birka
Band II, Spalte 97
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birka f. jō- oder jōn-St., nur Gl.belege,
sämtliche im Nom. Sg. (zu den vielfachen Be-
rührungen und Übergängen zwischen den bei-
den Dekl.klassen s. Braune, Ahd. Gr.¹⁴ § 208
Anm. 2. 210 Anm. 3. 225 Anm. 1. 226 Anm. 2):
Birke, Weißbirke, betulla(nea), vibex, penosa
(Betula alba oder verrucosa L.); Hainbuche,
arbutus, carpenta, myrica
(Carpinus betulus
L.). Der auf idg. -g- zurückgehende Guttural,
germ. -k-, der in der Stellung nach r keine
Spuren der westgerm. Kons.gemination zeigt
(s. Schatz, Ahd. Gr. § 229 und H. Paul, PBB 7
[1880], 133), wird obd. zur Affrikata, meist ch
geschrieben, im Frk. bleibt dagegen unverscho-
benes k. Während man früher angenommen
hat, daß im Obd. nach Sproßvokal germ. k
zur geminierten stimmlosen Spirans geworden
ist, haben die Untersuchungen von K. Lippe
(Mü. Stud. z. Spr.wiss. 42 [1983], 135 ff.) erge-
ben, daß die postliquide Affrikata zuerst zum
Reibelaut weitergeschoben wurde und erst dar-
auf die Vokalanaptyxe im Obd. scheint der
Sekundärvokal erst im 10. Jh. aufgekommen
zu sein folgte (vgl. Wilmanns, Dt. Gr. I
§ 49, 2). Die Spirans wurde zunächst -hh- ge-
schrieben, später, wie im Falle von p-, biricha
ausnahmslos, mit -ch- und ist so graphisch mit
der Affrikata zusammengefallen.

Im Mhd. ergeben sich die Doppelformen birke
und birche sw. f. In der Hochsprache der Ge-
genwart setzt sich, wie in wirken, Werk oder
Mark, der (aspirierte) Verschlußlaut durch: Bir-
ke (s. Wilmanns, Dt. Gr. I § 49c), während die
Mdaa. zwischen (aspiriertem) Verschlußlaut,
stimmloser Spirans, Affrikata oder Null (wie
z. B. österr. pire[n], bire[n], Kranzmayer, Wb.
d. bair. Mdaa. in Österr. III, 200) schwanken.

Ahd. Wb. I, 1105 f.; Splett, Ahd. Wb. I, 69; Starck-
Wells 58; Graff III, 208; Schade 66; Lexer I, 281; Be-
necke I, 167; Dt. Wb. II, 39; Kluge²¹ 78 f.; Kluge²²
87; Pfeifer, Et. Wb. 178. Vgl. auch Marzell, Wb. d.
dt. Pflanzennamen I, 595 ff. (auch Mdartliches);
Hoops, Waldbäume u. Kulturpflanzen 14 ff.; Hoops
Reallex. I, 287 f.; III², 28 f. Schweiz. Id. IV, 1536 f.;
Ochs, Bad. Wb. I, 235; Fischer, Schwäb. Wb. I, 1131;
Schmeller, Bayer. Wb.² I, 278; Müller, Rhein. Wb. I,
709.

