diob
Band II, Spalte 665
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diob m. a-St.: Dieb, Räuber, fur, latro
Var.: thiob, thiup, diub, deiob, dieb. Mhd.
diep, -bes, diup, frühnhd. dieb, deub, nhd.
Dieb.

Splett, Ahd. Wb. I, 140; Schützeichel⁴ 90; Starck-
Wells 101. 800; Graff V, 97; Schade 105; Lexer I, 428;
Benecke I, 324; Diefenbach, Gl. lat.-germ. 252 (fur).
320 (latro); Dt. Wb. II, 1085; Dt. Wb.² VI, 925 ff.;
Kluge²¹ 131; Kluge²² 142; Pfeifer, Et. Wb. 282.

Die germ. Entsprechungen sind: as. thiof,
mndd. dēf, dief, deif; mndl., nndl. dief; afries.
thiāf, nostfries. dēf; ae. ðēof, me. þēof, thēf,
ne. thief; anord. þjófr, in PN wie Eyþjófr,
Geirþjófr, nisl. þjófur, nnorw., ndän. tyv,
nschwed. tjuv; got. þiufs (Hs. þiubs) < urgerm.
*þeua- m.

Fick III (Germ.)⁴ 187; Holthausen, As. Wb. 78; Sehrt,
Wb. z. Hel.² 605 f.; Berr, Et. Gl. to Hel. 408 f.; Lasch-
Borchling, Mndd. Handwb. I, 1, 403; Schiller-Lüb-
ben, Mndd. Wb. I, 512; Verdam, Mndl. handwb. 134;
Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 115; Vries, Ndls. et. wb.
115; Holthausen, Afries. Wb.² 110; Richthofen, Afries.
Wb. 1071; Doornkaat Koolman, Wb. d. ostfries. Spr.
I, 285; Holthausen, Ae. et. Wb. 363; Stratmann-Brad-
ley, ME Dict.³ 631; Oxf. Dict. of Engl. Et. 916; OED²
XVII, 934; Vries, Anord. et. Wb.² 613. 616; Jóhan-
nesson, Isl. et. Wb. 431; Holthausen, Vgl. Wb. d.
Awestnord. 316; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 1268.
1310 f.; Torp, Nynorsk et. ordb. 792; Hellquist, Svensk
et. ordb.³ 1195; Naumann, Anord. Namenstudien 110;
Feist, Vgl. Wb. d. got. Spr. 497; Lehmann, Gothic Et.
Dict. þ-43; H. H. Munske, Der germ. Rechtswortschatz
im Bereich der Missetaten I: Die Terminologie der älte-
ren wgerm. Rechtsquellen (Berlin/New York, 1973),
262 f.

Sichere außergerm. Anschlüsse fehlen. Am
überzeugendsten ist noch der Anschluß an lit.
tpti (tupiù, tūpiau) sich niederkauern, sich in
die Knie setzen
, tupti (tupiù) hocken, kauern,
in den Knien sitzen
, lett. tupt, tupju/ tupstu/
tūpu hocken, kauern und ferner möglicherwei-
se an das nur Ilias 24, 163 belegte Adv. gr. ἐν-
τυπάς (von Priamus), sofern die im Hinblick auf
lit. tpti vorgenommene Bedeutungsbestimmung
hockend zutreffend ist und nicht die Bedeu-
tung fest eingeschlagen, d. h. so daß sich die
Umrisse der Glieder und des Hauptes im Ge-
wand ausdrücken (zu gr. τύπτω schlage), wie
sie die Scholien nahelegen, vorliegt. Die Erklä-
rungsversuche bei Hesych zeigen, daß die Be-
deutung sowohl von ἐντυπάς als auch von der
Ableitung ἐντυπαδία in der Antike strittig war.
Fraglich ist die Zugehörigkeit auch von air. téol
Dieb, das zwar auf ein *teplo- zurückgeführt
werden kann (Wh. Stokes, IF 12 [1901], 192 f.;
ders., Zfvgl. Spr. 40 [190506], 246; danach
C. C. Uhlenbeck, PBB 30 [1905], 315), aber
sich eher zu air. tlena- wegnehmen, stehlen
stellt (Pedersen, Vgl. Gr. d. kelt. Spr. II, 649:
air. téol < *tetlu-). Die sich sicher aus dem Balt.
ergebende Wz. *tep- sich niederkauern, hok-
ken
begegnet im Germ. auch sonst, und zwar in
ahd. dofta Ruderbank (s. d.) und in dem aus
dem Nd. stammenden Wort nhd. Ducht f. dss.
(< urgerm. *þuftōn-), eigentlich Bank, auf der
man hockt
. Ist das Wort Dieb zugehörig, ist
eine germ. Wz. *þeuf- (zu Ableitungen mit der
Fortsetzung von *f s. diuba; zu *-- s. u.) in der
Bedeutung kauern (um sich zu verbergen) zu
postulieren, die sich über verstohlen handeln
(vgl. got. adv. þiubo heimlich als Gegensatz-
bildung zu got. andaugiba offen) beim Subst.
zu der heimlich etwas wegnimmt entwickelt
hat; vgl. air. táid, aind. (s)tāyú- Dieb (zu aksl.
tajiti, taj κρύπτω, taji heimlich, aind. stāyáti
ist verstohlen). Die Vorform vorurgerm. *te-
pó- mit Akzent auf dem Suffix erklärt sich wohl
dadurch, daß neben einem Nomen agentis vor-
urgerm. *po- ein Adj. *tepó- bestand, das
wiederum substantiviert werden konnte; zur un-
terschiedlichen Betonung von Adjektiven und
Substantiven im Idg. vgl. gr. λεύκη weißer Aus-
schlag
gegenüber λευκός hell, klar, weiß; aind.
kā die Schwarze gegenüber ká- schwarz
(Lühr, Expressivität 319).

