elbizAWB m. i-/ a-St.: ‚Schwan‘ 〈Var: albiz, al-
piz, albez, aluiz, el(e)uiz, el(e)wiz; 14.—15. Jh.
elbs, elbz, ilbs〉. Das Wort, das Notker viermal
gebraucht, kommt sonst nur in Glossenbelegen
für lat. cygnus, olor vor. Spärlich überlieferte
Deklinationsformen wie Nom. und Akk. Pl. ál-
bi(s)ze (Notker), elbizze, dat. pl. álbizen (Not-
ker), elbizzin ordnen elbiz den i-St. zu, nur
einmal steht analogisch ein Nom. Pl. auf -a.
Als PN erscheinen in Freisinger Urkunden Al-
piz, Albizo m. n-St., Albiza f. n-St. (Förste-
mann, Adt. Namenbuch2-3 I, 66; E. Schröder,
ZfNamenf. 14 [1938], 110); doch sind hier
möglicherweise auch zum Personennamen-
stamm *Al- gehörige Koseformen Alb-izo,
-iza zu beachten (H. Kaufmann, Erg.bd. zu
Förstemann, Adt. Namenbuch2-3 29).
Ahd. Wb. III, 251 f.; Splett, Ahd. Wb. I, 1214; Schütz-
eichel⁴ 64; Starck-Wells 124. 803; Graff I, 243; Scha-
de 10. 131 f.; Sehrt-Legner, Notker-Wortschatz 9. —
Braune, Ahd. Gr.¹⁴ § 27 Anm. 2b (a > e). 136 (b >
p). 139 Anm. 5. 6 (u, uu für b). 215 Anm. 4. 6 (i-
Dekl.); Franck, Afrk. Gr.² § 78. — Suolahti, Dt. Vogel-
namen 406—10.
Ahd. elbiz geht auf eine urg. Form *alit- zu-
rück, die durch ae. ælbitu f. jō-St. (kent.-merc.:
Ep. und Corpus Gl.), westsächs. ielfetu f. jō-St.,
später ylfet(t)e f. n-St. bestätigt wird.
Bosworth-Toller, AS Dict. 589; Holthausen, Ae. et.
Wb. 186; Campbell, OE Gr. § 444. 592e; Sievers-
Brunner, Ae. Gr.³ § 104 (ea- > ie-, y-). 191 (-b-),
149 u. 258, 1 u. Anm. 1 (-u, -t[t]e).
Im Nordgerm. entsprechen dem ahd. elbiz zwei
Varianten, die auf urg. Grundformen mit ver-
schiedenen Mittelsilbenvokalen (s. u.) zurückzu-
führen sind: aisl. elptr und ǫlpt (später lpt,
álpt) f. kons./ i-St., nisl. álft.
Vries, Anord. et. Wb.² 101; Jóhannesson, Isl. et. Wb.
40; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 50; Falk-
Torp, Norw.-dän. et. Wb.² 188 f.; Heggstad, Gamal-
norsk Ordb. 832; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 14 f. —
Noreen, Aisl. Gr.⁴ § 416, 1. 4. 417; Heusler, Aisl. El.-
buch⁷ § 159 (-p-Schreibung).
Der Vokalwechsel -i- : -u- einer zu erschließen-
den Variation urg. *alit- (> elft-) : *alut- (>
ǫlft-) wurde früher meist als (teils analogisch
entstandener) Ablaut der Mittelsilbenvokale er-
klärt, so Noreen, Abriß d. urg. Lautlehre 63—5;
ders., IF 14 (1903), 396 ff.; ders., Aisl. Gr.⁴
§ 173, 5; Brugmann, Grdr.² II, 1 § 359; Kluge,
Urgerm.³ 199. Seit einiger Zeit geht man jedoch
von verschiedenen Nominalstämmen (auf -i
bzw. -u) mit Dentalsuffix aus (vgl. gr. ἄλφι, ἄλ-
φιτον ‚Gerstengraupen, Gerstenmehl‘), so Hirt,
Idg. Gr. III § 79; Specht, Ursprung d. idg. Dekl.
68. 114. 229; Schwyzer, Gr. Gram. I, 426 ff.;
Porzig, Glied. d. idg. Spr. 102. 144; Pokorny
29 f. Ein solches Dentalsuffix, idg. -d-, germ.
-t-, hd. -z(z)- begegnet ja sehr häufig in Tierna-
men (z. B. ahd. hiruz ‚Hirsch‘), ganz besonders
in Vogelbezeichnungen, wie mhd. gîbiz (-itz)
‚Kiebitz‘, ae. linete ‚Hänfling‘ u. a.
M. Niedermann, IF 10 (1899), 221—34; Meillet, Étu-
des sur l’étym. 322; Brugmann, Grdr.² II, 1, 467; ders.,
K. vgl. Gr. § 407, 3; J. Charpentier, Zfvgl.Spr. 40
(1907), 432 f.; Hirt, Idg. Gr. III § 79; Kluge, Nom.
