drâhsil
Band II, Spalte 751
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drâhsil m. a-St., nur in Gl. vom 9./10. Jh.
an und um 1069 bei Williram (der drâhsel):
Drechsler, Dreher, tornator, tornarius Var.:
t-, threxlere. Das Nomen agentis auf -il wird
im Laufe der Zeit durch das auf -ri (s. d.) ab-
gelöst; vgl. den aus dem 11. Jh. stammenden
Beleg thraslari (Gl. 4, 210, 2) in der mfrk. Hs.
Trier Hs 61 (früher R. III. 13), in der ahd. und
as. Lautungen nebeneinander auftreten.
Mhd. dræhsel, drehsel noch neben dræhseler,
drehseler, ält. nhd. dräxler, dres(e)ler, nhd.
Drechsler. In drehsel(er) ist Kürzung des æ wie
in ächten, brächte, dächte eingetreten. Schon
um 1470 reimt im Bair. drehsel auf wehsel. Eine
Ableitung von mhd. dræhsel ist mhd. dræhseln,
jünger drehseln mit gekürztem æ, nhd. drech-
seln.

Splett, Ahd. Wb. I, 148; Starck-Wells 106; Graff V,
239; Schade 109; Lexer I, 457; Diefenbach, Gl. lat.-
germ. 588 (tornarius); Dt. Wb. II, 1352; Dt. Wb.² VI,
1335 f.; Kluge²¹ 141; Kluge²² 154; Pfeifer, Et. Wb.
304 f.; E. Christmann, ZfNamenf. 19 (1943), 115 ff.;
O. B. Schlutter, Zfdt. Wortf. 14 (191213), 178.

Ahd. drâhsil < *þrēχsila- stellt sich zu as.
thrēhslo Drechsler; mndl. draeys(e)ler; und wei-
terhin zu ae. ðrǣstan drehen, (zer)drücken,
zwingen, quälen
< *þrēχstijan-. Ae. ðrǣstan ist
in me. þrusten, þrysen, þristen drücken, sto-
ßen
, das auf anord. þrsta klemmen, drücken
beruht, aufgegangen; zum Zusammenhang des
Wortes drechseln mit dem Wort drehen vgl. das
Glossenwort (10. Jh.) ahd. drāīsan Drechselei-
sen
(H. Tiefenbach, in Das Handwerk in vor-
und frühgeschichtl. Zeit 2, hrsg. v. H. Jankuhn
u. a. [Göttingen, 1983], 720).

Fick III (Germ.)⁴ 189; Holthausen, As. Wb. 78 f.;
Wadstein, Kl. as. Spr.denkm. 232; Verdam, Mndl.
handwb. 150; Bosworth-Toller, AS Dict. 1065; Strat-
mann-Bradley, ME Dict.³ 635; OED² XVII, 1009;
F. Holthausen, IF 25 (1909), 152; J. Sverdrup, IF 35
(1915), 154.

