barm, parm m. a-St. ‚Schoß (von Frau oder
Mann), sinus, gremium‘; auch ‚Busen, Brust‘
〈einmal mit Sproßvokal parame dat. sg., Gl. 2,
652, 25 (11. Jh. obd., s. Braune, Ahd. Gr.¹³
§ 69 b)〉. — Mhd. barm (auch barn) st. m.
‚Schoß‘. — Das Wort ist in der Hochsprache der
Gegenwart nicht mehr gebräuchlich (Homo-
nymenfurcht? s. u.); auch in den Mdaa. scheint
es nicht weiterzuleben, s. die wenigen, weitzu-
rückliegenden Belege bei Schmeller, Bayer.
Wb.² I, 278 und Fischer, Schwäb. Wb. I, 648.
Ahd. Wb. I, 815 f.; Schützeichel³ 12; Starck-Wells 42;
Graff III, 154; Schade 41; Lexer I, 129; Benecke I,
142; Dt. Wb. I, 1134.
Ahd. barm hat seine lautlichen und meist auch
bedeutungsmäßigen Entsprechungen fast in al-
len Dialekten (soweit nicht ähnlichklingende
Vokabeln für ‚Hefe‘ oder ‚[tragende] Sohle ei-
nes Dammes‘ damit konkurrieren): as. barm
‚Schoß‘ (mndd. barm[e], berme m. ‚Hefe‘, eigtl.
‚was hebt oder [auf]trägt‘); (mndl. nndl. barm,
berm ‚Deichrand‘); afries. barmbracco ‚Schoß-
hund‘ (Lex Frisionum 8. Jh.), (nostfries. barm,
berm[e] f. ‚[tragende] Sohle des Deichs‘); ae.
bearm ‚Schoß, Busen, Brust, Inneres‘, me. barm,
auch berm, bearm (schwerlich skand. Lehnw., s.
Björkman, Scand. Loanwords 230), ne. barm
(heute veraltet, daneben noch berm(e) ‚narrow
ledge, ridge of gravel piled up‘); aisl. barmr
‚Schoß; Busen; Mitte des Netzes‘ (davon abge-
leitet anord. barmi [< *ga-barman] ‚Milch-
bruder‘, nnorw. mdartl. barme ‚Junges vom sel-
ben Wurf‘), nskand. barm ‚dss.‘; auch finn.
parma (pa[a]rmas) ‚sinus inter mammas, gre-
mium‘ ist nordgerm. Lehnwort; got. barms (=
κόλπος) ‚Schoß; Busen‘ (i-St., s. Streitberg,
Got. El.buch § 152 Anm. 3 a).
Fick III (Germ.)⁴ 260; Holthausen, As. Wb. 5; Sehrt,
Wb. z. Hel.² 39 f.; Berr, Et. Gl. to Hel. 42; Lasch-
Borchling, Mndd. Handwb. I, 1, 222; Schiller-Lübben,
Mndd. Wb. I, 153; Verdam, Mndl. handwb. 55;
Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 52; Vries, Ndls. et. wb.
46 f.; Richthofen, Afries. Wb. 664; Doornkaat Kool-
man, Wb. d. ostfries. Spr. I, 107 f.; Holthausen, Ae. et.
Wb. 18; Bosworth-Toller, AS Dict. 72; Suppl. 65;
Siebs, Z. Gesch. d. engl.-fries. Spr. 40; ME Dict. A—B,
652; OED I, 674. 812 (berm[e]); Vries, Anord. et.
Wb.² 27; Jóhannesson, Isl. et. Wb. 612; Holthausen,
Vgl. Wb. d. Awestnord. 12; Falk-Torp, Norw.-dän. et.
Wb. 51; Torp, Nynorsk et. ordb. 17; Hellquist, Svensk
et. ordb.³ 31; E. N. Setälä, Finn.-Ugr. Forsch. 13 (1913),
422; Thomsen, Einfluß d. germ. Spr. II, 205; Feist, Vgl.
Wb. d. got. Spr. 81 f.