Ahd. birka (< *erk-jō[n]) hat seine Entspre-
chungen in fast allen germ. Dialekten; doch
konkurrieren mit den Ableit. auf -jō(n), die
wohl insbesondere bei Baumnamen häufige Ad-
jektivierungen fortsetzen (s. u.), reine -ō(n)-
Stämme (hierher nach Schatz, Abair. Gr. § 46,
bair. Perahhah Birkenwald); vgl. ahd. buohha
(< *-ōn-) neben ae. bēce (< *-jōn-) Buche (
buohha): spätas. birke (Gl. 3, 720, 41; 13. Jh.),
mndd. berke; mndl. berke, nndl. berk; ae. beor-
c(e) m.f. (< *erkō) (auch Runenname für B),
neben bi(e)rce, birciae Epin. Gl. (< *erkjō),
me. birch(e), auch birk(e), breche, ne. birch
(dial. birk); aisl. bjrk, nnorw. bjerk, bjørk,
ndän. birk (verdankt sein i wohl dem kollekti-
ven ja-St. -birki n.), nschwed. björk; dazu mit
n-Erweiterung aisl. bjarkan n. a-St. Runenna-
me für B
, Noreen, Aisl. Gr.⁴ § 95, 3a; fürs Got.
begegnet der entsprechende Baumname nicht in
Wulfilas Text, dagegen findet sich die dem aisl.
bjarkan nahestehende n-Ableit. bercna Name
der B-Rune
im got. Runenalphabet der sog.
Salzburg-Wiener Alkuin-Hs. (Cod. Vindob.
795), s. Feist, Vgl. Wb. d. got. Spr. 87 (mit Lit.);
Lehmann, Gothic Et. Dict. B42; Braune-Eb-
binghaus, Got. Gr.¹⁸ § 4; Jellinek, Gesch. d. got.
Spr. § 12; Krause, Handb. d. Got.³ § 13. 48; Th.
v. Grienberger, PBB 21 (1896), 202.

Fick III (Germ.)⁴ 264; Holthausen, As. Wb. 7 (birki-
thi n. Birkenwald); Lasch-Borchling, Mndd.
Handwb. I, 1, 221; Verdam, Mndl. handwb. 77;
Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 51 f.; Vries, Ndls. et. wb.
46; Holthausen, Ae. et. Wb. 20. 23; Bosworth-Toller,
AS Dict. 85. 102. 138; Suppl. 79. 92; ME Dict. AB,
876; OED² II, 213; Oxf. Dict. of Engl. Et. 96; Vries,
Anord. et. Wb.² 41; Jóhannesson, Isl. et. Wb. 623.
639; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 18; Falk-
Torp, Norw.-dän. et. Wb. 74 f.; Torp, Nynorsk et.
ordb. 26; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 45.

Aus dieser Übersicht ergeben sich für den Na-
men der Birke die germ. Grundformen *erk-
ō(n) sowie *erk-jō(n), die auf eine idg. Basis
*bherǝ- (: *bhrē-) [**bherH-; **bhreH-] zu-
rückzuführen sind (s. Persson, Beitr. z. idg.
Wortf. 689 Anm. 1), und demnach die (mit ih-
rer Rinde) weißglänzende
bedeuten; vgl. die
Bedeutung des zugehörigen Verbs aind. bhrja-
glänzen, strahlen (T. Gotō, Sitz.ber. d. Akad. d.
Wiss. in Wien 489, 18 [Wien, 1987], 233);
beraht. Auch außergerm. Verwandte dieser
Baumbezeichnung sind in einem Maße vertre-
ten, das den Namen der Birke (wie auch etwa
den der Buche und Eiche) der idg. Grundspra-
che zuweist und kulturgeschichtliche Folgerun-
gen für die Urheimat der Indogermanen gestat-
tet (vgl. Schrader, Sprachvergleichung u. Urge-
schichte³ 127 ff.; P. Thieme, Heimat d. idg. Ge-
meinsprache, Akad. Mainz, Geisteswiss. Kl.
1953, Nr. 11, S. 548).

