diozan
Volume II, Column 688
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diozan st. v. II, Gl., Notker: rauschen, to-
sen, heulen, brausen, säuseln, fließen, hervor-
gehen, strepere, stridere, fremere
Var.: -eo-,
-ie-, -zz-, -en. Mhd. diezen laut schallen,
rauschen; sich erheben, aufschwellen
(mhd.
diez[e] st. sw. m. Schall, Wirbel, Zucken),
nhd. nur noch in den Dialekten.

Bad. dießen, schwäb. diessen rauschen; vorarlberg.
diessen ertönen, erschallen; schreien; bair. dießen
(part. gedossen) ertönen, schallen, rauschen, hervor-
treten, schwellen
.

Splett, Ahd. Wb. I, 142; Schützeichel⁴ 91; Starck-
Wells 102 f.; Graff V, 235 f.; Schade 104; Lexer I, 431;
Benecke I, 372; Kluge²¹ 784; Braune, Ahd. Gr.¹⁴
§ 334; Bach, Dt. Namenkunde II § 164. 298. 305; För-
stemann, Adt. Namenbuch2/3 II, 1, 707; Springer,
Flußnamen 102. Ochs, Bad. Wb. I, 480; Fischer,
Schwäb. Wb. IV, 1748; Jutz, Vorarlberg. Wb. I, 567;
Schmeller, Bayer. Wb.² I, 547.

Ahd. diozan entsprechen ae. ðeotan st. v. (neben
ðūtan) heulen, brüllen, widerhallen; murren,
me. þēoten heulen; anord. þjóta st. v. heulen,
tosen
, nisl. þjóta, nnorw. (tūta) tjota heulen,
schreien, tuten
, aschwed. þiūta, nschwed. (tu-
ta) tjuta, ält. ndän. tjude, tude, ndän. tude heu-
len, blasen, tuten
< urgerm. *þeutan- schallen
neben got. þut-haurn (mit u oder ū) Horn,
Trompete
zu aisl. þytr m. Getöse, Lärm, nisl.
þot n., nnorw. dial. tot Rauschen; mhd. duz
m. Geräusch, Schall < urgerm. *þuta-/ þuti-
(/* þūta-?).

Fick III (Germ.)⁴ 186; Seebold, Germ. st. Verben 516;
Holthausen, Ae. et. Wb. 363; Bosworth-Toller, AS
Dict. 1053; Suppl. II, 61; Stratmann-Bradley, ME
Dict.³ 632; Vries, Anord. et. Wb.² 615; Jóhannesson,
Isl. et. Wb. 430. 449; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awest-
nord. 316; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 1296;
Torp, Nynorsk et. ordb. 791; Hellquist, Svensk et.
ordb.³ 1195; Feist, Vgl. Wb. d. got. Spr. 506; Leh-
mann, Gothic Et. Dict. þ-62.

Für urgerm. *þeutan- (*þtan-) sind unter-
schiedliche Anschlußmöglichkeiten vorgeschla-
gen worden: d-Ableitung (ursprüngliches d-
Präsens?) von der Wz. *teǝ- [**teH₂-]
schwellen mit der Bedeutungsfärbung von
ahd. dôsôn brausen, tosen, also eigtl. einen
starken Ton geben
(Persson, Stud. z. Wurzel-
erw. 90; ders., Beitr. z. idg. Wortf. 483;
F. A. Wood, MLN 16 [1919], 307); Anschluß an
urgerm. *stautan- stoßen ( stôzan); aind. tu-
dáti stößt; lat. tundō, tutudī stoße, schlage,
zerstampfe
, tussis, -is f. Husten (eigentlich
Stoßen) im Sinne von einen Ton ausstoßen
(Graff, a. a. O.; A. Bezzenberger, Gött. Gel.
Anz. [1875], 281; F. Fröhde, BB 1 [1877], 208;
Osthoff-Brugmann, Morph. Unters. IV, 10. 335;
F. Bechtel, Über die Bezeichnungen der sinnlichen
Wahrnehmungen in den idg. Sprachen [Weimar,
1879], 81); Verbindung mit Wörtern wie lit. tū-
túoti tuten, blasen; quaken (vom Frosch), ein
Lied singen; schreien (wie ein Schwein)
, lett. tũ-
tuôt tuten, blasen, lit. tutùtis ein Vogel, etwa
Krähe, Wiedehopf
, tūtliúoti schreien wie ein
Wiedehopf
, lett. tutens Wiedehopf, lit. tū
Rohrpfeife, Schalmei, Trompete, wobei inlau-
tendes *t im Germ. auf stockende Lautver-
schiebung
im Schallwort zurückgeführt wird
(Walde-Pokorny I, 712. 745; Pokorny 1097)
und wegen ae. ðēote f. Strom, Quelle, Was-
serfall; Röhre
Verknüpfung mit lat. tuba, -ae
f. Tuba, gerade tieftönende Trompete, tubus,
-ī m. Wasserleitungsröhre, Röhre (W. Prell-
witz, BB 22 [1897], 106 und H. Petersson, PBB
43 [1917], 151: lat. tuba, tubus Schallwörter;
F. A. Wood, Class. Phil. 14 [1919], 256: zu ur-
idg. *teǝ- [**teH₂-] schwellen, s. o.; doch
gehört lat. tuba möglicherweise zu lat. tībia, -ae
f. Schienbein, Pfeife, Flöte < *tībhā).

Am ehesten dürfte es sich bei urgerm. *þeutan-
(*þtan-) um ein Schallwort handeln, da auch
sonst Schallwörter mit einem Dental im Wurzel-
an- und -auslaut und u-Vokalismus unabhängig
voneinander gebildet werden können; vgl.
mndd. tūten tuten; aisl. tauta, tutla murren;
aind. thuthukt Bezeichnung eines Vogels, ei-
gentlich onomatopoetisches thu-thu-Machen;
gr. Hesych τυτώ ἡ γλαῦξ; τοῦτις ὁ κόσσυ-
φος
; lat. tutubāre schreien (von der Eule),
Plautus vin adferri noctuam, quae tū, tū usque
dicat tibi?
; ferner lat. tumultus, -ūs m. Lärm,
Aufregung, Aufstand
; aind. tumula- geräusch-
voll, lärmend
(W. Schulze, Zfvgl. Spr. 45 [1913],
96; dazu E. Schwentner, Zfvgl. Spr. 65 [1938],
125). Für das Vorurgerm. ist wohl zunächst eine
onomatopoetische Bildung *tt- anzunehmen,
die als Verbalwz. verwendet werden konnte. Die
urgerm. Fortsetzung von vorurgerm. *tūte/ o-,
*þūtan-, flektierte als st. Verb der II. Kl. (ae.
ðūtan usw.), wobei nach dem Nebeneinander
von anderen st. Verben mit *ū und *eu in der II.
st. Kl. dann zu *þūtan- eine Lautform *þeutan-
hinzugebildet worden sein müßte.

Mayrhofer, K. et. Wb. d. Aind. I, 542; ders., Et. Wb.
d. Altindoar. I, 654 f.; Boisacq, Dict. ét. gr.⁴ 993 f.;
Frisk, Gr. et. Wb. II, 949; Chantraine, Dict. ét. gr.
1147; Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. II, 680. 712.
716 f. 721; Fraenkel, Lit. et. Wb. 1146 f.; Mühlen-
bach-Endzelin, Lett. dt. Wb. IV, 283 f.

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