bidriozan
Volume II, Column 783
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bidriozan st. v. II, nur Gl., Notker: über-
drüssig sein, Widerwillen empfinden, taedere,
pigere, pertaedere
als unpersönliches Verb mit
Akk. der Person und Gen. der Sache Var.: pe-
driezzen. Im Mhd. und ält. Nhd. ist auch
das Simplex driezen drängen, treiben, drohen
bzw. drieszen verdrießen (Schottel) belegt.
Ahd. bidriozan stellt sich zu Verben des Typs
mhd. sich bejagen sich beschäftigen, sich berâ-
ten mit sich zu Rate gehen, sich bedenken,
die ebenfalls mit der Fortsetzung von *i- im
Sinne von zu, an, hin, nach ( b) verbunden
sind und mit Gen. der Sache und Akk. der Per-
son konstruiert werden (Wilmanns, Dt. Gr. II
§ 136). Im Nhd. entspricht bedeutungsmäßig
das Präfixverb verdrießen.

Splett, Ahd. Wb. I, 152; Schützeichel⁴ 93; Starck-
Wells 108; Graff V, 247 ff.; Schade 111; Lexer I, 142.
462. 470; Benecke I, 396; Diefenbach, Gl. lat.-germ.
434 (pigere). 575 (tedet); Dt. Wb. II, 1409; Kluge²¹
812; Kluge²² 758; Pfeifer, Et. Wb. 1891 f.

Das Präfixverb bidriozan ist auf das Ahd. be-
schränkt. Mit anderen Präfixen hat -driozan
Entsprechungen in weiteren germ. Sprachen: as.
part. prät. athrotan pertaesum, otiosum, mndd.
vordrēten verdrießen, zu viel werden, ärgern;
mndl. verdrieten, verdriten unangenehm be-
rührt sein
, nndl. verdrieten verdrießen; ae.
aðrēotan plagen, ermüden; got. usþriutan (nur
Präs.-Formen) schmählich behandeln. Auch
anord. þrjóta st. v. aufhören, ermangeln, miß-
lingen
, nisl. þrjóta, fär. tróta, nnorw. trjóta,
nschwed. tryta, ält. ndän. tryde können auf ei-
nem Präfixverb beruhen, da im Nordgerm. die
Präfixe bis auf wenige Reste geschwunden sind
(Heusler, Aisl. El.buch⁷ § 123). Zugrunde liegt
ein st. Verb urgerm. *þreutan-.

Fick III (Germ.)⁴ 194; Seebold, Germ. st. Verben
523 f.; Holthausen, As. Wb. 79; Wadstein, Kl. as.
Spr.denkm. 170; Gallée, Vorstud. z. e. andd. Wb. 15;
Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. I, 1, 803; Schiller-
Lübben, Mndd. Wb. V, 345; Verdam, Mndl. handwb.
657; Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 730; Vries, Ndls. et.
wb. 772; Holthausen, Ae. et. Wb. 369; OED² XVII,
998; Oxf. Dict. of Engl. Et. 919; Vries, Anord. et.
Wb.² 622; Jóhannesson, Isl. et. Wb. 459; Holthausen,
Vgl. Wb. d. Awestnord. 319 f.; Torp, Nynorsk et. ordb.
807; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 1229; Feist, Vgl. Wb.
d. got. Spr. 535 f.; Lehmann, Gothic Et. Dict. U-60;
C. C. Uhlenbeck, PBB 30 (1905), 321.

Da die Bedeutungen der Präfixverben durch die
Präfixe modifiziert sein können, sind die Bedeu-
tungen drängen, treiben, drohen des Simplex
mhd. driezen der Ausgangspunkt für den An-
schluß von urgerm. *þreutan- an lat. trūdō sto-
ße, dränge, treibe
(< *tredō); alb. treθ ver-
schneide (Menschen und Tiere)
< stoßen (vom
Zerstoßen, Zerdrücken der Hoden)
; mkymr.
cythruđ quälen, godruđ wild, gorthruđ Be-
drückung
(< *-tredo-); vgl. die Bedeutungen
des auf der Basis von urgerm. *þreutan- gebil-
deten Verbs ahd. drûsten auspressen, ausdrän-
gen
(s. d.), anord. þrsta klemmen, drücken.
Von der Bedeutung her ferner stehen aksl. trudъ
m. Mühe, Anstrengung (< *trada-), truditi s
(-d, -dii) sich mühen, bemühen, arbeiten;
lit. trisas m. mühevolle Arbeit, Vielgeschäftig-
keit
.

Walde-Pokorny I, 755; Pokorny 1095 f.; Walde-Hof-
mann, Lat. et. Wb. II, 710; Ernout-Meillet, Dict. ét.
lat.⁴ 704; Trautmann, Balt.-Slav. Wb. 326; Sadnik-
Aitzetmüller, Handwb. z. d. aksl. Texten 139. 322;
Vasmer, Russ. et. Wb. III, 143; Fraenkel, Lit. et. Wb.
1126 f.; Meyer, Et. Wb. d. alb. Spr. 435; J. Loth, Rev.
celt. 41 (1924), 226 ff.; Persson, Beitr. z. idg. Wortf.
444 (jedoch Verbindung von ahd. -driozan usw. mit
mhd. striuzen sträuben, spreizen; drozza, drozzên?
drozzôn?).

S. auch drôzen, drûsten, unirdrozzan.

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