erin
Band II, Spalte 1132
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erinAWB n. a-St. (auch m.?), nur in Gl. seit dem
8. Jh.: Erdboden, Fußboden, Estrich, area,
pavimentum; Altar, ara
Var.: a-, -rn; zu Pa
ai- s. Braune, Ahd. Gr.¹⁴ § 26 Anm. 4. In Gl.
1, 38, 24. 100, 2 Pa usw. arin are braucht keine
Verwechslung mit area Tenne vorzuliegen;
denn wegen der Gl. 1, 38, 25 altares altare
kann arin die im Anord. bei der Entsprechung
vorliegende Bedeutung Feuerstelle (s. u.) ha-
ben. Wie Splett, Abrogans-Studien 91 zu Recht
ausführt, spricht die folgende Glossengruppe,
in der area mit flezzi übersetzt wird, und die
zutreffende Wiedergabe von ara Altar [Gl.
1, 36, 34] ... gegen eine Fehlübersetzung
.
Mhd. eren, ern st.m. Fußboden, Tenne, st. n.
Erdboden, Grund, nhd. veraltet Ähren,
E(h)rn (Hause[h]rn), Örhn m. Hausflur, pa-
vimentum, area
, ält. nhd. auch ähre f. (z. B.
Klopstock); nhd. dial. schweiz. ern, erm,
ehrm, öhrm (mit inversem -m für -n), elsäss.
(hus-)eren, bad., schwäb. ern, bair., tirol. eren
m., rhein., hess., pfälz., thür., schles. ern Flur,
Hausflur, Vorsaal
. Zum Ndd. hin setzt
sich Ähren gegen Diele, im Saargebiet und
Nachbarschaft gegen (Haus-)Tenne durch
(E. Christmann, ZMF 31 [1964], 188).

Ahd. Wb. III, 397 f.; Splett, Ahd. Wb. I, 1215; Starck-
Wells 132; Graff I, 463; Schade 27; Lexer I, 658; Be-
necke I, 446; Diefenbach, Gl. lat.-germ. 46 (area). 417
(pavimentum); Dt. Wb. I, 198; III, 786; Kluge²¹ 11;
Kluge²² 186; Schatz, Ahd. Gr. § 61 (Lehnwort aus
dem Roman.; doch s. u.). Schweiz. Id. I, 461 f.; Stal-
der, Versuch eines Schweiz. Id. I, 346; Martin-Lien-
hart, Wb. d. els. Mdaa. I, 61; Ochs, Bad. Wb. I, 706;
Fischer, Schwäb. Wb. II, 823 f.; Schmeller, Bayer.
Wb.² I, 129; Schatz, Wb. d. tirol. Mdaa. 149; Müller,
Rhein. Wb. I, 168 f.; Christmann, Pfälz. Wb. II, 945;
Kehrein, Volksspr. u. Wb. von Nassau 40; Maurer-
Mulch, Südhess. Wb. II, 257; Crecelius, Oberhess.
Wb. 20 f.; Vilmar, Id. von Kurhessen 94; Hertel, Thür.
Spr.schatz 90; Mitzka, Schles. Wb. I, 252. Nach We-
sche, Heidentum in der ahd. Spr. 41 ist ahd. erin Ten-
ne
von ahd. erin Altar zu trennen, doch sind die bei-
den Wörter identisch (s. u.).

