbez. ent(h) (meist 14.15. Jh., bair.; letzteres
könnte aber auch Kurzform zu enita sein); da-
neben erweitertes ahd. aneta sowie anita, anta
und mit Umlaut *enita, enede, enta, -e, end(e).
Im Mhd. begegnen gleichfalls noch zweierlei
Formen: ant st.m.f. (nom.pl. ente) und ente
sw.f. Nhd. nur noch Ente f., wohl eine Konta-
mination der zwei älteren Formen, mit Umlaut,
während in vielen Mdaa. noch immer Varian-
ten mit und ohne Umlaut nebeneinanderherge-
hen, s. Schweiz. Id. I, 354; Jutz, Vorarlb. Wb. I,
721; Kranzmayer, Wb. d. bair. Mdaa. in Österr.
I, 253 ff.; Schatz, Wb. d. tirol. Mdaa. 26; Müller,
Rhein. Wb. I, 201; Jungandreas, Ndsächs. Wb. I,
11 ff.; Woeste, Wb. d. westf. Mda. 10; Wossidlo-
Teuchert, Meckl. Wb. I, 9; Mensing, Schleswig-
holst. Wb. I, 6 ff.

Ahd. Wb. I, 610 (anut). 517 (aneta); III, 294 (enita);
Starck-Wells 28. 32. 126; Graff I, 335 f.; Schade 32;
Lexer I, 79 (ant). 568 (ente); Benecke I, 47; Dt. Wb.
III, 509 ff.; Kluge²¹ 167. Vgl. auch Suolahti, Dt. Vo-
gelnamen 419 ff.

Zu ahd. anut und seinen Varianten finden sich
Entsprechungen fast in allen germ. Dialekten:
as. anad, anud, auch anath, anit (Gallée, As. Gr.²
§ 156) und in ON wie Anad-apun 9. Jh., Aned-
oppen a. 1180 (in Westfalen, Förstemann, Adt.
Namenbuch23 II, 1, 144); mndd. ānt, auch ānet
(-d-), ēnde f.; mndl. aent, eent, nndl. eend; ost-
fries. ānt(e), nordfries. an(d); ae. ænid, æned,
ened m.f., me. end(e), auch enede, ne. ende (ver-
altet); aisl. nd (< *anuđ- mit đ > d nach n, s.
Noreen, Aisl. Gr.⁴ § 219 Anm. 1. 238, 1 b), pl.
endr und andir nach der kons. bzw. i-Dekl.
(ebd. § 416, 4), nnorw. ndän. nschwed. and f.,
pl. ender bzw. ænder, änder. Aus diesen einzel-
sprachlichen Varianten ergeben sich folgende
germ. Grundformen: *aniđ-, *anađ-, *anuđ-
mit dem in Mittel- und Ableit.silben häufigen,
wohl sekundär entwickelten germ. Ablaut i : a :
u (s. Noreen, Urg. Lautlehre 64); die Wirkun-
gen der schwächer betonten Vokale spiegeln
sich vielleicht in den Stammsilbenvokalen. Ur-
sprünglich ein kons. St. auf -t ist das Wort, wie
so oft (vielleicht auf dem Weg über die u-
Klasse wie im Slawischen), in die i-Dekl. einge-
reiht worden; da der Ton nicht auf dem Vokal
der unmittelbar voraufgehenden Silbe lag, so
wurde idg. -t- nach Verners Gesetz zu germ. -đ,
westgerm. -d und ahd. -t.

Fick III (Germ.)⁴ 11; Holthausen, As. Wb. 3; Lasch-
Borchling, Mndd. Handwb. I, 1, 108; Schiller-Lübben,
Mndd. Wb. I, 107; Verdam, Mndl. handwb. 18;
Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 148; Doornkaat Kool-
man, Wb. d. ostfries. Spr. I, 44 f.; Holthausen, Ae. et.
Wb. 91; Bosworth-Toller, AS Dict. 251; ME Dict.
EF, 118; OED III, 2, 157; Vries, Anord. et. Wb.² 687;
Jóhannesson, Isl. et. Wb. 26; Holthausen, Vgl. Wb. d.
Awestnord. 358; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 27;
Torp, Nynorsk et. ordb. 5; Hellquist, Svensk et. ordb.³
19.

