entrisc², entersc, nur bei Notker: ‚fremd-
(sprachig), barbarus, alienigenus‘ 〈Var.: -irsk-;
das Wort erscheint bei Notker nur mit -d-; der
Ansatz mit -t- ergibt sich aus den verwandten
Formen entrg, as. gendra, s. u.; zur Durchfüh-
rung des Wandels von inlautendem -nt- zu
-nd- bei Notker s. Braune, Ahd. Gr. ¹⁴ § 163
Anm. 5〉. Das Wort lebt wohl in bair. enderisch
‚befremdlich, ungewöhnlich, ungeheuer‘ fort.
Ahd. Wb. III, 281 f.; Splett, Ahd. Wb. I, 23; Schütz-
eichel⁴ 102; Graff I, 385; Schmeller, Bayer. Wb.² I,
103; Kluge²² 180 (jedoch unrichtige Vermengung mit
entrisc ‚uralt‘, s. d.).
Zugrunde liegt wohl eine zu dem Pron. ahd.
enêr ‚jener‘ (neben jenêr; → ennân) gehörige
Ableitung, und zwar eine Adverbialbildung des
Typs got. jaindre ‚dorthin‘, as. gendra ‚dort,
jenseits‘, mndd. ginder, gender, gindert, ginnert
‚dort‘, me. yonder ‚jenseits‘ (vgl. auch mhd. ien-
der[t], inder ‚irgendwo‘): < instr. *(j)enđr mit
Übertragung des Schleiftons aus dem ursprl.
Ablativausgang *-t < *-d (G. Schmidt, Germ.
Adv. 36; Lühr, Stud. z. Hildebrandlied 471 f.).
Von einem Adv. ahd. *entra ‚dort‘ sind dann die
Ableitungen entrisc (→ -isc) und entrg eigent-
lich ‚dortig‘ (s. d.) vorgenommen worden; vgl.
auch die Bedeutungen des zugehörigen Adverbs
enônt ‚jenseits, über etwas hinaus, hierher, citra‘
(s. d.).
Da der Ausgang *-n-der in der vorurgerm. Vor-
form der Ableitungsbasis zwischen *-n- und
dem Dentalsuffix keinen Themavokal aufweist,
ist *-n- der Reflex eines n-haltigen Pronomi-
nalstammes (und keines Suffixes *-no-). Denn
für die Grundsprache ist ein Nebeneinander von
o-stämmigen Pronominalformen und Adver-
bien, welche von dem entsprechenden athemati-
schen Stamm abgeleitet sind, gesichert; vgl. gr.
ἐκεῖνος, κεῖνος ‚jener‘ < *(e-)ei̯ + eno- : ἔνθα
‚da(hin), dort(hin)‘ < *en-dha (G. Klingen-
schmitt, in Althochdeutsch 175).