Ahd. erin usw. entsprechen: mndl. eren, ere
Hausflur, Tenne; runennorw. (By, 2. Hälfte
des 6. Jh.s) aRina akk. sg. n. Steinplatte (doch
auffällig wegen des fehlenden R-Umlauts), aisl.
arinn m. Herd, Feuerstelle, -grube, Erhöhung,
Gestell
(vgl. PN Arinbjrn), nisl. arinn, nnorw.
aare, ält. ndän. arn, ndän. arn(e) Feuerstätte,
aschwed. arin, aren, æren Feuerherd,
nschwed. äril Bodenplatte in einem Backofen
oder Schornstein
(aber kaum l/ n-Stamm, wie
H. Pedersen, Zfvgl.Spr. 32 [1893], 258 erwägt).
Aus dem Nordgerm. stammen: finn. arina Herd-
stein, Klippe
, lapp. āran Feuerherd, shetl. orn
Herd, Herdstein, schott. airinn. Eine Ablei-
tung von aisl. arinn liegt wohl in dem Komposi-
tionshinterglied von aisl. salerni Abort vor
(A. M. Sturtevant, GR 2 [1927], 74). Wenn aisl.
arinn statt *erinn (und ähnlich runennorw. aRi-
na) als Analogie nach dem Sg.Dat. arni oder
dem Pl.Nom. arnar, Gen. arna (vgl. aschwed.
æren) erklärt werden darf (A. Noreen, IF 14
[1903], 401; A. Kock, Ark. f. nord. fil. 15
[1899], 357 f.; ders., Umlaut und Brechung im
Aschwed. [Lund, 191116] 83. 85; ders., Svensk
Ljudhistoria III [Lund, 1916] § 1122 f.), ist ein
urgerm. *azina- vorauszusetzen; vgl. ahd. essa,
mhd. esse, nhd. Esse Schornstein, Herd,
Schmiedesse
(< *asjō; essa). Die Wörter der
Bedeutung Erdboden, ahd. erin usw., brau-
chen nicht von aisl. arinn getrennt und als Ent-
lehnungen aus lat. arēna Sand(boden) (z. B.
Kluge, Lat. Lehnworte 334; Kluge²¹ 11; dage-
gen bereits R. Meringer, Die Stellung des bosni-
schen Hauses und Etymologien zum Hausrat
[Wien, 1901], 109) betrachtet zu werden, denn
Bedeutungen wie Erdboden sind über die Be-
deutung Steinplatte im Herd vermittelbar; vgl.
die Bedeutungen von nschwed. äril (s. o.) und
lit. aslà (s. u.); und was die Bedeutungsver-
wandtschaft von Herd und Flur betrifft, so
zeigen z. B. die Grundrisse des fränkisch-mittel-
deutschen Hauses, daß Flur, Küche und Herd
eins waren (Th. Frings, in Behaghel-Festschrift
[1924] 209 ff.; Germania Romana 133 f. 196).
Zum Nebeneinander von Bedeutungen wie
Herd und Flur vgl. auch die Bedeutungsent-
wicklung zu Herd bei frz. âtre (afrz., mfrz.
astre, aistre < *astrum < *astracum), das zu
dem Lehnwort estrh (s. d.) gehört (s. Frings,
Germania Romana I² 179 f.).

Fick III (Germ.)⁴ 18 (doch urgerm. *arina-); Verdam,
Mndl. handwb. 166; Vries, Anord. et. Wb.² 13; Jóhan-
nesson, Isl. et. Wb. 36. 789; Holthausen, Vgl. Wb. d.
Awestnord. 6; A. Jóhannesson, Grammatik der urnordi-
schen Runeninschriften (Heidelberg, 1928) 80; Krause,
Die Runeninschr. im ä. Futhark § 14. 47. 66. 81, 2b. 88;
Bugge, Norges indskrifter med de ældre runer I, 104 f.;
Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 33; Torp, Nynorsk et.
ordb. 12; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 1444 f. (jedoch
Bedenken zur Verbindung mit lat. āra; s. u.); Fritzner,
Ordb. o. d. g. norske sprog I, 72; Noreen, Aisl. Gr.
§ 72 Anm., 126; ders., Aschwed. Gr. § 384; E. N. Se-
tälä, Finn.-Ugr. Forsch. 13 (1913), 358; T. E. Karsten,
Folksmålsstudier 2 (1934), 81; G. Henderson, The
Norse Influence on Celtic Scotland (Glasgow, 1910)
113; Jakobsen, Shetl. et. ordb. 593; Thomsen, Saml. af-
handlinger II, 171; Quigstad, Nord. Lehnw. im Lapp.
91. Anord. PN wie aschwed. Ærnvidher, Ernuidher,
anorw., aisl. Anrviðr sind kaum ursprl. Bezeichnungen
für den Opferpriester, etwa als kenningartige Bildun-
gen der Bedeutung Feuerplatzbaum, und damit wohl
auch nicht mit der im Ahd. vorliegenden Bedeutung
Altar (R. Nordenstreng, Namn och bygd 28 [1940],
30 ff.) zusammenzubringen.

