dampf
Volume II, Column 513
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dampf m. a-St., nur in Gl.: Dampf, Rauch,
Dunst, vapor
Var.: dampf 10. Jh., bair. auch
vorwiegend d- (Gl. 3, 328, 37 t-, Wien Cod.
2723. 2732 usw.), damph (Gl. 1, 643, 36; 4, 414,
13; damth Gl. 1, 643, 38 ist eine Verschrei-
bung); damf (Gl. 1, 643, 36), tamph (14. Jh.).
Mhd. dampf (vereinzelt tampf, z. B. bei Kon-
rad von Würzburg [zu t neben d im Mhd. s.
Paul, Mhd. Gr.²³ § 148, 1 und firdamnôn]);
an Synonymen für mhd. dampf kommen brâ-
dem, swadem, rouch vor; nhd. Dampf.

Ahd. Wb. II, 32; Splett, Ahd. Wb. I, 124; Starck-
Wells 89. 839; Graff V, 141 f.; Schade 95; Lexer I,
408; Benecke I, 331; Diefenbach, Gl. lat.-germ. 606;
Dt. Wb. II, 714 ff.; Dt. Wb.² VI, 170; Falk-Torp,
Norw.-dän. et. Wb. 175; Kluge²¹ 121. 147; Kluge²²
127; Pfeifer, Et. Wb. 254.

Wegen der d-Schreibung in bair. Quellen des
10. Jh.s (s. o.) setzt man für das Ahd. eine Vor-
form mit *þ-, also ein *þampa-, an (z. B.
F. Kluge, Glotta 3 [1912], 280; Schatz, Ahd.
Gr. § 193). Ist dieser Ansatz korrekt, so kommt
nur die Wz. uridg. *temǝ- [**temH₁-] dunkel
als Ausgangspunkt in Frage; demar. Da bei
dieser Wz. keine labialhaltige Wz.-Erweiterung
bezeugt ist, müßte man annehmen, daß *temǝ-
nach dem Vorbild von *dhembh- (s. u.) zu
*tembh- (s. u.) umgebildet worden ist, woraus
sich dann im Germ. eine sekundäre Wz.-Form
*þemp- mit auslautendem *p entwickelt hat
(dazu s. u.). Die außerahd. Entsprechungen so-
wie die Varianten mit der Fortsetzung eines ur-
germ. *- weisen jedoch allein auf eine Wz. mit
einem anlautenden urgerm. *đ (s. u.). Gilt dieser
Ansatz auch für das Ahd., so handelt es sich im
Obd. um eine phonologische Unregelmäßigkeit
(zur Seltenheit der Schreibung d für t im Bair. s.
Braune, Ahd. Gr.¹⁴ § 163 Anm. 5), die durch die
Angleichung von d, g an Starkverschlußlaute
im Wortinnern verursacht und so zu inversen
Schreibungen geführt haben könnte. Zugunsten
der Annahme, daß bei den frühen bair. Gl.-Be-
legen eine sekundäre Entwicklung von t zu d
vorliegt, könnte man mhd. südbair. tmpf an-
führen (zur Bewahrung des alten Unterschieds
zwischen etymologischem d- und t- im Südbair.
s. Kranzmayer, Hist. Lautgeographie § 28b. 27 c 4
[jedoch anders zu bair. dampf; ebenso Wein-
hold, Bair. Gr. § 140]) und den aus dem 10./
11. Jh. stammenden bair. Beleg tampfo;
dampfo. Auffallend bleibt aber, daß bei dem
Verb dempfen die Schreibung themfen (s. d.)
vorkommt, was vielleicht doch auf einer Vermi-
schung mit der Wz. von demar beruht.

