deismo m. n-St., Gl., Bened.regel, Tatian:
‚Sauerteig, Hefe, fermentum‘ 〈Var.: theisemo,
deismen, theismen, deisemen〉. — Mhd. deisme
sw. m. ‚Sauerteig, Hefe‘, frühnhd. deisem, deis-
sam, tesem, deißman, desem, nhd. (im 16. und
17. Jh. häufig) Deisem ‚Sauerteig, Gärmittel
als Stoffbezeichnung‘. In der Schriftsprache
hält sich das Subst. bis ins ältere Nhd.; seitdem
tritt es nur mundartlich, vor allem im Obd.
und Westmd., auf.
Splett, Ahd. Wb. I, 128; Schützeichel⁴ 87; Starck-
Wells 92. 798; Graff V, 231; Schade 98; Heffner,
Word-Index 24; Tatian 455; Lexer I, 416; Benecke I,
311; Diefenbach, Gl. lat.-germ. 230 (fermentum); Dt.
Wb. II, 913 f.; Dt. Wb.² VI, 572. — Schmeller, Bayer.
Wb.² I, 546; Maurer-Mulch, Südhess. Wb. I, 1462;
Müller, Rhein. Wb. I, 1311.
Außerhalb des Ahd. entsprechen mndd. desem
‚Hefe, fermentum, zima, zyma‘; mndl. desem,
deesem, deysom sw. m. ‚Sauerteig‘, nndl. deesem;
ae. ðæsma sw. m. ‚Hefe, Sauerteig‘. Als Vorform
nimmt Fick III (Germ.)⁴ 175 ein *þaisman- m.
‚Sauerteig‘ an (zur Wz.-Form *þais- s. u.). Der
Umlaut im Ae. weist aber auf eine Form *þais-
mijan-, für dessen Bildeweise bislang Parallelen
fehlen. Aus dem Ahd. stellt sich nur das anders
gebildete, aber ebenfalls ein s-Formans enthal-
tende Wort deisc ‚Mist‘ (s. d.) dazu.
Lübben-Walther, Mndd. Handwb. 77; Verdam, Mndl.
handwb. 133; Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 109; Vries,
Ndls. et. wb. 112; Holthausen, Ae. et. Wb. 360. 365;
Bosworth-Toller, AS Dict. 1032.
Wegen des auf ein anlautendes urgerm. *þ wei-
senden Dentals kann ahd. deismo nicht mit dem
Wort Teig zusammenhängen. Grimm, Dt. Wb.
II, 914 hat daher eine Verbindung mit nndd.
deisen ‚sich langsam bewegen‘ (ebenso Lexer,
a. a. O.) vorgeschlagen, weil „der deisam be-
wirkt, daß der teig in die höhe geht, auf-
schwillt“; doch ist die Wortsippe von ahd. deis-
mo altererbt (s. u.). Nach einer anderen Auffas-
sung beruht ahd. deismo auf einer älteren, zu
ahd. dîhan (s. d.) im Sinne von ‚an Gestalt zu-
nehmen‘ gehörigen Form *deihsmo, in der wie
in ahd. mist ‚Schmutz, Kot‘ (got. maihstus), la-
star ‚Lästerung‘ (*lahstar), zeswa ‚die Rechte,
rechte Seite‘ (got. taihswo) in der Gruppe hs vor
Kons. das h im Ahd. durch Assimilation ausge-
fallen ist (Brugmann, Grdr.² I, 2, 712; R. Koe-
gel, PBB 7 [1880], 95; Franck, Et. wb. d. ndl.
taal¹ 170 f.; Braune, Ahd. Gr.¹⁴ § 154 Anm. 5).
Zupitza, Germ. Gutturale 139 f., der ebenfalls
für die Verbindung mit ahd. dîhan eintritt, weist
dabei insbesondere auf aind. (ā-)tanákti ‚macht
gerinnen‘, takrá- ‚Buttermilch‘, lit. tánkus
‚dicht, dick‘, mhd. dîchte ‚dicht‘, got. þāho
‚Ton‘, nhd. dial. deihen ‚dichter werden, trock-
nen‘, wobei die Wz. *tenk- ein uralter Ausdruck
für das Gerinnen von Milch u. dgl. sei.
Wie aber Lidén (Stud. z. aind. u. vgl. Spr.gesch.