Urgerm. *azina- stellt sich zu lit. aslà aus Lehm
festgestemmter Fußboden
, das wie nschwed.
äril mit l-Suffix gebildet ist. Weitere Anschlüs-
se sind: lat. ārea f. freier Platz, Dreschtenne,
Hofraum
, eigentlich ausgebrannte, trockene,
kahle Stelle
; vgl. Festus-Paulus 11 area ... dici-
tur locus vacuus quasi exaruerit; und auch alat.
āsa, -ae f., lat. āra Altar, osk. aasaí in ara,
umbr. ase arae (zu lat. āreo bin trocken, dürr,
ausgedörrt
) < *āsā; heth. assā Herd (<
[**HaHsó-]?); vgl. auch aind. sa- m. Asche,
leicht verfliegender Staub
, Wörter, die man aus
*ās- (wohl < [**HeHs-]: dazu R. S. P. Bee-
kes, in Laryngaltheorie 84) brennen, glühen
herleitet. Im Falle der vorurgerm. und vorurbalt.
Wurzelform *as-, die auch in ahd. aska Asche
(s. d.) vorliegt, ist bei einem Wurzelansatz uridg.
[**HeHs-] eine wohl sekundär zu *ās- gebil-
dete Schwundstufe anzunehmen.

Ob die reguläre Schwundstufe zu **HeHs-, nämlich
die Lautung *HHs-, im Vorurgerm. und Vorurbalt.
*as- ergeben hätte, ist unklar.

Pokorny 68; Mayrhofer, K. et. Wb. d. Aind. I, 83;
ders., Et. Wb. d. Altindoar. I, 182 f.; Walde-Hofmann,
Lat. et. Wb. I, 61. 65 (doch Vorform: *āssā für lat. āra
usw.); Fraenkel, Lit. et. Wb. 18; Tischler, Heth. et. Gl.
I, 196 f.; Oettinger, Stammbildung d. heth. Verbums
187; H. Reichelt, Zfvgl.Spr. 46 (1914), 315 f.; Hoops
Reallex. II, 507.

Wegen des Fehlens des R-Umlauts wird eine Vorform
mit urgerm. *r für das Anord. angenommen von
J. Lindroth, Namn och bygd 3 (1915), 84 f. (das von
ihm verglichene Wort aisl. ern bedeutet jedoch tüch-
tig, energisch
und ist so von aisl. arinn zu trennen; s.
Egilsson-Jónsson, Lexicon poeticum² 112 f.); H. Pip-
ping, Acta Soc. Scient. Fenn. 49, 3 (1921), 7; ders., In-
ledning till Studiet av de nordiska Språkens Ljudlära
(Helsingfors, 1922) 98; Fick, a. a. O. (s. o.); F. R.
Schröder, in Streitberg-Festgabe (1924) 340 ff. Doch
wird Schröders Verbindung mit aind. íria- Salzsen-
ke, Vertiefung im Boden für das Würfelspiel
und die
von ihm postulierte Bedeutungsentwicklung zu Feuer-
loch
von F. Holthausen, Zfvgl.Spr. 71 (1953), 55 zu
Recht abgelehnt (s. Mayrhofer, Et. Wb. d. Altindoar.
I, 196; doch ders., K. et. Wb. d. Aind. I, 91 f.: Schrö-
ders Verbindung mit mhd. er(e)n usw. sei beachtens-
wert); auch Holthausens Anschluß (Zfvgl.Spr. 70
[1951], 202) an gr. ἀραρίσκω füge zusammen, lat. ar-
mus Schulterblatt, ars Kunst, urgerm. *arma-
Arm, *arđ- Art und Weise ist nicht vorzuziehen, da
ein Benennungsmotiv wie Gefügtes für ein Wort der
Bedeutung Tenne, Feuerstätte weniger einsichtig ist
als die Verbindung mit lat. ārea (s. o.).

Ahd. ero Erde (Lexer I, 605), ae. ærn Haus (Graff,
a. a. O.) bleiben fern (zum Wandel von urgerm. *razn-
> ae. ærn s. H. Weyhe, PBB 30 [1903], 55 f.).; ebenso
ist der Bedeutungsansatz der Ausgeackerte (R. Me-
ringer, IF 17 [190405], 122) und damit der Anschluß
an lit. óras Luft, lett. âra, âre, ârs Freies, freies Feld,
Äußeres, Außenseite
, lok. sg. ārā im Freien, draußen,
heraus, hinaus
abzulehnen. Die balt. Wörter stellen
sich zu der Sippe von lit. árti, lett. at ackern, pflü-
gen
(Fraenkel, a. a. O. 518); erien.

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