Urbalt. *ū deutet nicht unbedingt auf eine Wz. *teǝp-
[**teHp-]; wie im Germ. kann auch im Balt. *ū ana-
logisch entstanden sein (s. Stang, Vgl. Gr. d. balt. Spr.
121 ff.; zum Germ. s. Lühr, a. a. O. 257).

Walde-Pokorny I, 714; Pokorny 1085; Boisacq, Dict.
ét. gr.⁴ 259. 994 f.; Frisk, Gr. et. Wb. II, 525. 949 f.;
Chantraine, Dict. ét. gr. 1147 f.; Schwyzer, Gr. Gram.²
631 (zu den seltenen Adverbien auf -ας); Fraenkel,
Lit. et. Wb. 1141 f. 1067; Mühlenbach-Endzelin,
Lett.-dt. Wb. IV, 267; Vendryes, Lex. ét. de l’irl. anc.
T-7. 52. 78 f; Dict. of Irish T-149; C. C. Uhlenbeck,
PBB 27 (1902), 133; Buck, Dict. of Sel. Syn. 790 f.;
K. Matzel, PBB 97 (Tübingen, 1975), 114; P. Scardi-
gli-T. Gervasi, Avviamento all’etimologia Inglese e Te-
desca (Firenze, 1978), 297. A. Senn, JEGP 32 (1933),
512 stellt auch lit. taupti (-paũ, -piaũ) schonen,
knappen, sparen, sich in acht nehmen
, taupùs spar-
sam
zu der Wz. *tep- sich ducken.

Semantisch wenig einleuchtend ist L. Meyers (Gött.
Gel. Nachrichten [1906], 185) Verbindung mit gr. τυ-
φλός blind, dunkel, verstopft, das viel eher als mit
dem Wort Dieb (Dieb als der nicht Gesehene) unter
einer Grundbedeutung nebelig, umnebelt, vom Geist
und den Sinnen
mit ahd. toub taub, stumpfsinnig,
unsinnig
(s. d.) zu verbinden ist. Ferner überzeugen
nicht Grienbergers (Unters. z. got. Wortkunde 215)
Anschluß an gr. τύπτω schlage und Ch. Bartholomaes
(IF 9 [1898], 270) Hinweis auf altav. tǝuui, das nicht
Diebstahl, sondern Rohheit, Gewalttätigkeit (Bar-
tholomae, Airan. Wb. 649) bedeutet und dessen Wz.
so nicht als unerweiterte Variante von *tep- stehlen
betrachtet werden kann. F. Kauffmann, Dt. Altertums-
kunde I (München, 1913), 66 f. Anm. 5 (Vries, Ndls.
et. wb. 115) lehnt den Zusammenhang mit lit. tpti ab
und betrachtet das Wort Dieb als vor-idg. Substrat-
wort, was aber in Anbetracht der germ. Lautstruktur
des Wortes unwahrscheinlich ist (R. Much, ZfdA. 37
[1915], 74; s. auch G. Neumann, Substrate im Germa-
nischen? Nachr. v. d. Ges. d. Wiss. zu Gött. 4 [1971],
83).

S. diuba, dofta, gidofta.

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