Da ist aind. bhūrjá- m. eine Art Birke (<
*bhr̥̄-; zur Schwundstufe s. u.). Zwar fehlt das
Wort im Avestischen, doch ist im Osset. ein of-
fensichtlich verwandtes bærz(æ) Birke be-
zeugt. Im Griech. ist das Wort nicht vorhanden,
da die Birke dort nicht gedeiht; im Italischen
dagegen, wo die Weißbirke gleichfalls nicht hei-
misch ist, hat sich die dafür übliche Bezeich-
nung erhalten, und zwar als frāxinus (< *frāg-s-
enos) neben farnus (< *farg-s-nos), zur Be-
zeichnung der Esche (Pokorny 139: beide viell.
aus idg. *bh(e)-); in beiden Fällen wird eine
Adj.bildung zu einem Substantiv vorliegen, wie
es ja gerade bei Baumnamen besonders häufig
vorkommt ( horn und vgl. Osthoff, Et. Parer-
ga I, 181 ff.; E. Fraenkel, Glotta 4 [1913], 45 ff.;
eine wenig überzeugende Erklärung des -s- in
frāxinus [< *frāg-osinus] bei O. Szemerényi,
Glotta 38 [1959], 225 ff.). Im slav.-baltischen
Raum, wo die Birke nicht weniger gut gedeiht
als auf altgerm. Boden, finden wir nahver-
wandte Ausdrücke zur Bezeichnung der Birke,
und zwar gleichfalls Abkömmlinge von Varian-
ten mit und ohne -j-: zu den letzteren (< *bhe-
ā) gehören russ. bërza (und davon abgeleitet
Berezina, der Name des Flusses), serbo-kroat.
brȅza, tschech. bíza, poln. brzoza, zu den Va-
rianten mit -j- (< *bherǝā) lett. brze, apreuß.
berse (Elbinger Voc. 600); dazu kommen noch
Mask. wie lit. béras, lett. brzs. Nicht genug,
haben sich gerade im Baltischen Ableit. mit
Schwundstufe gebildet wie lit. bìr (dial. -is),
lett. bizs (auch bize) mit der kollektiven Bed.
Birkengehölz. Für das Illyrische endlich hat
man einen dakischen Ortsnamen wie Bersovia
als Zeugnis des Birkennamens wahrscheinlich
gemacht (s. Pauly-Wissowa, Realenzykl. III,
318; P. Kretschmer, Bezzenberger-Festschrift 94).

Walde-Pokorny II, 170 f.; Pokorny 139; Mayrhofer,
K. et. Wb. d. Aind. II, 514 ff.; ders., Et. Wb. d. Altin-
doar. II, 269 f.; Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. I, 544
(frāxinus). 458 (farnus); Ernout-Meillet, Dict. ét. lat.
252 (nicht ohne Bedenken); Trautmann, Balt.-Slav.
Wb. 32; Berneker, Slav. et. Wb. I, 52; Miklosich, Et.
Wb. d. slav. Spr. 11; Sadnik-Aitzetmüller, Vgl. Wb. d.
slav. Spr. Nr. 136a; Fraenkel, Lit. et. Wb. 40 f.; Müh-
lenbach-Endzelin, Lett.-dt. Wb. I, 292. 299 f.; Traut-
mann, Apreuß. Spr.denkm. 311.

Für das Nebeneinander von vollstufigem
**bherH- und schwundstufigem **bhH- ging
man teils von einem primären Wurzelnomen
**bhérH-s /**bhH-ós aus (Darms, Schwäher
u. Schwager 428 f.), teils nahm man Substanti-
vierung von **bhH-ó- weiß zu **bhérH-o-
an; vgl. den Typ **énH₁-to- Kind neben
**H₁-tó- (s. Mayrhofer, Et. Wb. d. Altindoar.
a. a. O.; anders A. Meillet, MSLP 21 [1920], 40:
der Zusatz eines Sekundärsuffixes habe
Schwundstufe der Stammsilbe zur Folge).

Die Lautverhältnisse im Lat. erklärt P. Schrijver (Re-
flexes of the Proto-Indo-European Laryngeals in Latin
[Amsterdam, 1991], 489) zum einen nach der Glottal-
theorie; zum anderen rechnet er mit einem vor Dop-
pelkonsonanz lautgesetzlichen Laryngalschwund im
Nom. Sg. **bherH-s > **bher-s. Analogisch sei der
Laryngal dann auch im obliquen Stamm **bhH- ge-
schwunden (> **bh-). Im Falle der Vorform von
farnus sei an diesen Stamm dann das Suffix *-no- an-
gefügt worden. * ergibt aber im Lat. normalerweise
or.

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