Unter einer Vorform *đampa- werden mit ahd.
dampf gleichgesetzt: mndd. damp m. Dampf,
Engbrüstigkeit; Rückstände beim Reinigen des
Münzmetalls; Bedrängnis
; mndl., nndl., nost-
fries. damp Dampf, Rauch, heißer Dunst; me.
damp (seit dem 14. Jh.) Schwaden in einer Koh-
lengrube
, ne. damp Dunst, Feuchtigkeit, Läh-
mung
(nisl. dampi m., dampr m. Dampf und
ndän. damp Dampf, Dunst sind aus dem
Mndd. entlehnt). Urgerm. *đampa- ist eine ab-
lautende Bildung zu einem st. v. urgerm. *đim-
pan-, das im Mhd. als dimpfen dampfen, rau-
chen
fortgesetzt ist (Lexer I, 433; unbegründet
Kluge²²: mhd. dimpfen sei eine nur mhd. Rück-
bildung). Das Nebeneinander eines st., ursprl.
e-stufigen Verbs und eines ursprl. o-stufigen
Nomen actionis hat zahlreiche Parallelen, z. B.
in ahd. rouh Rauch neben riochan dampfen,
rauchen
, ahd. sang Gesang neben singan (Kra-
he-Meid, Germ. Sprachwiss. III § 68, 2). Die
Fortsetzungen von *đamp- und auch der ablau-
tenden Varianten *đump- und *đimp- sind im
Westgerm. vor allem in der mhd., mndd. und
mndl. Sprachperiode verbreitet; dampfo,
dempfen, dumpfe.

Fick III (Germ.)⁴ 201; Holthausen, As. Wb. 77;
Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. I, 1, 393; Schiller-
Lübben, Mndd. Wb. I, 418; Verdam, Mndl. handwb.
128; Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 105; Vries, Ndls. et.
wb. 105; Doornkaat Koolman, Wb. d. ostfries. Spr. I,
277; ME Dict. C-D, 532; OED² IV, 231; Oxf. Dict.
of Engl. Et. 243; Jóhannesson, Isl. et. Wb. 511 f.; Falk-
Torp, Norw.-dän. et. Wb. I, 135 f.

Neben den Wurzelvarianten *đamp-, *đimp-,
*đump-, die auf ein auslautendes urgerm. *-p
weisen, stehen solche mit der Kontinuante eines
urgerm. *-: spätahd., mhd. timber dunkel,
finster, schwarz
(s. d.); anord. dumba Staub-
(wolke)
, nnorw. damb n. Staub; nschwed. dial.
dimba st. v. dampfen, rauchen, stieben, dimba
Dampf, aschwed. damb Dampf, Dunst,
Rauch
, nschwed. damm Staub, damma stau-
ben, stäuben
. Bei der Vorform von anord.
dimmr und ae. dimm dunkel liegt möglicher-
weise keine Assimilation von mb zu mm vor,
sondern eine Umgestaltung nach *þimma-
dunkel (as. thimm), dessen Doppel-m auf die
Lautverbindung *m + Laryngal zurückgeführt
werden kann; vgl. mit der Kontinuante des so-
nantischen Laryngals ved. támisrā f. dunkle
Nacht
(s. Lühr, Mü. Stud. z. Spr.wiss. 35
[1976], 81. 91 Anm. 47). Bei den Wurzeln
*dhemb- und *dhembh- handelt es sich um Wur-
zelerweiterungen der uridg. Wz. *dhem-, die
vorliegt in: (anord. spät bezeugt dámr m. Ge-
schmack
; nnorw. daam m. Geschmack, Ge-
ruch, Aussehen
?), nnorw. daam dunkel, daa-
ma f. Wolkenschleier; aind. dhámati bläst,
bläst auf, facht an
, npers. damīdan blasen, we-
hen
; gr. θεμερ-ῶπις ernst blickend, Hesych θέ-
μερον σεμνόν ernst, feierlich, mir. deim
schwarz, dunkel, deime f. Dunkelheit.

Die früher unter einer Grundbedeutung davonfliegen
wie der Staub, blasen
verglichenen Wörter toch. A tsä-
mā- wachsen (B tsmetär) lassen sich nur dann auf
eine Wz. mit anlautendem *dh zurückführen, wenn
auf *dh ein * folgt oder wenn *h in *dh dissimilato-
risch geschwunden ist (vgl. toch. A tsārw- sich freu-
en
; darba). Wahrscheinlich gehören diese Wörter
aber zu uridg. *demǝ- oder *damǝ- [**demH₂- oder
**damH₂-] bauen (W. Winter, IF 67 [1962], 26 ff.).

Pokorny 247 f.; Vries, Ndls. et. wb. 105; Vries, Anord.
et. Wb.² 87 (73: die Verbindung von anord. dámr mit
der Wurzel *dhem- wird nicht erwähnt); Jóhannesson,
a. a. O. 511 ff.; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord.
34; Falk-Torp, a. a. O.; Torp, Nynorsk et. ordb. 59;
Rietz, Dialektlexikon ö. svenska allmogesprâket 88;
Hellquist, Svensk et. ordb.³ 134; Mayrhofer, K. et.
Wb. d. Aind. II, 92; Frisk, Gr. et. Wb. I, 660; Chan-
traine, Dict. ét. gr. 427; Fick II (Kelt.)⁴ 147; Holder,
Acelt. Spr. I, 1264; Dict. of Irish D-8; J. Loth, Rev. celt.
45 (1928), 187; Windekens, Lex. ét. tokh. 144.