39 ff.) ausführt, wird beim Gären des Teiges der
gärende Stoff poröser, flüssiger und leichter,
was gegen die Verbindung mit einem Verb der
Bedeutung ‚dicht werden‘ spricht. Zudem wäre
bei einer zu ahd. dîhan gehörigen Vorform
*þaiχsmijan- im Ahd. *thêhsmo, *dêsmo zu er-
warten; denn der Lautwandel von -aih- zu -êh-
fällt im Ahd. schon ins 7. Jh. (Braune, a. a. O.
§ 43 Anm. 1).
E. Lidéns (IF 19 [1906], 354 ff.) Anschluß an
Wörter für Sauerteig mit einer Vorform *tai̯sto-
ist von Lautstruktur und Bedeutung her am
wahrscheinlichsten. Dagegen ist Vendryes’ (Lex.
ét. de l’irl. anc. T-17) Ansatz vorurgerm. *tai̯st-
mo- für ahd. deismo usw., der sich seiner Mei-
nung nach aufgrund der t-haltigen kelt. Formen
(s. u.) ergibt, unhaltbar: in der Gruppe -stm-
bleibt -t- im Germ. erhalten; vgl. ae. blōstm (ne.
blossom) neben mhd. bluost ‚Blüte‘ (Krahe-
Meid, Germ. Sprachwiss. III § 104, 2).
Die Wörter, die wie ahd. deismo ein s im Wur-
zelauslaut haben, lauten: ksl. těsto, serbo-kroat.
tȉjesto, poln. ciasto ‚Teig‘; air. tōis-renn, taís,
taés ‚massam (farinaceam)‘, mir. taes, nkymr.
toes, nbret. tôaz m. ‚Teig‘ < *tai̯sto- (<
[**teH₂i-s-to-]; s. u.); ferner gr. σταῖς oder
σταίς, gen. σταιτός ‚Weizenmehl mit Wasser
zum Teig angerührt‘; der abweichende Anlaut
*st- im Griech. wird auf Wandel von *tai̯st- >
*stai̯t- unter Einfluß von gr. στέαρ, στέατος
‚Fett, Talg‘ zurückgeführt (Frisk, Gr. et. Wb. II,
775 f.; Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. II, 593)
oder als s-mobile betrachtet (Chantraine, Dict.
ét. gr. 1043; dagegen Boisacq, Dict. ét. gr.⁴
904 f.).
Die zugrundeliegende Wz. bedeutet ‚tauen,
schmelzen (von Eis und Schnee)‘ und erscheint
mit und ohne *i: Die Form *tā- [**teH₂-] be-
gegnet in arm. tՙana- (aorist tՙacՙi) < *t-ā-
[**t-a-H₂-] oder *t--ǝ- [**t--ǝ₂-] ‚etwas
kurz in eine Flüssigkeit eintauchen und benet-
zen; etwas mit etwas benetzen, feucht machen‘;
aksl. tajati, präs. taje/o- ‚(intr.) tauen, schmel-
zen‘; osset. taïn, tayun ‚tauen, schmelzen‘ <
präs. uridg. *tā-i̯e/o- [**teH₂-i̯e/o-]; zur Be-
deutungsvermittlung vgl. die zugehörigen Bil-
dungen auf ursprl. *-i- mit r- bzw. n-Suffix
arm. tՙrem ‚ich knete‘ (Teig) (eigtl. ‚ich mache
weiche Teigmasse‘ < *tՙirem mit *t- <
[**tH₂i-] als Schwundstufe von *ti-
[**teH₂i-] oder [**tiH₂-] (s. u.) bzw. ae. ðīnan
‚feucht werden‘, ðán ‚feucht‘, n. ‚bewässertes
Land‘ < *þai-na- (möglicherweise < *ta-i-no-
mit Schwund von zwischenvokalischem **H₂
[s. u.]; gegenüber anord. þíða ‚tauen, schmel-
zen‘, þíðr ‚aufgetaut‘, wozu Holthausen, Vgl.
Wb. d. Awestnord. 313. 315 ohne weitere Evi-
denz den ON anord. þeist(a) stellt.
