dahsboumAWB mhd. st.m.: ‚Eibe, Taxus‘ (Taxus
baccata L.). Das Wort erscheint in früherer
Zeit nur in zwei bair. Gl.-Hss. aus dem 13. Jh.
(Gl. 4, 162, 21 dahsbm London Add. 18379;
Gl. 3, 36 Anm. 6 daxpaū Clm 614 [zu den Hss.
s. Simmler, Westgerm. Kons.gemin. 32]). An
der zweiten Belegstelle ist daxpaū über edax
‚gefräßig‘ geschrieben, weshalb dieser Beleg
unsicher ist (E. Björkman, Zfdt. Wortf. 6
[1904/05], 179). Im 14. Jh. findet sich dachs-
paum bei Konrad von Megenberg, ferner im
älteren Nhd. Taxbaum (a. 1777) neben Taxus-
baum und heute noch dial. in Iserlohn, Kreis
Teltow, Taksbom. Als Simplex begegnet
ndrhein. Taks.
Ahd. Wb. II, 26; Splett, Ahd. Wb. I, 90. 123; Starck-
Wells 89; Lexer I, 407; Diefenbach, Gl. lat.-germ. 574
(jedoch keine Erwähnung von dahsboum unter dem
lat. Lemma taxus, sondern nur von boum); Dt. Wb.
XI, 229; Kluge²¹ 774; Marzell, Wb. d. dt. Pflanzenna-
men IV, 659.
Im Nndl. entspricht taksboom. Ein synonymes
Kompositionshinterglied weist ndän. taksustræ
(a. 1743), takstræ (a. 1774) auf. Simplizia sind
nndl. taksis, ndän. taks (a. 1770—1948), tagsel,
takst; vgl. ferner frz. tassou, italien. tasso, rum.
tiša. Die aus dem Lat. entlehnte Baumbezeich-
nung taxus ist im Dt., Nndl. und Ndän. durch
Wörter für ‚Baum‘ verdeutlicht worden. Das lat.
taxus der Glossen bezeichnet aber nicht nur die
Eibe, sondern auch andere immergrüne, für den
„Palm“ verwendete Sträucher wie Buxus semper-
virens und Ilex aquifolium. Da in Anbetracht
der Belegformen nicht mit einer Entlehnung von
taxus vor der hd. Lautverschiebung zu rechnen
ist, ist anzunehmen, daß im Mhd. d an die Stelle
des lat. anlautenden t wie in mhd. dôn (neben
tôn) ‚Melodie, Lied, Gesang‘ < lat. tonus getre-
ten ist (Paul, Mhd. Gr.²³ § 148).
An mhd. dahsboum ‚Eibe‘ lautlich anklingende Wörter
sind bair. dächsen ‚Äste und Zweige, bes. von Fichten
und Tannen, dann von Föhren, Lerchen, Eiben, Wa-
choldersträuchen‘, dächsbâum ‚Nadelbaum‘, dächsbo-
schen, dächskoppen ‚Nadelstrauch‘, dächsach, dächsicht
‚Nadelgehölz‘, sâmdächsen ‚Nadelbaum‘, die wie
dächsen usw. zu spätmhd. dehse sw. f. ‚Fichte‘, pl. deh-
sen ‚Nadelholzzweige, -äste‘, steir. dachse, tasse f.
‚kleines Nadelholz, bes. Fichtenbaum, Nadelholz-
zweig‘, pl. dachsen ‚Geäste von Nadelholz‘, tässern
‚Nadelzweige zur Stallstreu‘, dachsach, dächsach,
dachsicht, gedächs, gedachs ‚Gestrüpp von Nadelholz‘
(Unger-Khull, Steir. Wortschatz 135), kärnt. taksn, pl.
tāsn ‚Nadelholzzweige‘, gǝdaks ‚Dickicht, Gestrüpp‘
(P. Lessiak, Mda. v. Pernegg [Marburg, 1963], 54, 1.
105, 2. 118, 3) gehören. Da die Nadeln den Winter
über an den Zweigen haften bleiben und die Zweige so
zum Zudecken von nicht winterharten Pflanzen, von
Wasserröhren, Brunnen gegen Frost usw., aber auch
zum Bedecken des kalten Stallbodens verwendet wur-
den, könnte man mhd. dehsen, bair. dächsen ‚Nadel-
holzzweige‘ zu der Wz. urgerm. *þak- ‚(be-)decken‘
(→ dah, decken) stellen (G. Weitzenböck, ZMF 13
[1937], 21 ff.) und eine Vorform *þahsō (zur Wortbil-
dung vgl. anord. fax n. ‚Mähne‘, ahd. fahs n. ‚Haar‘ <
*fah-sa-; s. Krahe-Meid, Germ. Sprachwiss. III § 135)
voraussetzen. Zu der Grundbedeutung ‚Bedeckendes‘
für *þahsō würden dabei die Bedeutungen der zuge-
hörigen Wörter anord. þak ‚Birkenrinde‘, nnorw. dial.
tak ‚Deckstoff, Birkenrinde‘, ne. thatch ‚Strohdach‘
passen. Von der Bedeutung her weniger wahrschein-
lich ist der von Schmeller, Bayer. Wb.² I, 482 ange-
nommene semantische Ausgangspunkt „landwirt-
schaftliches Ab- und Kleinhauen“ der Zweige und da-
mit Anschluß an bair. dehsen ‚linum frangere, den
Flachs schwingen, brechen‘, dechsel ‚Deichsel‘. Von
mhd. dahsboum ‚Eibe‘ sind bair. dächsen usw. jeden-
falls zu trennen. Denn es wäre merkwürdig, wenn im
Bair. ein altes Wort (dächsbâum) für die früher viel
häufigere Tanne oder Fichte durch ein roman. Wort
ersetzt und auf Tanne und Fichte übertragen worden
wäre.