dwahan
Band II, Spalte 905
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dwahan st. v. VI: waschen, baden, taufen,
lavare, baptizare
, prät.sg. dwuog, duog, pl.
dwuogun, part. prät. gidwagan Var.: th-, t(e)-,
-en. Mhd. dwahen, twahen, twân, zwahen,
ostmd. quahen, vom 14. bis zum 18. Jh. zwa-
gen waschen, baden, besonders von der
Kopf- und Haarpflege, heute nur noch obd.:
schweiz. zwagen, zwahen, zwanen, zwonen,
schwäb. zwagen, alt auch zwa(c)hen, vorarl-
berg. zwahen, bair. zwahen, zwagen, tirol. zâ-
gen waschen, vor allem den Kopf. In der
Standardsprache sind waschen und baden für
das in der Bedeutung eingeschränkte Verb
zwagen eingetreten. Ein weiterer Grund für
den Ersatz liegt in der Unsicherheit, ob das
Verb sw. oder st. zu flektieren ist.

Splett, Ahd. Wb. I, 159; Schützeichel⁴ 95; Starck-
Wells 113. 801; Graff V, 266 f.; Schade 120; Lexer II,
1593; Benecke III, 157 f.; Diefenbach, Gl. lat.-germ.
67 (baptizare). 321 (lavare); Dt. Wb. XVI, 929 ff.;
Kluge²¹ 839. 894; Kluge²² 820. Stalder, Versuch ei-
nes Schweiz. Id. II, 483; Fischer, Schwäb. Wb. VI,
1411 ff.; Jutz, Vorarlberg. Wb. II, 1774 f.; Schmeller,
Bayer. Wb.² II, 1175 f.; Schöpf, Tirol. Id. 833; Bah-
der, Wortwahl in d. frühnhd. Schriftsprache 75 f.
Heyne, Dt. Hausaltertümer III, 35 f.

Ahd. dwahan entsprechen: as. thwahan, mndd.
dwagen, twagen, dwān; mndl. dwaen, dwagen;
ae. ðwēan auch salben; aisl. þvá, nisl. þvo,
nnorw. dial. tvaa, adän. thvaa, ndän. to,
nschwed. två; got. þwahan st. v. VI: < urgerm.
*þwaχan- waschen. Die Formen mit -g- sind
aus dem Prät.Pl. und Part. Prät. mit *-- her-
vorgegangen.

Fick III (Germ.)⁴ 196; Seebold, Germ. st. Verben 525;
Holthausen, As. Wb. 80; Sehrt, Wb. z. Hel.² 622;
Berr, Et. Gl. to Hel. 417; Lasch-Borchling, Mndd.
Handwb. I, 1, 503; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. I,
608 f.; VI, 112; Verdam, Mndl. handwb. 156; Holt-
hausen, Ae. et. Wb. 373; Bosworth-Toller, AS Dict.
1083; Vries, Anord. et. Wb.² 628; Jóhannesson, Isl. et.
Wb. 451; Heggstad, Gamalnorsk ordb. 735; Holthau-
sen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 322; Falk-Torp, Norw.-
dän. et. Wb. 1267 f.; Torp, Nynorsk et. ordb. 825;
Fritzner, Ordb. o. d. g. norske sprog III, 1055; Hell-
quist, Svensk et. ordb.³ 1253; Feist, Vgl. Wb. d. got.
Spr. 506; Lehmann, Gothic Et. Dict. þ-63. Zur Vertei-
lung von ahd. dwahan und waskan und deren Ent-
sprechungen im Ahd., Mhd., As. und Ae. s. W. Krog-
mann, Nd. Jb. 81 (1958), 13 ff.

Das gemeingerm. Verb bezieht sich auf das mit
scharfer Lauge angesetzte Warmbad; vgl. die
Bedeutungen der zugehörigen Wörter ae.
ðwēal, aisl. þvál Seife ( dwahal), nisl. þvag,
nnorw. tvag Urin, Lauge, aisl. þvætti Wasch-
mittel
; vgl. nkymr. troeth Waschlauge, Urin
(< *troktā oder tronktā; -drec), troethi
Wasser lassen.

Urgerm. *þwaχan- stellt sich zu apreuß. twax-
tan Badequast (< *takstom); zur Bildeweise
vgl. lit. plaktas Bügel zu plàkti (plakù, -kiaũ)
schlagen. Sofern die zugrundeliegende Wz. ur-
idg. *tak- die Bedeutung schlagen hatte, ver-
gleicht sich das Nebeneinander der Bedeutun-
gen aruss. pьrati schlagen, russ. prat’ schla-
gen, baden, Wäsche bläuen
, lit. peti (periù, p-
riaũ) (ein)schlagen; mit dem Badequast schla-
gen, baden
(Grienberger, Unters. z. got. Wort-
kunde 219; zustimmend C. C. Uhlenbeck, PBB
30 [1905], 317).

Walde-Pokorny I, 747; Pokorny 1098; Trautmann,
Balt.-Slav. Wb. 333; Trautmann, Apreuß. Spr.denkm.
453; J. Schmidt, Jenaer Literaturzeitung 1 (1874), 508;
Zupitza, Germ. Gutturale 140.

Weniger wahrscheinlich geht F. A. Wood, JEGP 2
(189899), 277 f. wegen aisl. þvál Seife für die Wz.
*tak- von einer Bedeutung reiben aus, zumal er
diese Wz. semantisch völlig unplausibel von der uner-
weiterten Form *t-, *teo- schwellen herleitet.
Auch lit. tvaksti, tvaskti und tvoskóti schlagen,
klopfen (vom Herzen, Puls)
, das Grienberger, a. a. O.
vergleicht, bleiben fern, da diese Wörter offensichtlich
innerlit. gebildete Schallwörter sind (Fraenkel, Lit. et.
Wb. 1148. 1151). Vom Wurzelauslaut her unvereinbar
sind die bei Lehmann, a. a. O. angeführten Wörter
aind. tujáti, tuñjáti (< *teg-, *tug-) bewegt sich
heftig, treibt an, reizt auf, schleudert
, die G. J. Kui-
per, Die idg. Nasalpräsentia (Amsterdam, 1937), 125 f.
unter einem Ansatz Sg. 1. *t-ég-mi, Pl. 1. *tu-g-més
anschließt; ebenso die nach H. Petersson, IF 23
(190809), 404 dazuzustellenden Bildungen ae. ðwǣ-
nan netzen, lit. tvãnas Flut, tvanùs leicht überflu-
tend, anschwellend (vom Wasser in Seen und Flüssen)

(< *tēn-, *ton-); und das von Fick I (Idg.)⁴ 64 her-
angezogene aind. toate bedeutet nicht, wie man frü-
her angenommen hat, träufelt, strömt, sondern
treibt sich an, drängt sich, eilt und bleibt so wegen
der von urgerm. *þwaχan- abweichenden Bedeutun-
gen fern (Mayrhofer, K. et. Wb. d. Aind. I, 528; ders.,
Et. Wb. d. Altindoar. I, 671 f.; T. Gotō, Die I. Prä-
sensklasse
im Ved., Sitz.ber. d. Akad. d. Wiss. in Wien
489 [Wien, 1987], 166 ff.).

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