Kein Zweifel, diese germ. Varianten gehen alle
auf eine Grundform *barma-z zurück (bestätigt
durch das entlehnte finn. pa[a]rma[s]), dessen
ursprl. Bed. wohl ‚der (tragende) Mutterschoß‘
war, wie auch noch im älteren Dänisch und wie
aus anord. barmi ‚von demselben Mutterleib‘
(s. o.) zu erschließen. Formal kann es sich nur
um eine mit -mo-Suffix gebildete Ableitung der
idg. Wz. *bher- im Sinne von ‚tragen, gebären‘
handeln (→ beran und vgl. Brugmann, Grdr.² II,
1, 125; H. Hirt, IF 32 [1913], 286 f.). Auch fehlt
es außergerm. nicht an parallelen Bildungen,
doch ist zu betonen, daß sie sich bedeutungs-
mäßig allesamt und meist auch in morphologi-
schen Einzelheiten von germ. *barma-z unter-
scheiden; der Ansatz einer schon idg. Grund-
form *bhor-mo-s mit der Bed. ‚tragender Mut-
terleib‘ ist also kaum zu rechtfertigen.
Selbst im Falle des phonologisch damit identi-
schen gr. φορμός ‚Tragkorb‘ sah sich W.
Schulze, Quaest. epicae 110 ff. (und ihm folgend
Specht, Ursprung d. idg. Dekl. 182) veranlaßt,
dem Sachgehalt zuliebe auf die bei Hesych ver-
zeichnete Glosse φάραι ⋅ ὑφαίνειν, πλέκειν ‚we-
ben, flechten‘ und auf gr. φᾶρος ‚Tuch, Lein-
wand‘ auszuweichen, eine doch wohl über-
spitzte Konsequenz (s. Frisk, Gr. et. Wb. II,
1037); so sind auch die Versuche von Persson,
Stud. z. Wurzelerw. 286 f. und Beitr. z. idg.
Wortf. 14 ff., gr. φορμός von einer idg. Wz.
*bher- im Sinne von ‚hervorstehen‘ abzuleiten,
kaum überzeugend (s. Walde-Pokorny II, 156
und 162; Pokorny 131). Im Aind. entspricht
weitgehend — aber wiederum nicht in der Be-
deutung — das nomen actionis bhárman- n. ‚Er-
haltung, Ernährung, Fürsorge‘ — formal iden-
tisch mit gr. φέρμα ‚Ertrag, Leibesfrucht‘, „je-
doch ohne ursächlichen Zs.hang“, Mayrhofer,
K. et. Wb. d. Aind. II, 481 (während lat. ob-feru-
menta wohl sekundär vom Verbalstamm abge-
leitet ist, s. Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. I,
484). Andererseits finden auch aind. bhárman-
und gr. φέρμα in aksl. brěmę, atschech. břiemě,
aruss. berémja (< *bhẹrǝm- oder *bhērm-)
‚Last, Bürde‘ ihr Gegenstück, während arm.
beṙn (gen. sg. beṙin n-St.) mit gr. φερνή ‚Mit-
gift‘ gleichgestellt wird, s. Godel, Class. Arm.
§ 3. 142 d. — Semantisch noch weiter entfernt ist
das lautlich kaum zu trennende alb. barmë f.
(< *bhorm?) ‚die innere Lage der Baumrinde‘,
s. S. E. Mann, Lang. 17 (1941), 19.
Walde-Pokorny II, 156; Pokorny 131; Mayrhofer, K.
et. Wb. d. Aind. II, 481; Frisk, Gr. et. Wb. II, 1037;
Boisacq, Dict. ét. gr.⁴ 1021 f.; Meyer, Et. Wb. d. alb.
Spr. 28. 35; Hübschmann, Arm. Gr. I, 429; Berneker,
Slav. et. Wb. I, 50 f.; Sadnik-Aitzetmüller, Vgl. Wb. d.
slav. Spr. Nr. 238 b; Vasmer, Russ. et. Wb. I, 77.