Ahd. drâhsil ist zu verbinden mit aind. tarkú-
m. f.? Spindel, tarkáyati vermutet, sinnt nach,
hält für etwas
(< umherwenden, von allen Sei-
ten betrachten
< drehen); gr. ἄτρακτος Spin-
del
(mit to-Suffix bei schwundstufiger Wz. wie
in gr. στρατός Schar, Volksabteilung und ἀ- in
unklarer Funktion), ἀτρεκής genau, bestimmt,
zuverlässig
(< unumwunden mit α privativum
und *τρέκος Drehung); lat. torquēre drehen,
winden, verdrehen, martern
(mit qu < k + for-
mantischem bei einem Wurzelansatz *terk-),
torquēs, torquis, -is f. Halskette als Schmuck
(woraus air. torc vor allem in dem Kompositum
mun-torc Halskette, nkymr. torch dss.), nās-
turcium n. eine Art Kresse (< *nās-torkom
Nasenquäler?), torculum eine Art Schleuder
(woraus wahrscheinlich mir. *trochal, trothal
Schleuder?, trochlaid schleudert eine Waffe?);
alb. tjer(r) spinnen (mit rr < *rkn, s. Pedersen,
Zur toch. Spr. 19); russ. tórok Sattelriemen,
poln. troki m.pl. Riemen, Stricke, Bande (<
*torkъ); apreuß. tarkue Binderiemen (am Pfer-
degeschirr)
(für *tarkne < *tarkìn?, weil
-ku- in V. [Elbinger Deutsch-Preußisches
Vokabular] als -qu- geschrieben wäre
; s.
R. Trautmann, Apreuß. Spr.denkm. 446), lett.
trka Schnur mit einer kleinen Boje; toch. A
tark (Ohr-)gehänge, pl. tarkañ (< *torko-), B
*tärk- drehen im Part. Prät. tetarkuwa; heth.
tarku- sich drehen, tanzen (alt 3.pl. tar-ku-an-
zi, jung 3. sg. tar-ku-zi); und im Germ. wohl
mit aisl. þari m. Tang, nisl. þari, nnorw.,
nschwed. dial., ndän. tare, wenn Band (<
*þarχan-) < *terk- drehen (neben *terk- s.
dwerah). Sofern aber eine Wz. *terk- zugrunde
liegt (s. o. zu lat. torquēre), müßte im Griech. κ
aus der Folge *k + Konsonant verallgemeinert
worden sein (Schwyzer, Gr. Gr. I, 299).

Walde-Pokorny I, 735; Pokorny 1077; Mayrhofer, K.
et. Wb. d. Aind. I, 484 f.; ders., Et. Wb. d. Altindoar.
I, 633 (Wurzelansatz *terk[]); Boisacq, Dict. ét. gr.
97 f. 854; Frisk, Gr. et. Wb. I, 180 f.; Chantraine, Dict.
ét. gr. 134 f.; Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. II, 145.
692 f.; Ernout-Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 431. 696; Meyer,
Et. Wb. d. alb. Spr. 431; Trautmann, Balt.-Slav. Wb.
314; Miklosich, Et. Wb. d. slav. Spr. 359; Vasmer,
Russ. et. Wb. III, 125; Mühlenbach-Endzelin, Lett.-
dt. Wb. IV, 173; N.Jokl, IF 27 (1910), 304 Anm. 1;
Fick II (Kelt.)⁴ 134. 138; Holder, Acelt. Spr. II, 1891;
Vendryes, Lex. ét. de l’irl. anc. T-115 f. 146 f.; Dict. of
Irish T-259; T-314; New Welsh Dict. 190 (unsicher ist
die Zugehörigkeit von nkymr. torri brechen < *tork-
s-); Windekens, Lex. ét. tokh. 135 f. 145; ders., Le to-
kharien I, 492 f. 530; ders., Orbis 19 (1970), 115;
Krause-Thomas, Tochar. Elem.buch I, 65. 67 (fern
bleibt toch. AB tsärk- brennen, quälen); N. Oettin-
ger, Stammbildung des heth. Verbums 223 ff. 226. Zu
aisl. þari usw. s. Vries, Anord. et. Wb.² 606; Jóhan-
nesson, Isl. et. Wb. 443; Fritzner, Ordb. o. d. g. norske
sprog III, 1011; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord.
312; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 1248; Ordb. o. d.
danske sprog XXIII, 838; Torp, Nynorsk et. ordb. 771;
Hellquist, Svensk et. ordb.³ 1167.

Demgegenüber hat die ahd. drâhsil zugrundelie-
gende Wz. Vollstufe 2 mit s-Erweiterung
*þrēχs- (< vorurgerm. *trēk-s-) + Nomen
agentis bildendem Suffix -il (s. d.); vgl. auch die
ahd. drâen drehen zugrundeliegende Wz.
*þrē- ( drâen).

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