erinAWB n. a-St. (auch m.?), nur in Gl. seit dem
8. Jh.: ‚Erdboden, Fußboden, Estrich, area,
pavimentum; Altar, ara‘ 〈Var.: a-, -rn; zu Pa
ai- s. Braune, Ahd. Gr.¹⁴ § 26 Anm. 4〉. In Gl.
1, 38, 24. 100, 2 Pa usw. arin ‚are‘ braucht keine
Verwechslung mit area ‚Tenne‘ vorzuliegen;
denn wegen der Gl. 1, 38, 25 altares ‚altare‘
kann arin die im Anord. bei der Entsprechung
vorliegende Bedeutung ‚Feuerstelle‘ (s. u.) ha-
ben. Wie Splett, Abrogans-Studien 91 zu Recht
ausführt, spricht „die folgende Glossengruppe,
in der area mit flezzi übersetzt wird, und die
zutreffende Wiedergabe von ara ‚Altar‘ [Gl.
1, 36, 34] ... gegen eine Fehlübersetzung“. —
Mhd. eren, ern st.m. ‚Fußboden, Tenne‘, st. n.
‚Erdboden, Grund‘, nhd. veraltet Ähren,
E(h)rn (Hause[h]rn), Örhn m. ‚Hausflur, pa-
vimentum, area‘, ält. nhd. auch ähre f. (z. B.
Klopstock); nhd. dial. schweiz. ern, erm,
ehrm, öhrm (mit inversem -m für -n), elsäss.
(hus-)eren, bad., schwäb. ern, bair., tirol. eren
m., rhein., hess., pfälz., thür., schles. ern ‚Flur,
Hausflur, Vorsaal‘. Zum Ndd. hin setzt
sich Ähren gegen Diele, im Saargebiet und
Nachbarschaft gegen (Haus-)Tenne durch
(E. Christmann, ZMF 31 [1964], 188).
Ahd. Wb. III, 397 f.; Splett, Ahd. Wb. I, 1215; Starck-
Wells 132; Graff I, 463; Schade 27; Lexer I, 658; Be-
necke I, 446; Diefenbach, Gl. lat.-germ. 46 (area). 417
(pavimentum); Dt. Wb. I, 198; III, 786; Kluge²¹ 11;
Kluge²² 186; Schatz, Ahd. Gr. § 61 (Lehnwort aus
dem Roman.; doch s. u.). — Schweiz. Id. I, 461 f.; Stal-
der, Versuch eines Schweiz. Id. I, 346; Martin-Lien-
hart, Wb. d. els. Mdaa. I, 61; Ochs, Bad. Wb. I, 706;
Fischer, Schwäb. Wb. II, 823 f.; Schmeller, Bayer.
Wb.² I, 129; Schatz, Wb. d. tirol. Mdaa. 149; Müller,
Rhein. Wb. I, 168 f.; Christmann, Pfälz. Wb. II, 945;
Kehrein, Volksspr. u. Wb. von Nassau 40; Maurer-
Mulch, Südhess. Wb. II, 257; Crecelius, Oberhess.
Wb. 20 f.; Vilmar, Id. von Kurhessen 94; Hertel, Thür.
Spr.schatz 90; Mitzka, Schles. Wb. I, 252. Nach We-
sche, Heidentum in der ahd. Spr. 41 ist ahd. erin ‚Ten-
ne‘ von ahd. erin ‚Altar‘ zu trennen, doch sind die bei-
den Wörter identisch (s. u.).
Ahd. erin usw. entsprechen: mndl. eren, ere
‚Hausflur, Tenne‘; runennorw. (By, 2. Hälfte
des 6. Jh.s) aRina akk. sg. n. ‚Steinplatte‘ (doch
auffällig wegen des fehlenden R-Umlauts), aisl.
arinn m. ‚Herd, Feuerstelle, -grube, Erhöhung,
Gestell‘ (vgl. PN Arinbjǫrn), nisl. arinn, nnorw.
aare, ält. ndän. arn, ndän. arn(e) ‚Feuerstätte‘,
aschwed. arin, aren, æren ‚Feuerherd‘,
nschwed. äril ‚Bodenplatte in einem Backofen
oder Schornstein‘ (aber kaum l/ n-Stamm, wie
H. Pedersen, Zfvgl.Spr. 32 [1893], 258 erwägt).
Aus dem Nordgerm. stammen: finn. arina ‚Herd-
stein, Klippe‘, lapp. āran ‚Feuerherd‘, shetl. orn
‚Herd, Herdstein‘, schott. airinn. Eine Ablei-
tung von aisl. arinn liegt wohl in dem Komposi-
tionshinterglied von aisl. salerni ‚Abort‘ vor
(A. M. Sturtevant, GR 2 [1927], 74). Wenn aisl.
arinn statt *erinn (und ähnlich runennorw. aRi-
na) als Analogie nach dem Sg.Dat. arni oder
dem Pl.Nom. arnar, Gen. arna (vgl. aschwed.
