drigil m. a-St., nur Gl. 1, 263, 36 Abrogans
Kb trikil: ‚Diener, verna‘. Da auch das nur
einmal belegte (Gl. 1, 202, 1 Abrogans Kb), von
einem Verb *drigilôn ‚Diener sein‘ abgeleitete
Subst. trikilod (→ drigilôd) i-Vokal aufweist,
ist das Wort fürs Ahd. allein als drigil und
nicht daneben als dregil anzusetzen. tr- kommt
in Kb auch sonst vor (Koegel, Über d. Keron.
Gl. 118). Splett, Abrogans-Studien 281 f. er-
wägt dagegen Anlehnung an tregil ‚Träger‘
(s. d.).
Splett, Ahd. Wb. I, 151; Starck-Wells 107 (auch dre-
gil); Graff V, 500 f. (jedoch zu tregil ‚Träger‘); Schade
110 (auch dregil).
Zu ahd. drigil < *þreila-, einem Nomen agen-
tis mit dem Suffix -il (s. d.), stellen sich jedoch
mit ablautendem Wz.-Vokal: as. thregil m. ‚Die-
ner‘ < *þraila-; aisl. þræll m. ‚Sklave, Diener‘,
nisl. þræll, nnorw., ndän. træl, nschwed. träl
(aus dem Skand. ae. ðrǣl m. ‚Knecht, Sklave‘,
me. þral ‚Sklave‘, ne. thrall und möglicherweise
auch mndd. drelle, drille ‚servus‘; mir. tráill
‚Diener‘), ält. ndän., ndän. dial. træl auch
‚Holznagel im Pflug‘, nnorw. dial. ‚kleine Netz-
boje, die bestimmt ist, ein wenig unter der Was-
seroberfläche zu stehen‘, nschwed. dial. ‚Ein-
richtung, die den Querriegel an der Tür in der
richtigen Stellung hält‘ < *þraχila-. Zugehörig
ist der PN nschwed. þregr, eigtl. ‚Diener‘, und
der ON Träksta (Fr. L. Läffler, Namn och bygd
6 [1918], 130 ff.).
Fick III (Germ.)⁴ 190; Holthausen, As. Wb. 79;
Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. I, 469. 474; Schil-
ler-Lübben, Mndd. Wb. I, 568 ff.; Holthausen, Ae. et.
Wb. 367 f.; Bosworth-Toller, AS Dict. 1064; Strat-
mann-Bradley, ME Dict.³ 635; OED² XVII, 989;
Oxf. Dict. of Engl. Et. 910; Vries, Anord. et. Wb.²
625; Jóhannesson, Isl. et. Wb. 456; Fritzner, Ordb. o.
d. g. norske sprog III, 1047; Holthausen, Vgl. Wb. d.
Awestnord. 321; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 1293.
1568; Ordb. o. d. danske sprog XXIV, 868 ff.; Torp,
Nynorsk et. ordb. 812; Hellquist, Svensk et. ordb.³
1234; Feist, Vgl. Wb. d. got. Spr. 500 f.; Lehmann, Go-
thic Et. Dict. þ-50; Björkman, Scand. Loanwords 19;
C. S. J. Marstrander, Norske Videnskaps-Akad. i Oslo.
Hist.-Filol. Klasse 1915, Nr. 5, 76; Dict. of Irish T-
273.
Ahd. drigil stellt sich zu ae. ðrǣgan ‚laufen‘ <
*þrēijan- (ðrāg f. ‚Zeit, -raum; Periode‘); got.
þragjan ‚dss.‘ < *þrajan-.
Da sich ahd. drigil ohne weiteres mit got. þragjan ver-
binden läßt, ist dieser Anschluß der Annahme, ahd.
drigil sei zu der in got. þreihan ‚bedrängen‘ vorliegen-
den Basis neugebildet worden (Falk-Torp, a. a. O.
1293; Walde-Pokorny I, 753. 759), vorzuziehen.
Wegen der Vorform *þraχila- kommt für die
Sippe von ahd. drigil nur eine Vorform mit *-k-
in Frage. Anzuschließen sind: air., mir. tricc
‚schnell, plötzlich, eilig‘ (nir. tric) < *tkni-
(oder mit lautsymbolischer Gemination); serb.
tr̀čati ‚laufen‘. Dem Einwand von Vries, a. a. O.,
daß sich die Bedeutung ‚Sklave‘ nicht mit der
Vorstellung ‚laufen‘, sondern nur mit der Vor-
stellung ‚schwere Arbeit verrichten‘ vermitteln
läßt, steht die Sippe von ahd. *dio ‚unfrei‘ ent-
gegen, da hier eine Wz. *teku̯- ‚laufen‘ zugrunde
liegt (→ *dio); vgl. auch gr. ἀμφίπολος ‚Diener‘,
zu πέλω, πέλομαι ‚bewege mich‘; mndd. drāvel,
drevel ‚Sklave‘, als Ableitung von drāven ‚tra-
ben‘.
