ero
Band II, Spalte 1146
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eroAWB m.(?) wa-St., nur Wess. Gebet: Erde.
Mhd. ere st.m.(?) st.f.(?).

Ahd. ero ist weder ein fem. ō-St. (O. Bremer, ZfdA. 31
[1887], 205 ff.: der Nom. Sg. würde *era lauten) noch
ein neutr. u-St. (W. P. Lehmann, ZfdPh. 81 [1962],
29: zur Zeit des Wess. Gebets wäre die Form *eru)
noch ein mask. wan-St. (R. Koegel, Grdr. d. germ.
Phil.² II, 1, 196: man würde *erwo oder *erawo er-
warten).

In dem viel diskutierten Wort fatereres im Hildebr.
liegt keine Zss. mit ero, sondern nur ein Schreibfehler
für fateres vor (vgl. Lühr, Stud. z. Hildebrandlied II,
514 f.).

Die mhd. Belege sind alle unsicher, da die Möglichkeit
eines Schreibfehlers für erde in jedem Fall zu erwägen
ist. Wahrscheinlich zu ero gehören wenigstens die Be-
lege von ere Acker, Pflugland im Wiener, Milstätter
und Vorauer Joseph: di(e) ere manecfalt (vgl. J. Diemer
[Hrsg.], Genesis u. Exodus nach der Milstäter Hs.
[Wien, 1862] II, 48 Anm. z. Z. 104, 16; ders., Sitz.ber.
d. Akad. d. Wiss. in Wien 48 [1865], 386 f. Anm. z.
Z. 890 und 903; die Form könnte Pl. eines alten mask.
wa-Stammes sein). Problematisch sind die Belege im
Hohen Lied des Brun von Schonebecke: einmal in der
ere im Reim mit irwere, einmal nicht im Reim von der
here; Fem. in Anlehnung an erde oder Schreibfehler
für erde (: irwerde)? Für Weiteres über diese und ande-
re noch fraglichere Belege s. W. Krogmann, PBB 59
(1935), 114 f.; ders., ZMF 13 (1937), 139 f.;
U. Schwab, arbeo laosa: Phil. Stud. z. Hildebr. (Bern,
1972) 104 f. Anm. 174.

Ahd. Wb. III, 427; Splett, Ahd. Wb. I, 1215; Schütz-
eichel⁴ 104; Schade 150; Lexer I, 623; Benecke I, 50;
Dt. Wb. III, 750 (s. v. Erde); Kluge²¹ 171; Kluge²² 184
(s. v. Erde); Pfeifer, Et. Wb. 369 (s. v. Erde).

Die einzige sichere Entsprechung im Germ. u.
zwar mit n-Erweiterung ist aisl. jrvi m. (<
*erwan-) Sand(hügel), nnorw. dial. jörve, jer-
ve m., jörva f. Sandwall, steiniger Boden,
nschwed. ON Järva.

Umstritten ist die Beurteilung von andfrk. eren-
de fines (terrae) Lips. Gl. 201. Das Wort ist
kaum mit Heyne, Kl. andd. Denkm.² 45, Anm.
z. Z. 261, als Fehlschreibung für einde Ende zu
betrachten (trotz W. Krogmann, ZMF 13
[1937], 139; U. Schwab, a. a. O.; dagegen
O. Bremer, Nd. Korresp.blatt 10 [1885], 29).
Kyes, Dict. of O. Low and C. Franc. Ps. 20 hält
es offenbar für ein entstelltes *erthende (ähnlich
schon F. Holthausen, PBB 10 [1885], 577: *erd-
ende). Nach O. Bremer, a. a. O. und Helten,
Aostndfrk. Psalmenfrg. 66, 201. 98 ist die überlie-
ferte Form aber nicht zu ändern: sie stellen den
ersten Wortteil wohl mit Recht zu ahd. ero (vgl.
auch Ahd. Wb. III, 390).

Neben dem spärlich bezeugten wa(n)-Stamm
*er-wa(n) kommt eine weitverbreitete Dentaler-
weiterung *er-þō im Germ. vor ( erda).

Fick III (Germ.)⁴ 26 (erþō); Vries, Anord. et. Wb.
295; Jóhannesson, Isl. et. Wb. 67; Holthausen, Vgl.
Wb. d. Awestnord. 147; Torp, Nynorsk et. ordb. 253;
Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 474 (s. v. jord); Hell-
quist, Svensk et. ordb.³ 428; Feist, Vgl. Wb. d. got. Spr.
25 (s. v. airþa); Lehmann, Gothic Et. Dict. A-85.

Mit germ. *erwa(n)- am nächsten verwandt sind
die kelt. o-Stämme kymr. erw Feld, korn.
erw, ereu dss., abret. eru Stück Land (in eru-
blobion proletarios; vgl. W. Stokes, BB 17
[1891], 139. 141), mbret. eru, nbret. ero Fur-
che
. Ohne o-Erweiterung gehören hierher gr.
ἔρα Erde (nur in Gl.), ἔραζε zur Erde.

Vielleicht hierher sogar mit -Erweiterung
arm. erkir Erde, wenn aus *erweri- (Bugge,
Beitr. z. Erläuterung d. arm. Spr. 14; ähnlich
H. Pedersen, Zfvgl.Spr. 38 [1905], 197); dage-
gen A. Meillet, Mélanges E. Boisacq (Brüssel,
1937) I, 1: mit arm. erkin Himmel zu arm. er-
kow zwei.

Die weitere Etymologie von idg. *er- Erde ist
unklar. Wegen des Vokalismus gehört es sicher
nicht zur Wz. *arǝ- pflügen (vgl. lat. arvum
Saatgefilde, Flur und erien, erren), obgleich
ein gegenseitiger Einfluß der beiden Wurzeln
nicht auszuschließen ist. O. Hoffmann, Bezzen-
berger-Festschrift 82 ff. stellt es zur idg. Wz.
*er(ǝ)- [**(H)er(H)-] (sich) trennen (z. B. in
lit. ìrti sich auflösen, trennen, aksl. oriti auf-
lösen, zerstören
), entweder im Sinne freier,
leerer Raum, der sich trennend zwischen zwei
Dinge schiebt
oder durchs Meer getrenntes
Land
. Er vergleicht gr. χῶρος Raum, Platz,
Stelle, Acker, Flur, Landgut
, χώρᾱ Zwischen-
raum, freier Raum, Platz, Stelle, Landstrich,
Land
neben χωρίς getrennt, abgesondert. Ihm
stimmt E. Fraenkel, Glotta 35 (1956), 79 zu und
vergleicht weiter die Wörter lit. érdv Raum,
árdvas, advas, edvas geräumig, ausgedehnt,
frei, ungezwungen
, die zur selben Wz. gehören
würden wie die Wörter mit der Bed. Erde (vgl.
auch Fraenkel, Lit. et. Wb. 15 f. s. v. ardti Zu-
sammengefügtes lösen, auftrennen usw.
).

Walde-Pokorny I, 79. 142; Pokorny 63. 332; Fick II
(Kelt.)⁴ 41; Pedersen, Vgl. Gr. d. kelt. Spr. I, 63; Dict.
of Welsh 1238 f.; Henry, Lex. ét. du bret. mod. 116;
Boisacq, Dict. ét. gr.⁴ 270; Frisk, Gr. et. Wb. I, 546 f.;
Chantraine, Dict. ét. gr. 363; Hübschmann, Arm. Gr.
445. Specht, Ursprung d. idg. Dekl. 22.

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