Stammbildung³ § 60 Anm. 1 u. 2.
Für die Basis germ. *al- ist eine idg. Grund-
form *albh- zu erschließen, die in gr. ἀλφός
‚weißer Hautausschlag‘, ἄλφι ‚Gerstengraupen,
-mehl‘, lat. albus ‚weiß‘ und albidus ‚weißlich‘,
umbr. alfu ‚alba‘, osk. Alafaternum (Schulze,
Zur Gesch. lat. Eigennamen 119 f.), alb. elp, elbi
‚Gerste‘ (N.Jokl, Kretschmer-Festschrift 92), in
germ. Bezeichnungen für ‚Kalkerde‘, nhd.
mdartl. alben, schwed. mdartl. alf, dän. al, so-
wie zahlreichen Flußnamen vertreten ist: dt. El-
be, latinisiert Albis, Albia, tschech. Labe ‚Weiß-
wasser‘, anord. elfr, nnord. -elf ‚Fluß‘, gall. Albis
(frz. Aube), lat. Albula, gr. Ἀλφειός (H. Krahe,
BN 4 [1953], 40—2). (Ob auch Alp, Alpe[n]
hierher gehört, ist zweifelhaft; → alba².)
Ein iran. *arbhi erschließt M. Vasmer (Studien z. alb.
Wortf. 1 [Dorpat, 1921], 16 ff.; W. Schulze, Sitz.ber.
d. Pr. Akad. d. Wiss. 1910, 793) aus turkotatar. usw.
arba ‚Gerste‘.
Arm. aławni ‚Taube‘ nicht < *ala-bh-n- (H. Peder-
sen, Zfvgl.Spr. 38 [1905], 313), sondern wohl <
*pbhnii̯ā [**pH₁bhnii̯ǝ₂], vgl. lat. palumbēs ‚Ringel-
taube‘, zu gr. πέλεια ‚wilde Taube‘ (Klingenschmitt,
Altarm. Verbum 68 Anm. 11).
Walde-Pokorny I, 92 ff.; Pokorny 30; Fick III
(Germ.)⁴ 21 f.; Frisk, Gr. et. Wb. I, 81 f.; Curtius,
Grundzüge d. gr. Et.⁵ 292 f. 729; Boisacq, Dict. ét. gr.⁴
48; Chantraine, Dict. ét. gr. 67; Walde-Hofmann, Lat.
et. Wb. I, 26 f.; Ernout-Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 20; Mei-
ser, Lautgesch. d. umbr. Spr. 78; Huld, Basic Alb.
Etym. 61; Fick II (Kelt.)⁴ 21; Fraenkel, Lit. et. Wb. I,
31. — H. Osthoff, IF 8 (1898), 64 ff. (rekonstruiert idg.
*lebh-: *bh-: *bh- statt *albh-); Sturtevant-Hahn,
Comp. Gr. of Hitt. I § 73. 86 (setzen heth. al-pa-aš
‚cloud‘ = gr. ἀλφός; vgl. auch Kronasser, Et. d. heth.
Spr. § 104; Tischler, Heth. et. Gl. I, 18; Friedrich-
Kammenhuber, Heth. Wb. I, 60; anders Puhvel, Hitt.
Et. Dict. I, 37 f.).
Anlaß zur Namengebung des Schwans war also
die Farbe seines Gefieders, wie ja höchstwahr-
scheinlich auch gr. κύκνος als ‚der Weiße‘ zu
deuten ist (F. A. Wood, AJPh. 21 [1900], 179).
Doch wäre es irreführend, auf Grund des ahd.
und germ. Materials ein gemeinidg. Wort für
den ‚weißen Vogel‘ zu rekonstruieren, da fast
jede idg. Sprache ihre eigene Bezeichnung für
den Schwan gebildet hat — mit Ausnahme des
Slavischen. Von jeher wurde ahd. elbiz samt sei-
nen germ. Verwandten als Paradebeispiel germ.-
slav. Sprachgemeinschaft und die slav. Gegen-
stücke des Germ. als Exempel der gemeinslav.
Liquidenmetathese vorgeführt: russ. ksl. lebedь
f. ‚κύκνος‘ (11. Jh.), bulg. lébed, ukr. łébid’,
w.russ. lébedź, slov. lebéd — alles Formen, die
wohl auf eine reduzierte Ablautstufe von *olb-
ǫdь zurückzuführen sind. Auf *olb-ǫdь selbst
gehen zurück: serbo-kr. lȁbũd sowie slov. labód,
tschech. labut’ und poln. łabędź.
Vasmer, Russ. et. Wb. II, 22 (wendet sich gegen Ent-
lehnung von lebedь aus dem Ahd. und umgekehrt, wie
schon Osthoff, s. u.); J. Schmidt, Idg. Vokalismus II,
148; H. Osthoff, IF 8 (1898), 64 ff.; Meillet, Études sur
l’étym. 322; W. Schulze, Sitz.ber. d. Pr. Akad. d. Wiss.
