enziân
Band II, Spalte 1089
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enziânAWBAWB mhd. st.m., enziane mhd. st.f., in Gl.
des 13./14. Jh.s: Enzian, Gentiana L. Var.:
-ci-, -ti-, gencian(e). Auch sonst mhd. en-
ziân st.m. (14. Jh.), frühnhd. ention, entzion
neben genciana, gentiona, nhd. Enzian, bair.
auch Branntwein aus Enzianwurzeln. Im Mit-
telalter wurde unter den lat. Bezeichnungen
gentiana, aloe gallicum der Gelbe Enzian
(Gentiana lutea L.) verstanden, unter basili(s)-
ca dagegen der Kreuz-Enzian (Gentiana cru-
ciata L.). Ahd. enziân geht zusammen mit
mndd. ensiān, enciān, gentiāne, genziāne
(ndän. ensian stammt aus dem Dt.) auf lat.
gentiāna, gr. γεντιανή (neben γεντιὰς ῥίζα
wohl für *γεντιανάς) zurück. Der Abfall des
konsonantischen Anlauts im Dt. (vgl. auch
ndän. gentian, nschwed. entian neben gentian)
ist nicht sicher erklärt. Sofern mlat. j-Ausspra-
che von g- vorliegt, erinnert der Schwund von
anlautendem j- an das Nebeneinander von
ahd. âmer und jâmar ( jâmar), enêr und je-
nêr ( jenêr); s. Braune, Ahd. Gr.¹⁴ § 116
Anm. 4; Schatz, Ahd. Gr. § 293; Paul, Mhd.
Gr.²³ § 119.

Eine gemeingerm. Bezeichnung der Pflanze
fehlt, wohl weil ihre Arten zu zerstreut sind und
in vielen Teilen des Lebensbereichs germ.
Stämme fehlen. Im älteren Deutsch wie in ande-
ren Sprachen stehen so volkstümliche, halbge-
lehrte und gelehrte Formen nebeneinander; z. B.
schwäb. enzãu mit -ãu < -ān (K. Bohnenber-
ger, Zfdt. Wortf. 2 [1902], 4), elsäss. enzióne,
schweiz. jénzene, äntsǝnǝ; vgl. ferner die Ver-
hältnisse im Roman., wo in Gegenden, in denen
die Pflanze nicht wächst, Einflüsse der Apothe-
kersprache auftreten: afrz. gencienne, frz. gen-
tiane (daraus me. gencian, ne. gentian), aprov.
gensana, italien. genziana. Einheimische germ.
Bezeichnungen sind dagegen: Bitterwurz (da-
nach ndän. bitterrod; vgl. ält. dän. everurt von
ever scharf, bitter [ eibar]), für den Kreuz-
Enzian in Oberdeutschland Madelger ( mâdal-
gêr
, -wurz), Sperenstich; vgl. auch anord. søta
Süße als ironische Bezeichnung für die Bitter-
wurz die bittere Wurzel fand in der Medizin
Verwendung.

Ahd. Wb. III, 314 f.; Splett, Ahd. Wb. I, 184; Starck-
Wells 127; Lexer I, 602; Nachtr. 150; Diefenbach, Gl.
lat.-germ. 260 (gentiana); Dt. Wb. III, 677; Kluge²¹
168 f.; Kluge²² 181; Pfeifer, Et. Wb. 366; E. Björk-
man, Zfdt. Wortf. 6 (1904), 180; Fischer, Mittelalt.
Pflanzenkunde 220. 270; Marzell, Wb. d. dt. Pflanzen-
namen II, 611 ff. Schmeller, Bayer. Wb.² I, 118.
Wartburg, Frz. et. Wb. IV, 109 f.; Meyer-Lübke,
Rom. et. Wb.³ Nr. 3735; Gamillscheg, Et. Wb. d. frz.
Spr.² 475; Körting, Lat.-rom. Wb.³ Nr. 4233; ME
Dict. G-H, 60; OED² VI, 448. Lasch-Borchling,
Mndd. Handwb. I, 1, 550. 2, 72; Falk-Torp, Norw.-
dän. et. Wb. 195; Svenska akad. ordb. E-669 f.; G-
316; Ordb. o. d. danske sprog IV, 474; VI, 882; Hoops
Reallex. I, 614; Hoops Reallex.² VII, 399.

Nach dem griech. Pharmakologen Dioskurides
(1. Jh. n. Chr.) und nach Plinius, Nat. Hist.
25, 71 ist gr. γεντιανή bzw. lat. gentiāna nach
dem Illyrerkönig Gentius benannt, der die
Pflanze entdeckt haben soll (Mayer, Spr. d. al-
ten Illyrier I, 149). Doch liegt eher eine volks-
etym. Verknüpfung der anklingenden Pflanzen-
bezeichnung an den PN vor. An einem illyr. Ur-
sprung der Pflanzenbezeichnung hält man den-
noch fest, da -an- ein im Illyr. häufig vorkom-
mendes Suffix sei (Eberts Reallex. VI, 34 f.; Kra-
he, Balkanillyr. geogr. Namen 42 f.) und der En-
zian im Alpengebiet vorkomme. Die Sprachbe-
zeichnung illyr. ist heute jedoch auf eine ge-
ringe Zahl von Namen aus der Zone südlich und
östlich des Flusses Cetina (alter Name Hippius)
sowie eine kleine Zahl von Glossen einge-
schränkt (Cowgill-Mayrhofer, Idg. Gr. I, 55 f.).

Demgegenüber denkt Schrader, Reallex. d. idg. Alt.²
I, 247 wegen rum. genian, enur, ghinur an die
nördliche Balkanhalbinsel als Ausgangspunkt für die
Pflanzenbezeichnung. Doch stammen die rum. Wörter
aus lat. gentiāna.

Frisk, Gr. et. Wb. I, 297; Chantraine, Dict. ét. gr. 215;
Strömberg, Gr. Pflanzennamen 135; Chantraine,
Form. des noms gr. 353; Walde-Hofmann, Lat. et. Wb.
I, 592; Ernout-Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 273; Thes. ling.
lat. VI, 2, 1865; Dictionar German-Român (Bucureti,
1989), 287.

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