æren) erklärt werden darf (A. Noreen, IF 14
[1903], 401; A. Kock, Ark. f. nord. fil. 15
[1899], 357 f.; ders., Umlaut und Brechung im
Aschwed. [Lund, 1911—16] 83. 85; ders., Svensk
Ljudhistoria III [Lund, 1916] § 1122 f.), ist ein
urgerm. *azina- vorauszusetzen; vgl. ahd. essa,
mhd. esse, nhd. Esse ‚Schornstein, Herd,
Schmiedesse‘ (< *asjō; → essa). Die Wörter der
Bedeutung ‚Erdboden‘, ahd. erin usw., brau-
chen nicht von aisl. arinn getrennt und als Ent-
lehnungen aus lat. arēna ‚Sand(boden)‘ (z. B.
Kluge, „Lat. Lehnworte“ 334; Kluge²¹ 11; dage-
gen bereits R. Meringer, Die Stellung des bosni-
schen Hauses und Etymologien zum Hausrat
[Wien, 1901], 109) betrachtet zu werden, denn
Bedeutungen wie ‚Erdboden‘ sind über die Be-
deutung ‚Steinplatte im Herd‘ vermittelbar; vgl.
die Bedeutungen von nschwed. äril (s. o.) und
lit. aslà (s. u.); und was die Bedeutungsver-
wandtschaft von ‚Herd‘ und ‚Flur‘ betrifft, so
zeigen z. B. die Grundrisse des fränkisch-mittel-
deutschen Hauses, daß Flur, Küche und Herd
eins waren (Th. Frings, in Behaghel-Festschrift
[1924] 209 ff.; Germania Romana 133 f. 196).
Zum Nebeneinander von Bedeutungen wie
‚Herd‘ und ‚Flur‘ vgl. auch die Bedeutungsent-
wicklung zu ‚Herd‘ bei frz. âtre (afrz., mfrz.
astre, aistre < *astrum < *astracum), das zu
dem Lehnwort estrh (s. d.) gehört (s. Frings,
Germania Romana I² 179 f.).
Fick III (Germ.)⁴ 18 (doch urgerm. *arina-); Verdam,
Mndl. handwb. 166; Vries, Anord. et. Wb.² 13; Jóhan-
nesson, Isl. et. Wb. 36. 789; Holthausen, Vgl. Wb. d.
Awestnord. 6; A. Jóhannesson, Grammatik der urnordi-
schen Runeninschriften (Heidelberg, 1928) 80; Krause,
Die Runeninschr. im ä. Futhark § 14. 47. 66. 81, 2b. 88;
Bugge, Norges indskrifter med de ældre runer I, 104 f.;
Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 33; Torp, Nynorsk et.
ordb. 12; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 1444 f. (jedoch
Bedenken zur Verbindung mit lat. āra; s. u.); Fritzner,
Ordb. o. d. g. norske sprog I, 72; Noreen, Aisl. Gr.⁴
§ 72 Anm., 126; ders., Aschwed. Gr. § 384; E. N. Se-
tälä, Finn.-Ugr. Forsch. 13 (1913), 358; T. E. Karsten,
Folksmålsstudier 2 (1934), 81; G. Henderson, The
Norse Influence on Celtic Scotland (Glasgow, 1910)
113; Jakobsen, Shetl. et. ordb. 593; Thomsen, Saml. af-
handlinger II, 171; Quigstad, Nord. Lehnw. im Lapp.
91. — Anord. PN wie aschwed. Ærnvidher, Ernuidher,
anorw., aisl. Anrviðr sind kaum ursprl. Bezeichnungen
für den Opferpriester, etwa als kenningartige Bildun-
gen der Bedeutung ‚Feuerplatzbaum‘, und damit wohl
auch nicht mit der im Ahd. vorliegenden Bedeutung
‚Altar‘ (R. Nordenstreng, Namn och bygd 28 [1940],
30 ff.) zusammenzubringen.
Urgerm. *azina- stellt sich zu lit. aslà ‚aus Lehm
festgestemmter Fußboden‘, das wie nschwed.
äril mit l-Suffix gebildet ist. Weitere Anschlüs-
se sind: lat. ārea f. ‚freier Platz, Dreschtenne,
Hofraum‘, eigentlich ‚ausgebrannte, trockene,
kahle Stelle‘; vgl. Festus-Paulus 11 area ... dici-
tur locus vacuus quasi exaruerit; und auch alat.
