fîrra, fîra
Band III, Spalte 304
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fîrraAWB, fîraAWB f. jō-St. (seit dem 9. Jh.), f. jōn-
St. (seit dem 12. Jh.), in Gl., Murb. H., bei
Notker: Fest, Feier, Feiertag, Ruhe, fēriae,
sabbatum, otium
Var.: u-, v-; -ie-. Das Wort
ist aus spätlat. fēria Feiertag, Festtag entlehnt
und hat einheimisches itmâlî Fest (Abrogans,
Tatian) ( itmâlî) verdrängt. Den Wandel von
lat. /ē/ zu ahd. /ī/ (vgl. auch ahd. f. n-St. krî-
da Kreide < lat. crēta, f. ō-St. sîda Seide <
lat. sēta) schreibt L. Weisgerber (in Rhein.
Vj.blätter 17 [1952], 24) dem Einfluß irischer
Missionstätigkeit zu, da lat. ē im Kelt. als ī er-
scheint; vgl. entlehntes air. síta m. Seide.
Sonst wird lat. /ē/ mit ahd. /ē²/, das sich im
9. Jh. zu ia, ie entwickelt, wiedergege-
ben; vgl. briaf, brief < lat. breve, ahd. ziegal
< lat. tēgula.

Die Flexion als jō(n)-St. hat in der Gemination
des -r- vor *-j- ihren graphischen Ausdruck
rr gefunden. Noch im 12. Jh. ist die Doppel-
schreibung nachweisbar (vgl. Schlettst. Cod.
Ms. 7 nom. sg. vīrra, nom. pl. fīrro; vgl. Simm-
ler, Westgerm. Kons.gemin. 279 [weiteres Beleg-
material zu fîrra noch 278 u. Anm. 150, 282, 285
u. Anm. 231], s. auch Schatz, Ahd. Gr. § 262),
Einfachgraphie der Geminate kommt bei dem
Wort erstmals im 10. Jh. vor (Gl. 1, 467, 2 [Cod.
Vindob. 2732]), gehäuft dann im 12. Jh. Mhd.
vîre, vîere, vîer st.f. Festtag, Feier (als st. n. in
Frauenlob 361, 6 daz vîre halt, daz ist gesetzet
wahrscheinlich in Anlehnung an n. fest),
frühnhd. feire f. (Luther), nhd. Feier f.

Im klass. Lat. begegnet nur das Pluraletantum fēriae,
älter fēsiae. Der Sg. ist seit dem 5. Jh. in christl. Texten
belegt, wo er zur Bezeichnung einzelner Wochentage
verwendet wird. Doch ist auch für den Sg. die Bedeu-
tung Fest, Festtag überliefert. Die zugrundeliegende
Wz. uridg. *dhēs- [**dheHs-] begegnet auch sonst in
religiösen Begriffen, vgl. osk. fíísíaís Festtage < ur-
idg. [**dheHs-eH₂-], osk. fíísnú Tempel, umbr. fes-
naf ds. < [**dheHs-neH₂-], arm. dikՙ Götter < ur-
idg. [**dheHs-], die tiefstufige Wz. ist fortgesetzt in
lat. fānum Heiligtum < urit. *fasno- < uridg.
[**dhǝs-no-], gr. θέσφατος von Gott verkündet <
uridg. [**dhǝs-bhǝ₂-to-], gr. θεός Gott < urgr. *the-
sós < uridg. [**dhǝsó-] (Pokorny 259, Untermann,
Wb. d. Osk.-Umbr. 281 f.; zweifelnd Lindeman, La-
ryngeal Theory 169 Anm. 202; weiterführend
B. Forssman, Kratylos 45 [2000], 71).

Ahd. Wb. III, 901 ff.; Splett, Ahd. Wb. I, 237; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 267 f.; Schützeichel⁵ 134; Starck-
Wells 155; Schützeichel, Glossenwortschatz III, 176 f.;
Graff III, 664 f.; Schade 197; Lexer III, 362 f.; Benek-
ke III, 325 f.; Diefenbach, Gl. lat.-germ. 230 (feria);
Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 259 (feriae). 458 (otium).
581 (sabbatum); Dt. Wb. III, 325 f.; Kluge²¹ 189; Klu-
ge²⁴ 283; Pfeifer, Et. Wb.² 332. Braune, Ahd. Gr.¹⁵
§ 36c; Schatz, Ahd. Gr. § 19; Wilmanns, Dt. Gr. I
§ 189, 4; Simmler, a. a. O. 278 ff.; I. Strasser, in Iren u.
Europa 401.

As. fīra (Wadstein, Kl. as. Spr.denkm. 90, 27 ui-
re feri [Prudentiusgl. in einer Werdener
Hs.]), mndd. vīre f., vīr f.n. kirchliches Fest,
Feiertagsruhe, Feier
; andfrk. *fīre wegen der
aostndfrk. Ableitungen fīringa Feier und fīrlīc
festlich, feierlich, mndl. viere Festtag, Rüst-
tag
; afries. fīre f. Feier, nostfries. fīr Feier,
Ruhe, Ruhetag
gehen ebenfalls auf spätlat. fēria
zurück. Dagegen leitet sich me. fērie, ne. ferie
(veraltet) Feier, Feiertag, Fest aus afrz. feire
her.

Holthausen, As. Wb. 20; Wadstein, Kl. as. Spr.denkm.
239; Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. I, 1, 729;
Schiller-Lübben, Mndd. Wb. V, 259; Helten,
Aostndfrk. Psalmenfrg. 99; Quak, Wortkonkordanz z.d.
amittel- u. andfrk. Ps. 54; Verdam, Mndl. handwb.
712; Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 741; Vries, Ndls. et.
wb. 782; Holthausen, Afries. Wb.² 27; Richthofen,
Afries. Wb. 743; Doornkaat Koolman, Wb. d. ostfries.
Spr. I, 487; ME Dict. E-F, 504; OED² V, 837 f.
Diez, Et. Wb. d. rom. Spr.⁵ 139; Frings, Germania Ro-
mana II, 251 ff.

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