Bei den „i-Formen“ handelt es sich um Erweiterungen
von Wurzeln ultimae laryngalis, wie die neben *sei-
[**seH₁i-] ‚nachlassen‘ (got. seiþu ‚Abend‘ < *sei-tu-
[**seH₁i-tu-] ‚das Nachlassen‘) bzw. *sai- [**seH₂i-]
‚binden‘ (ved. sétu- ‚Damm, Brücke‘ < vorurarisch
*sái-tu- [**séH₂i-tu-]) stehenden Wurzeln *sē-
[**seH₁-] (lat. sērus ‚spät‘ usw.) bzw. *sā- [**seH₂-]
(aind. syáti ‚bindet‘ < *s-i̯é-ti [**sH₂-i̯é-ti] usw.) zei-
gen; vgl. auch das Nebeneinander von uridg. *poi-
[**poH₂i-] (gr. ποιμήν ‚Hirte‘ neben *pāi̯- [**peH₂i̯-];
aind. pāyú-, av. pāiiu- ‚Hüter‘) und *pā- [**peH₂-]
‚beschützen‘ (aind. pti ‚hütet, schützt‘ usw.); vgl.
R. Lühr, Mü. Stud. z. Spr.wiss. 37 [1978], 122 f. u.
Anm. 15.
Da der Laryngal *H₂ außer im Heth. zwischen-
vokalisch, aber mit Umfärbung schwindet (Rix,
Hist. Gr. d. Griech.² 70 f.), ergibt sich als Vor-
form der Wz. von ahd. deismo usw. ein uridg.
*ta-i- [**teH₂-i-] ‚feucht machen, verschmel-
zen‘ + *s (uridg. *tai̯-s- [**teH₂i-s-] > urgerm.
*þais-).
Demgegenüber können die germ. Formen mit *-i- auf
der Schwundstufe *ti-n- [**tH₂i-n-] mit sekundärer
Dehnung beruhen; zu solchen Dehnungen im Germ.
vgl. got. keinan, ae. cīnan usw. ‚aufbrechem, keimen‘
(< *g̑i-n-ǝ- mit langem ī in Anschluß an die Verben
der 1. st. Kl.; R. Lühr, Mü. Stud. z. Spr.wiss. 35
[1976], 79 f.), und für anord. þíðr wären Part. Prät.
wie anord. fríðr ‚hübsch, friedlich, sicher‘, víðr ‚weit,
geräumig‘ als Vorbild denkbar — im Nordgerm. scheint
keine Fortsetzung eines to-Partizips mit kurzem i be-
legt zu sein. Daneben ist wie z. B. im Falle von lit. tý-
ras, týrė ‚Brei‘ mit Laryngalmetathese neben Engvoka-
len (vgl. *sH₂i > *siH₂; *pH₃i > *piH₃) zu rechnen
(s. E. P. Hamp, Bull. of Board of Celt. Stud. 26 [1975],
102; H. Eichner, in Laryngaltheorie 134 f.).
Walde-Pokorny I, 702; Pokorny 1053; Boisacq,
a. a. O. 910 f.; Frisk, a. a. O. II, 300 f.; Chantraine,
Dict. ét. gr. 119; Prellwitz, Et. Wb. d. gr. Spr.² 322; Li-
dén, Arm. Stud. 108 ff.; Hübschmann, Arm. Gr. I,
499; Klingenschmitt, Altarm. Verbum 113 f.; Traut-
mann, Balt.-Slav. Wb. 312. 323; Fraenkel, Lit. et.
Wb. 1100; Miklosich, Et. Wb. d. slav. Spr. 356 f.; Vas-
mer, Russ. et. Wb. III, 84. 100. 105 f.; Meillet, Études
sur l’étym. 297; Brückner, Słownik et. polsk. 60;
A. Schachmatov, Arch. f. slav. Phil. 33 (1912), 92
(doch verfehlt: ksl. tešto usw. Lehnwort aus dem
Kelt.); Fick II (Kelt.)⁴ 121; Holder, Acelt. Spr. II,
1706; Vendryes, Lex. ét. de l’irl. anc. T-17; Dict. of
Irish T-49; M. Maclennan, Pron. and Et. Dict. of Gae-
lic (Aberdeen, 1979), 333; New Welsh Dict. 190;
J. Rozwadowski, Quaestiones Gramm. et. Et. (Krakau,
1897) I, 34 f. (jedoch *tai̯sto- < *tai̯tto-; ebenso Sław-
ski, Słownik et. języka polskiego I, 98); Henry, Lex. ét.
du breton mod. 265; Pedersen, Vgl. Gr. d. kelt. Spr. I,
56; Persson, Beitr. z. idg. Wortf. 462 ff.; W. Streitberg,
IF (Anz.) 8 (1898), 138; F. Holthausen, IF 25 (1909),
153.
S. auch deisc.