dehsa
Band II, Spalte 564
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dehsa f. n-St., nur in überwiegend bair. Gl.-
Hss. des 12. Jh.s (Gl. 1, 519, 20 Clm 22201,
mfränk.-bair.; 3, 122, 21. 223, 36 Clm 2612,
Wien Cod. 2400 [dêhse]; s. Simmler, West-
germ. Kons.gemin. 31 f.) und in einer fränk.
Gl.-Hs. (Gl. 3, 122, 21 dehsa Bonn UB. S 476
[angebunden an S 183] 13. Jh.): Axt, Gerät
zur Flachsbearbeitung, ascia
. Mhd. dehse
sw. f. Beil, Hacke; Spinnrocken.

In den dt. Mundarten entsprechen ahd. dehsa:
steir. dehse kleine Hacke (tirol. dexe f. dreiek-
kiges Eisen, das einen oberen Mühlstein dreht
).
Dagegen stimmt die Bedeutung von bair. dechse
eingebundener Flachs am Rocken, Spinnrok-
ken
zu mhd. dehse in der Bedeutung Spinnrok-
ken
.

Zu mhd. dehse Spinnrocken stellen sich außer-
halb des Hd. die auf das Nd. (u. Fries.) be-
schränkten Wörter: mndd. dīse f. (dīsene, dīsne
f., dīse[n] m.) Wocken, um den Wockenstock
gewundenes Bündel Flachs, zum Abspinnen zu-
gemessener Flachs
, nndd. dise f. kleines Bündel
Flachs zum Spinnen
; nostfries. dīssen Spinn-
rocken (colus), Wocke, um den Kunkel gewik-
kelter Flachs oder darum gewundene Hede
.

Splett, Ahd. Wb. I, 127; Starck-Wells 92. 798; Graff
V, 124; Schade 98; Lexer I, 416; Benecke I, 311. 330;
Unger-Khull, Steir. Wortschatz 147; Schatz, Wb. d. ti-
rol. Mdaa. 129; Schmeller, Bayer. Wb.² I, 484; Lasch-
Borchling, Mndd. Handwb. I, 1, 434; Schiller-Lüb-
ben, Mndd. Wb. I, 526; Doornkaat Koolman, Wb. d.
ostfries. Spr. I, 302; Dähnert, Platt-Dt. Wb. 79; Dt.
Wb.² VI, 474; Kluge²¹ 124; Kluge²² 130.

Ahd. dehsa geht auf eine nominale Ableitung
der germ. Kontinuante der Wz. uridg. *teþ-
behauen zurück, die aller Wahrscheinlichkeit
nach von der in lat. texō webe, flechte vorlie-
genden Wz. *teks- zu trennen ist ( dahs). Als
Vorform ist entweder ein Nomen agentis *þeχ-
sōn- oder *þaχsijōn- anzusetzen; zur Funktion
vgl. ahd. scaba sw. f. Hobeleisen, Hobel
(E. Wessén, Zur Gesch. d. germ. n-Dekl. [Uppsa-
la, 1914] 8; Wilmanns, Dt. Gr. II § 197; Krahe-
Meid, Germ. Sprachwiss. III § 91, 5. 92, 3).

Die Bedeutung Spinnrocken von mhd. dehse
stimmt zum mhd. st. v. dehsen schwingen,
Flachs schwingen
(schweiz. dechsen mit einem
schwingeähnlichen Eisen, dem texīsen, den ge-
schwungenen Hanf oder Flachs durchklopfen,
schlagen
, schwäb. dechsen den Flachs schwin-
gen, von den Holzteilen befreien
[dechsen pl.
Flachsabfall]; vorarlberg. dechsen Hanf,
Flachs schwingen
[dechse f. Hanf-, Flachs-
schwinge
]); vgl. auch mhd. dehsîsen Eisen zum
Flachs schwingen
, dehsschît Flachsschwinge.

Seebold, Germ. st. Verben 511; Schweiz. Id. XII, 350;
Fischer, Schwäb. Wb. II, 124; Jutz, Vorarlberg. Wb. I,
545 f.

Der Spinnrocken wurde in alten Zeiten mit der
linken Hand gehalten und beim Spinnen, d. h.
beim Ausziehen des Fadens aus dem Spinnrok-
ken, hin und her geschwungen oder geschlagen.
Daher ist eine Verbindung der Wörter der Be-
deutung Spinnrocken oder Flachs schwingen
mit der Wz. *teþ- (be-)hauen möglicherweise
der Verbindung mit der Wz. *teks- flechten
vorzuziehen. Die ursprl. Bedeutung hauen des
Verbs hätte im Zusammenhang mit dem Subst.
dehse so eine Bedeutungsverengung erfahren.

Den e-Laut in mhd. dehse Spinnrocken faßt W. Stein-
hauser (ZMF 30 [1963], 331 ff.) als ä auf und verbin-
det das Wort so mit dem Hinterglied des Wortes Ei-
dechse, das wegen der Mundartformen bair. ādkasl
usw. (mit Sekundärumlaut vor umlauthinderndem hs)
auf eine a-haltige Vorform weisen soll. Von mhd.
dehse aus ist jedoch wie im Falle von ahd. dehsa nicht
zu entscheiden, ob ein *þeχsōn- oder *þaχsijōn- vor-
ausgeht, während das zweite Element in ahd. egidehsa
auf ein *e weist ( egidehsa).

Mhd. dehse kann dann mit ahd. dehsa einer
Herkunft sein, wenn sich bei einer gemeinsamen
Vorform in einem Fall eine aktivische und im
anderen Fall eine passivische Bedeutung (Hau-
er
> Beil bzw. Hin- und Hergeschlagenes >
Spinnrocken) entwickelt hat; zur passivischen
Bedeutung vgl. die Bedeutung Mundbissen von
ahd. snita sw. f. neben den Bedeutungen Ab-
schnitt, Schnitt
(Wessén, a. a. O. 10).

Fick III (Germ.)⁴ 177; Pokorny 44 f. 1059; Walde-
Hofmann, Lat. et. Wb. II, 678.

S. auch dahs, dehs, dehsala.

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