āsa, -ae f., lat. āra ‚Altar‘, osk. aasaí ‚in ara‘,
umbr. ase ‚arae‘ (zu lat. āreo ‚bin trocken, dürr,
ausgedörrt‘) < *āsā; heth. ḫassā ‚Herd‘ (<
[**H₂aH₁só-]?); vgl. auch aind. sa- m. ‚Asche,
leicht verfliegender Staub‘, Wörter, die man aus
*ās- (wohl < [**H₂eH₁s-]: dazu R. S. P. Bee-
kes, in Laryngaltheorie 84) ‚brennen, glühen‘
herleitet. Im Falle der vorurgerm. und vorurbalt.
Wurzelform *as-, die auch in ahd. aska ‚Asche‘
(s. d.) vorliegt, ist bei einem Wurzelansatz uridg.
[**H₂eH₁s-] eine wohl sekundär zu *ās- gebil-
dete Schwundstufe anzunehmen.
Ob die reguläre Schwundstufe zu **H₂eH₁s-, nämlich
die Lautung *H₂H₁s-, im Vorurgerm. und Vorurbalt.
*as- ergeben hätte, ist unklar.
Pokorny 68; Mayrhofer, K. et. Wb. d. Aind. I, 83;
ders., Et. Wb. d. Altindoar. I, 182 f.; Walde-Hofmann,
Lat. et. Wb. I, 61. 65 (doch Vorform: *āssā für lat. āra
usw.); Fraenkel, Lit. et. Wb. 18; Tischler, Heth. et. Gl.
I, 196 f.; Oettinger, Stammbildung d. heth. Verbums
187; H. Reichelt, Zfvgl.Spr. 46 (1914), 315 f.; Hoops
Reallex. II, 507.
Wegen des Fehlens des R-Umlauts wird eine Vorform
mit urgerm. *r für das Anord. angenommen von
J. Lindroth, Namn och bygd 3 (1915), 84 f. (das von
ihm verglichene Wort aisl. ern bedeutet jedoch ‚tüch-
tig, energisch‘ und ist so von aisl. arinn zu trennen; s.
Egilsson-Jónsson, Lexicon poeticum² 112 f.); H. Pip-
ping, Acta Soc. Scient. Fenn. 49, 3 (1921), 7; ders., In-
ledning till Studiet av de nordiska Språkens Ljudlära
(Helsingfors, 1922) 98; Fick, a. a. O. (s. o.); F. R.
Schröder, in Streitberg-Festgabe (1924) 340 ff. Doch
wird Schröders Verbindung mit aind. íriṇa- ‚Salzsen-
ke, Vertiefung im Boden für das Würfelspiel‘ und die
von ihm postulierte Bedeutungsentwicklung zu ‚Feuer-
loch‘ von F. Holthausen, Zfvgl.Spr. 71 (1953), 55 zu
Recht abgelehnt (s. Mayrhofer, Et. Wb. d. Altindoar.
I, 196; doch ders., K. et. Wb. d. Aind. I, 91 f.: Schrö-
ders Verbindung mit mhd. er(e)n usw. sei beachtens-
wert); auch Holthausens Anschluß (Zfvgl.Spr. 70
[1951], 202) an gr. ἀραρίσκω ‚füge zusammen‘, lat. ar-
mus ‚Schulterblatt‘, ars ‚Kunst‘, urgerm. *arma-
‚Arm‘, *arđ- ‚Art und Weise‘ ist nicht vorzuziehen, da
ein Benennungsmotiv wie ‚Gefügtes‘ für ein Wort der
Bedeutung ‚Tenne, Feuerstätte‘ weniger einsichtig ist
als die Verbindung mit lat. ārea (s. o.).
Ahd. ero ‚Erde‘ (Lexer I, 605), ae. ærn ‚Haus‘ (Graff,
a. a. O.) bleiben fern (zum Wandel von urgerm. *razn-
> ae. ærn s. H. Weyhe, PBB 30 [1903], 55 f.).; ebenso
ist der Bedeutungsansatz ‚der Ausgeackerte‘ (R. Me-
ringer, IF 17 [1904—05], 122) und damit der Anschluß
an lit. óras ‚Luft‘, lett. âra, âre, ârs ‚Freies, freies Feld,
Äußeres, Außenseite‘, lok. sg. ārā ‚im Freien, draußen,
heraus, hinaus‘ abzulehnen. Die balt. Wörter stellen
sich zu der Sippe von lit. árti, lett. ar̂t ‚ackern, pflü-
gen‘ (Fraenkel, a. a. O. 518); → erien.