Der Anschluß an lat. fimus m., fimum n. Mist, Kot,
Dünger
(Fick I [Idg.])⁴ 463; Walde-Pokorny I, 851)
ist abzulehnen, da diese Substantive zu lat. suffīre
räuchern < *dhūe- mit einem gemeinwestidg. Laut-
wandel von *ū [**uH] > ī gehören (Lühr, in Das
Germ. u. d. Rekonstr. d. idg. Grundspr. 30 f. mit
Anm. 40. 42; anders Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. I,
499 f.: -dh-iō).

Weder für die Wurzelform *dhemb- noch für
die Wurzelform *dhembh- gibt es Anschluß an
weiteres idg. Sprachmaterial. Daß die Wz. ur-
germ. *đem- in lit. nom. pl. dùmpls Blase-
balg
, dùmpti wehen, blasen (lit. dumpliúoti
schnaufen, keuchen) eine Entsprechung hat
(Persson, Beitr. z. idg. Wortf. 8) und für die Sip-
pe von Dampf so eine Grundbedeutung blasen,
fauchen
anzunehmen ist (Seebold [Kluge²² 127]
vergleicht die Bedeutungsverhältnisse bei den
baltoslav. Ableitungen von der Wz. *dhwes-, bei
denen u. a. die Bedeutung Ausdünstung vor-
kommt), ist unwahrscheinlich, da p in dùmpls
einen Übergangslaut zwischen m und l darstellt,
der auf dùmpti übergegriffen hat (wegen lit. i-
tas hundert usw. kann -p- kaum in der Laut-
folge -mt- aufgekommen sein; anders Traut-
mann, Apreuß. Spr.denkm. 324 f.). Auch in der
Vorform von spätahd., mhd. timber, *đem-ra-,
kann sich in der Folge *mr ein labialer Gleitlaut
entwickelt haben, sofern die parallele Bildung
*tem-ra- > *tem--ra- > anord. timbr, ae.,
afries. timber, as. timbar, ahd. zimber Bau-
holz
, got. tim(b)rjan zimmern urgerm. Alter
erweist (Kieckers, Handb. d. vgl. got. Gr. § 79, 2)
und nicht b-lose Formen wie got. timrjan auf
einen erst einzelsprachlichen b-Einschub deu-
ten (so Braune-Ebbinghaus, Got. Gr.¹⁹ § 55
Anm. 1). Ist die Bildung mit dem r-Suffix und
dem b-Einschub zwischen m und r jedoch alt,
so mag aus *đem--ra- dunkel eine Wurzel-
form *đem- abstrahiert worden und ein umin-
terpretiertes *đem-ra- so die Ursache für die
Wurzelerweiterung im Germ. gewesen sein
(Lühr, Expressivität 161). Die dem Wort Dampf
zugrunde liegende p-haltige Wurzelform
*đemp- erklärt sich im Germ. am leichtesten mit
der Annahme einer urgerm. Intensivbildung zu
einem bereits urgerm. *đema- (schwed. dial.
dimba), also einem *đumpō-, von der aus wie in
anderen Fällen die stimmlose Tenuis in das st.
Verb (mhd. dimpfen) eingedrungen ist und so zu
den Wurzelvarianten urgerm. *đem- und
*đemp- geführt hat; vgl. etwa aschwed. banka,
bunka klopfen, schlagen; nndd. bunken; nndl.
bonken klopfen, pochen; me. bonchen, bun-
chen schlagen neben anord. banga schlagen,
hämmern
(zum Problem der Übertragung von
Tenues aus Intensiva und Iterativa insgesamt s.
Lühr, a. a. O. 350 ff. 363 f.). Die erwähnten Ver-
ben mndd. dumpen, mndl. verdompen, nndl.
dial. dompen könnten ein solches Intensiv
*đumpō- fortsetzen, sofern die transitive Bedeu-
tung sekundär ist.

Ob das Wort für dumm in einer Grundbedeutung
trübe im Sinne von umnebelt zu der Wz. urgerm.
*đem- gehört, ist unsicher; tumb.

S. auch dampfo.

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