dunwengi
Volume II, Column 862
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dunwengi n. ja-St., nur Notker, Ps., W.Ps.
und in Gl. seit dem 8./9. Jh.: Schläfe, tempus
Var.: duni-, duna-, dunne-, tuni-, tin(n)e-
(s. u.); -wangi, -wenga (pl.), -wende (pl., 12./
13. Jh.); teniuuana (pl., 11. Jh.), touuingen
(dat.pl., Notker, Ps.; vgl. tuniuuangen Notker,
W.Ps.), tvwenge (14. Jh.). Mhd. tünwenge,
-wende, dununge usw.; nhd. veraltet und
mdartl. (bes. im Norden, aber früher auch
bair., s. u.) duning(e), dunung(e), dunegge usw.

Splett, Ahd. Wb. I, 999. 1062; Schützeichel⁴ 94;
Starck-Wells 111. 801; Graff I, 895; Schade 115; Le-
xer II, 1569; Benecke III, 501; Dt. Wb. II, 2532. Fi-
scher, Schwäb. Wb. II, 471 (s. auch S. 219 s. v. Tinne);
Schmeller, Bayer. Wb.² I, 516. 609; Müller-Fraureuth,
Wb. d. obersächs. Mdaa. I, 264; Woeste, Wb. d. westf.
Mda. 63; Schambach, Wb. d. ndd. Mda. 51; Kück,
Lüneb. Wb. I, 391; Mensing, Schleswig-holst. Wb. I,
942; Wossidlo-Teuchert, Meckl. Wb. II, 581; Ziese-
mer, Preuß. Wb. II, 132.

Germ. Entsprechungen sind: andfrk. thinnon-
gun temporibus (Helten, Aostndfrk. Psalmenfrg.
84, 690; Gramm. § 11. 59 Anm. 1; das Wort
wird von Falk-Torp, a. a. O. und Vries, a. a. O.
[tinnong!] irrtümlich als as. bezeichnet), mndl.
dunni(n)ge, dunegge f.; mndd. dünnin(g)e f.; ae.
þunwang, -wenge f., me. thunwonge, thonwan-
ge; aisl. þunnvangi m., -vengi n., adän. thin-
ning, ndän. tinding, aschwed. þynning,
nschwed. tinning, nnorw. tunn-, tynnvange,
tunnveng.

Fick III (Germ.)⁴ 178; Verdam, Mndl. handwb. 155;
Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. I, 1, 497; Bos-
worth-Toller, AS Dict. 1076; Stratmann-Bradley, ME
Dict.³ 639; OED² XVIII, 40; Vries, Anord. et. Wb.²
627; Jóhannesson, Isl. et. Wb. 438; Holthausen, Vgl.
Wb. d. Awestnord. 322; Falk-Torp, Norw.-dän. et.
Wb. 1262; Torp, Nynorsk et. ordb. 816; Hellquist,
Svensk et. ordb.³ 1188.

Das Wort ist wohl eine Zss. aus dem Adj. dunni
und dem Subst. wanga (s. d. d.), also der (obe-
re) Teil der Wange, wo die Haut dünn gespannt
ist
(vgl. lat. tempus zur idg. Wz. *temp- deh-
nen, spannen
).

Weniger wahrscheinlich ist der Ansatz eines ur-
germ. Substantivs *þennō, *þunnō Stirn,
Schläfe
(so Fick, Falk-Torp, Vries, a. a. O.; Po-
korny 1069). In diesem Fall müßte es sich um
eine verdeutlichende Zss. Stirnwange = Schlä-
fe
handeln; aber in den älteren germ. Sprachen
kommt weder *þennō noch *þunnō als Simplex
vor. Im Ahd. des 8.10. Jh.s lautet das Wort für
Schläfe immer dunwengi u. ä. (mit -u- im er-
sten Element); erst vom 12. Jh. an erscheinen ge-
legentlich daneben dinne-, tinne- (viell. einmal
schon im 11. Jh., wenn die entstellte Form teni-
uuana Gl. 2, 720, 63 für *din[n]i- steht). Eben-
falls erst im 12. Jh. ist zum erstenmal ein Sim-
plex dinna, tinna ( tinna) belegt, aber immer
mit der Bed. Stirn. Eine in etym. Wbb. oft an-
geführte Zss. ahd. tinnabacho Schläfe (Po-
korny, Falk-Torp, Jóhannesson) existiert nicht.
Noch im 12./13. Jh. macht eine Hs. (Gl.
3, 177, 32. 34) einen klaren Unterschied zwi-
schen tunewende timpora und dinna frons. Es
ist unklar, ob das Subst. dinna, tinna alt oder
eine späte Neubildung ist, aber jedenfalls ist es
nicht verwunderlich, daß sich die semantisch
und lautlich ähnlichen Formen dunn(ne)- und
dinne gegenseitig beeinflußten.

Das andfrk. Wort thinnongun (s. o.) ist kein Beweis
für das hohe Alter eines Substantivs *thinna, denn die
Lipsiusschen Glossen sind nur in viel jüngeren und
nicht immer zuverlässigen Hss. und Büchern überlie-
fert (nach Helten, a. a. O. § 11 kann das -i- entweder
ein Versuch, ü zu bezeichnen oder ein Schreibfehler
sein).

S. auch tinna.

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