Auch außergerm. Verwandte sind weitverbrei-
tet und durch Ablautsvarianten und verschie-
dene Stammesklassen charakterisiert, sodaß
man das Wort für Ente sowie den damit be-
zeichneten Wasservogel wohl zum ältesten idg.
Erbe zählen darf (mit leichter Modifizierung:
H. Kuhn, Zfvgl.Spr. 71 [1954], 146). Den germ.
Formen am nächsten, gleichfalls auf die zweisil-
bige Basis *anǝt- zurückweisend, steht lat. anas,
und zwar so sehr, daß in den lat.-ahd. Gl. Be-
lege wie anata Gl. 3, 27, 49, oder aneta, 5, 49
Anm. 28, nicht mit Sicherheit der einen oder
anderen Sprache zuzuweisen sind (Ahd. Wb. I,
517
); in der Mittelsilbe von lat. ani-, anatem ge-
hen lautgesetzlich aus a (< idg. *ǝ) reduziertes
-i- und das in Anlehnung an die Stammsilbe
wiederhergestellte -a- nebeneinanderher, s.
Sommer-Pfister, Lat. Laut- u. Formenlehre⁴ 89.
(Vgl. auch den Versuch, auf laryngaltheoreti-
scher Grundlage, die Entwicklungsphasen bes.
der germ. und lat. Formen zu rekonstruieren,
bei E. P. Hamp, Zfvgl.Spr. 92 [1978], 29 ff.)

Im Baltischen ist das Wort mit Synkope des ǝ
zweisilbiger Basen (wie üblich im Balt.-Slav., s.
Brugmann, Grdr.² II, 1, 171; Hirt, Idg. Gr. II,
116 f.) zu den i-St. übergegangen, lit. ántis,
apreuß. antis, während die slav. Entsprechun-
gen phonologisch und morphologisch sehr ver-
wickelt sind: urslav. *tь, aruss. utovь (akk.),
nruss. utka (< *tka mit -ka-Suffix), bulg.
utva, serbo-kroat. ȕtva.

Wesentlich problematischer sind die im Griech.
und Aind. überlieferten Formen. Wenn wir mit
Hirt, Idg. Gr. II, 134 und Schwyzer, Gr. Gram.²
I, 361 gr. *νᾱτ- als die lautgesetzliche Vertre-
tung einer reduzierten idg. Basis *ьnǝt- (de
Saussures und Brugmanns n̥̄t- [**HnHt-])
akzeptieren, so dürften att. νῆττα, ion. νῆσσα,
böot. νᾶσσα (Aristophanes) wohl mit -a-Er-
weiterung, wie so viele griech. Tiernamen, auf
ein vorgr. *νᾱτα zurückgehen (obwohl E. P.
Hamp. a.a.O., für -u- statt -i- plädiert, aber vgl.
die komplizierten intern-griech. Verhältnisse
bei G. Meyer, Gr. Gram.³ 367 ff.). Derselbe Ur-
sprung ist möglich für das anl. lange ā- von
aind. ātí- f. ein Wasservogel (Hirt, a.a.O. II,
126), obwohl die Bed. nicht präzis genug ist
und die einzige lautliche Parallele in aind. jāti-
Geschlecht, Art, jāta- geboren, gr. -γνητό-ς
geboren besteht. So konkurriert noch immer
eine zweite Möglichkeit, die zuerst von Tamm,
Et. svensk ordb. 8 vorgeschlagen und auch von
J. Charpentier, Zfvgl.Spr. 40 (190506), 423 gut-
geheißen worden ist, nämlich daß aind. ātí-
sich lautlich einwandfreier mit anord. ǽðr f.
Eidergans < germ. *ǣđi- < idg. *ētí- decke;
auch Mayrhofer scheint skeptisch gegenüber
einem Zusammenhang des aind. Wortes mit der
Grundform von ahd. anut (K. et. Wb. d. Aind.
I, 72 f.).

Darüber hinaus sei betont, daß die Verknüpfung der
ganzen Sippe mit lat. nā-re, gr. νήχω schwimmen,
gegen die schon Grimm, Dt. Wb. III, 509 seine Be-
denken hatte, fern bleiben muß, da es sich hier um die
idg. Wz. *snā- handelt, wie sie in aind. snā-ti badet
sich
, air. snāim schwimme zum Ausdruck kommt.

Walde-Pokorny I, 60; Pokorny 41 f.; Walde-Hof-
mann, Lat. et. Wb. I, 44; Ernout-Meillet, Dict. ét. lat.
31; Trautmann, Balt.-Slav. Wb. 10; Fraenkel, Lit. et.
Wb. 11 f.; Vasmer, Russ. et. Wb. III, 193; Miklosich,
Et. Wb. d. slav. Spr. 224; Frisk, Gr. et. Wb. II, 317 f.;
Boisacq, Dict. ét. gr.⁴ 670; Chantraine, Dict. ét. gr.
752 f.

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