(1910), 800; ders., Zfvgl.Spr. 45 (1912), 287 ff.;
Fraenkel, Zfslav. Ph. 20 (1948), 54 ff. — Zur germ.-
slav. Sprachgemeinschaft s. J. Schmidt, Verwandt-
schaftsverh. d. idg. Spr. 41 f.; Kluge, Urgerm.³ 37 f.;
Hirt, Et. d. nhd. Spr.² 109; Porzig, Glied. d. idg. Spr.
144. — Vgl. auch T. Torbiörnsson, Gemeinslav. Liq.me-
tathese I, 11. 68 ff.
Während aber im Slav. das einem ahd. albiz, el-
biz entsprechende Wort bis heute lebendig
geblieben ist, wurde die ältere Benennung
des Schwans (wegen Anklang an Alb, Elb, Elf
‚böser Geist‘?) im gesamten Germ. durch eine
von der idg. Basis *su̯en- : *su̯on- ‚singen‘
abgeleitete Wortbildung verdrängt. Skandina-
visch hat sich das alte Wort nur noch in nisl.
álft (s. o.) und allerlei Orts-, Fluß- und Seena-
men erhalten, norw.-isl. Alpt, Elptr, Alptá,
schwed. Alpta, Älften u. a. Vgl. O. Rygh, Norske
Gaardnavne (Kristiania, 1897—1924), 14. 88;
E. Schröder, Dt. Namenkunde² 389; Hellquist,
a. a. O. 14 f.; T. E. Karsten, Namn och bygd 1
(1913), 117 f.; A. Noreen, ebd. 1 (1913), 5 f.;
K. F. Johansson, ebd. 2 (1914), 212. — Auch im
Engl. ist die ältere Bezeichnung schon für das
Mittelengl. nicht mehr bezeugt.
Auf dt. Sprachgebiet ist das ältere Wort, das
schon ahd. und mhd. oft in einem Atemzug mit
dem Vorläufer von nhd. Schwan genannt wird,
noch bis ins 13. und 14. Jh. bei obd. Schriftstel-
lern zu lesen (Albrecht v. Scharfenberg, Hugo v.
Trimberg, Konrad v. Megenberg u. a.; Benecke
I, 22; Lexer I, 538). In der Neuzeit ist es nur
noch mdartl. für Teile des Alemannisch-Schwä-
bischen belegt, und zwar Elbs, Ölbs, Elbsch für
die Gegend von Bern und das westliche Schwa-
ben sowie Südbaden (Fam.Name Elbs); Schmel-
lers Angaben für das Bairische gelten nur fürs
Hochmittelalter, desgl. Unger-Khull 199 für die
Steiermark (Elbis).
Dt. Wb. III, 402; Schweiz. Id. I, 187 (auch Elbst „ein
Gespenst im Seelisberger See“?); Schmidt, Schwäb.
Wb. 162; Fischer, Schwäb. Wb. II, 686; Ochs, Bad.
Wb. I, 677 („Schwanen und Oelpsen“ 1566); Schmel-
ler, Bayer. Wb.² I, 66; A. Götze, Familiennamen im
bad. Oberland (Heidelberg, 1918), 25.
Andererseits werden gerade weiter nördlich, aus dem
ndd., ndl. und fries. Sprachgebiet, für das Mittelalter
und für die Gegenwart Formen belegt wie Elft, pl. Elf-
ten (auch Alft, Ailften, Elfst) u. a. (urg. *alit-), und
zwar im Sinne von (1) ‚Weißfisch‘ oder ‚Maifisch‘
(Alosa vulgaris, Alburnus lucidus) oder (2) ‚weißliche
Insektenlarve‘, ‚Engerling‘, außerdem ‚Blutegel‘ (vgl.
Graff I, 243: ALBA „brucus, locusta quae nondum vo-
lavit quam vulgo albam vocant“[?]). Hierher gehören
wohl auch dän. emd(e), mdartl. emte ‚Kühling‘ Leucis-
cus idus (< älterem dän. elmt) und norw. mdartl. alma
‚Engerlinge‘ (< *albna gen. pl.).
Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 189 f.; Jóhannesson,
Isl. et. Wb. 40 f.; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. I, 654;
Lasch-Borchling, Mndd. Wb. I, 1, 527 (Elft, Eilft, El-
vetentoch ‚Elftenfischzug‘); Verdam, Mndl. handwb.
162 (Elfst); Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 154. 232 (vgl.
OED² V, 139: elf, elft ‚shad‘ aus dem Afrikaans);
Dijkstra, Friesch Wb. I, 329; Müller, Rhein. Wb. I,
91 f.; II, 104 u. 108; Woeste, Wb. d. westf. Mda. 66. —
Vgl. auch C. C. Uhlenbeck, PBB 26 (1901), 290 u.
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