diomuoti
Volume II, Column 674
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diomuoti adj. ja-St.: demütig, untertan, er-
niedrigend; humilis, abrogans, obnoxius
Var.:
thiohmuati, thiot-, dio-, diumuote, deu-, die-,
dov-, tie-, toumōte. Eine junge Entwicklung
des alten Diphthongs ist eu, das bei Notker
und auch sonst spätahd. in deumuote (statt die-
muote) begegnet (Braune, Ahd. Gr.¹⁴ § 49
Anm. 4). Mhd. (bis ins 15. Jh.) diemüete adj.
demütig, herablassend, bescheiden. dio-
muotî f. īn-St. Demut, Herablassung, Ernied-
rigung; submissio, humilitas
Var.: deomuati,
deohmuat(ī), diumuoti, deu-, die-, tie-, diemō-
ti. Mhd. diemüete, -muot, dêmut f. Demut,
Herablassung, Milde, Bescheidenheit
; nhd.
Demut. ê in Demut anstatt des zu erwartenden
*Diemüt(e) soll auf ndd. Einfluß beruhen; vgl.
demgegenüber den PN Dietlieb mit lautge-
rechter Fortsetzung des Diphthongs im Gegen-
satz zu ndd. Detlev. Doch erscheint ê zuerst
im Obd. im 12. Jh., was auf Ausbreitung nach
Norden weist. Der zweite Bestandteil -mut be-
ruht auf Anlehnung an -mut in Armut.

Das Adj. diomuoti, ein Possessivkompositum
mit der Kontinuante des Suffixes -ja- (zu sol-
chen Bildungen s. Krahe-Meid, Germ. Sprach-
wiss. III § 40), enthält im Hinterglied das Subst.
muot Gesinnung. Da die Komposita mit -muot
adjektivische Vorderglieder aufweisen (Graff II,
687 ff.), liegt in diomuoti das auch sonst im
Ahd. bezeugte adj. *dio und nicht das Subst.
vor (anders Kluge²¹ 127; Kluge²² 134; Pfeifer,
Et. Wb. 269: der die Gesinnung eines Gefolgs-
mannes, Dieners hat
), wobei die Grundbedeu-
tung dienstwillig, dienstbereit zur christlichen
Wiedergabe von humilis (s. u.) umgedeutet
worden ist (diomuoti eigtl. dienstwillige Gesin-
nung habend
). Daneben erscheint ein gleichbe-
deutendes Adj. mit der Fortsetzung des Suffixes
urgerm. *-ga-: diomuotîg. Das Subst. ahd.
diomuotî ist ein Abstraktum zum adj. diomuoti
(s. Krahe-Meid, Germ. Sprachwiss. III § 93).

Splett, Ahd. Wb. I, 140. 641; Schützeichel⁴ 90;
Starck-Wells 102; Graff II, 697; Schade 99. 101; Le-
xer I, 424; Benecke II, 258; Diefenbach, Gl. lat.-germ.
282 (humilitas, humilis); Dt. Wb. II, 921 f.; Dt. Wb.²
VI, 637 ff.; M.-L. Rotsaert, in Althochdeutsch 1048 ff.

Während das Adj. ae. ēaðmōd, ēaðmēde als
christliche Umprägung von westgerm. *auþ-
mōđ-(j)a- mit leichtem Sinn der ags. Kirchen-
sprache zuzuschreiben ist, mit dem Begriff nach
Deutschland kam und im ganzen fränkischen
Gebiet mit dem entsprechenden Wort ōdmuot(i)
(s. d.) verbunden wurde (Frings, Germania Ro-
mana I², 23 ff.), hatte die ältere süddt. Kirchen-
sprache dafür diomuoti. Nach W. Braune, PBB
43 (1917), 396 muß das Adj. um 700 geschaffen
worden sein, wenn es vor der ags. mission
schon in Oberdeutschland sich so weit gefestigt
hatte, um dem fränkischen ôdmuoti stand zu
halten.
Das Subst. diomuotî setzte sich gegen
das Subst. ôdmuotî langsam durch, drang seit
dem 12. Jh. ins gesamte Md., seit dem 15. Jh.
auch ins Mndd. und Ndl. vor.

W. Braune widerspricht zu Recht F. Kluge, PBB 35
(1909), 149, der ahd. diomuoti aus dem Got. herleitet.
Denn im Got. gibt es kein *þiumodei, sondern nur ein
hauneins Demut (neben Erniedrigung).

Das im Mndd. belegte dēmōt, dēmȫde f. De-
mut
(neben demodicheit, dymuti-, demutig-, te-
mietigkeit) ist aus dem Hd. übernommen; auf
mndd. dēmōt gehen im 16./17. Jh. frühnndl. de-
moet f. (Kiliaan) und nndl. deemoed f. Untertä-
nigkeit
zurück. Das alte ndl. Wort für Demut
ist ootmoed m., dem ahd. ôtmuotî entspricht.

Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. I, 1, 411; Schiller-
Lübben, Mndd. Wb. I, 502; Diefenbach, a. a. O. 282;
Verdam, Mndl. handwb. 132; Franck, Et. wb. d. ndl.
taal² 108; Vries, Ndls. et. wb. 108; Wb. d. ndl. taal
III, 2, 2343.

S. *dio.

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