R. Lühr, Sprachwissenschaft 10 (1985), 300; Wh.
Stokes, TPS (1891—94), 330 (doch: *treghní-); E. Zu-
pitza, Germ. Gutturale 140; ders., Zfvgl.Spr. 36
(1900), 239; Walde-Pokorny I, 755; Pokorny 1092
(jedoch: „expressives kk“ in air., mir. tricc; zudem be-
steht der Ansatz eines aksl. trъkъ ‚Lauf‘ zu Unrecht).
— Ganz anders zu air., mir. tricc bei Vendryes, Lex. ét.
de l’irl. anc. T-124. 143 f. („Peut-on comparer l’élément
*trikk- non latin attesté dans les langues romanes, vfr.
triquier, trichier?“). Ob air. trén ‚stark, schnell‘ zu der
Wz. von air., mir. tricc zu stellen ist, ist unsicher, da
eine Vorform *trek-sno- (Stokes, a. a. O. 136) oder
*treg-no- (Pedersen, Vgl. Gr. d. kelt. Spr. I, 296) zu-
grunde liegen kann (Vendryes, a. a. O. T-135 f.).
Der weithin übliche Anschluß an lat. trahō ‚zie-
he, schleppe‘ (R. Trautmann, BB 30 [1906],
330), gall. vertragus ‚schnellfüßiger Hund‘, air.
traig ‚Fuß‘ (Holder, Acelt. Spr. II, 1901), serb.
trag ‚Fußstapfe‘, trážiti ‚suchen, spüren‘ (Traut-
mann, Balt.-Slav. Wb. 325; Miklosich, Et. Wb.
d. slav. Spr. 360) < *tragh- ist aufzugeben, da
sich *χ von *þraχila- nicht damit vereinen läßt
(Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. II, 698 f.; Er-
nout-Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 698).
Holthausen, Ae. et. Wb., a. a. O.; Jóhannesson,
a. a. O.; Pokorny 1089; Walde-Pokorny I, 752 f.; Fick
II (Kelt.)⁴ 136; Dict. of Irish T-271 f.; Vendryes,
a. a. O. T-122 ff.
Auch das von Schade, a. a. O. und K. Brugmann, IF 19
(1906), 382 verglichene gr. τροχίλος m. ‚Strandläufer,
Zaunkönig‘ bleibt wegen der Wurzelform *dhrogh-
(gr. τροχός ‚Rad‘, air. droch ‚dss.‘; arm. dowrgn, gen.
drgan ‚Töpferrad‘) fern (C. C. Uhlenbeck, PBB 22
[1897], 191 f.; Lidén, Arm. Stud. 102; Boisacq, Dict.
ét. gr.⁴ 983 f.; Frisk, Gr. et. Wb. II, 928 f.; Chantraine,
Dict. ét. gr. 1135); ebensowenig gibt es Anhaltspunkte
für die Annahme von Wurzelvarianten wie *threkh-
und *thregh- (Brugmann, Grdr.² I, 690; laryngali-
stisch: **tHrekH-, **tHregh-). Des weiteren ist der
Anschluß an gr. myken. *troku̯ejō ‚ich wende die Erde
beim Pflügen um‘ (Vries, a. a. O.) fraglich, da überlie-
fertes to-ro-qe-jo-me-no u. a. auch auf *(s)trogu̯(h)- zu-
rückgeführt werden kann (nach L. R. Palmer, TPS
[1954], 21 zu στρέφω ‚drehe, wende‘, z. B. Hesiod
στρωφάομαι ‚[sich] hin und her wenden, sich aufhal-
ten‘; doch dazu s. Frisk, a. a. O. II, 808 f.); und eine
Vorform *þranχila- ‚Gezwungener‘ (zu aisl. þryngva
‚drängen, zwingen‘; → dringan) für das Nordgerm.
(Falk-Torp, a. a. O. 1293; Walde-Pokorny I, 753)
hätte nicht zu der entlehnten Lautform mir. tráill ge-
führt (C. S. J. Marstrander, in Heidersskrift til M. Haeg-
stad [Oslo, 1925], 173 ff.).
S. auch dorndril.