fasal
Band III, Spalte 75
Symbol XML-Datei TEI Symbol PDF-Datei PDF Zitat-Symbol Zitieren

fasalAWB m. oder n. a-St., nur in Gl. seit dem
11. Jh. und bei Notker: Same, Frucht, Nach-
komme, Nachwuchs, fetura, fetus, gens, se-
men, spes gentis, spes gregis
Var.: -el, -il.
Mhd. vasel st.m. Zuchttier, st. n. das Junge,
Nachkommenschaft
(vgl. auch mhd. vesel, ve-
selic fruchtbar; fesilîg), nhd. Fasel m.
männliches Zuchttier meist in Zss. wie Fasel-
schwein, -hengst, -vieh usw.

Ein in manchen etym. Wbb. hierher gestelltes
ahd. Wort für lat. pēnis, das als faselt, fasal oder
fasel angesetzt wird, existiert nicht. Wahr-
scheinlich ist mhd. visel pēnis nicht verwandt,
sondern gehört zu mndd. vīsel Mörserkeule,
-stößel
(vgl. mndd. vīseler dss.; auch männli-
ches Glied
; Lasch-Borchling, Mndd. Handwb.
I, 1, 734), weiter zu lat. pīnsō (zer-)stampfe,
zerstoße
(vgl. Pokorny 796; LIV² 466).

Ahd. Wb. III, 640 f.; Splett, Ahd. Wb. I, 212; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 248; Schützeichel⁵ 130; Starck-Wells
142; Schützeichel, Glossenwortschatz III, 71; Graff
III, 374; Schade 170; Sehrt, Notker-Gl. 49; Palander,
Ahd. Tiernamen 18 f.; Lexer III, 28; Benecke III, 330;
Diefenbach, Gl. lat.-germ. 232 (fetura); Götz, Lat.-
ahd.-nhd. Wb. 262 (fetus). 288 (gens). 600 (semen).
622 (spes gentis, spes gregis); Dt. Wb. III, 1337; Klu-
ge²¹ 185; Kluge²⁴ 277.

Das Wort hat nur im Westgerm. sichere Ent-
sprechungen: mndd. vāsel Zucht, Nachkom-
menschaft, Aufzucht
; mndl. (nur in Wbb.) vasel
Fetus, Leibesfrucht (Kiliaan: ongeboren
vrucht, de vrucht in het moederlijf
), sonst nur
in der Ableitung gevazelt Pöbel, Abschaum,
nndl. (dial.) vazel Vulva (beim Vieh); ae. fæsl
Nachkommen.

Das aisl. Hapaxlegomenon fsull, nur in der Kenning
gljúfra fsull Schlange, das früher als Nachkommen-
schaft (der Schlucht)
gedeutet und zu ahd. fasal ge-
stellt wurde, ist wohl eher als Band, Schnur zu ver-
stehen (vgl. Vries, Anord. et. Wb.² 151; faso) und
fernzuhalten.

Die Etymologie des langob. Wortes fra Geschlecht,
Familie, generatio
, das Schrader, Reallex. d. idg. Alt.²
II, 405 f. mit ahd. fasal zu verknüpfen versucht hat, ist
ungeklärt. Sogar die Länge des Wurzelvokals ist um-
stritten (vgl. R. Koegel, ZfdA. 37 [1893], 217 ff. [ā];
R. Henning, ebd. 304 ff. []). Obgleich Koegels An-
knüpfung an lat. pario gebäre (idg. Wz. *per-; far)
erwägenswert ist, scheint Hennings Deutung des Wor-
tes als Fahrtgenossenschaft wahrscheinlicher (vgl.
auch Henning, ZfdA. 36 [1892], 316 ff.; Rhee, Germ.
Wörter in langob. Gesetzen 48 ff.). Schrader setzt wie
Koegel ein langes ā an, führt das Wort aber auf idg.
*pēs-, germ. *fēr- zurück und vergleicht nicht nur
ahd. fasal, sondern auch gr. πηός Verschwägerter
und lat. pāri-cīda Mörder an nahen Verwandten: <
*pāsó-. Wegen des fraglichen Ablauts ē : ā sind die gr.
und lat. Wörter wohl fernzuhalten; da sich ohne diese
Wörter die ursprl. Endbetonung der Vorform von lan-
gob. fra (*pes-) nicht beweisen läßt, ist auch der Ver-
gleich mit ahd. fasal sehr unwahrscheinlich.

Fick III (Germ.)⁴ 239; Lasch-Borchling, Mndd.
Handwb. I, 1, 662; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. V,
208 f.; Verdam, Mndl. handwb. 643; Verwijs-Verdam,
Mndl. wb. VIII, 1286; Vries, Ndls. et. wb. 766; Wb. d.
ndl. taal XVIII, 951 ff.; Holthausen, Ae. et. Wb. 96;
Bosworth-Toller, AS Dict. 267; Jóhannesson, Isl. et.
Wb. 562; Bruckner, Spr. d. Langob. 87 (§ 22). 203;
Rhee, Germ. Wörter in langob. Gesetzen 48 ff.

Westgerm. *fasal- wird gewöhnlich zu aind. pá-
sas- n. pēnis, gr. πέος n. (< *pes-os), πόσϑη f.
dss., lat. pēnis (< *pesnis) gestellt; verwandt
ist wohl auch heth. pesna- c. Mann (vgl. E. Neu
und H. Otten, IF 77 [1972], 181 ff.; O. Carruba,
IF 98 [1993], 92 ff.). Die Bed. der zugrundelie-
genden idg. Wz. *pes- ist unsicher. Die im Heth.
selten belegte Wz. *pes- (ein-)reiben weist auch
eine sexuelle Bed. auf (s. Oettinger, Stammbil-
dung d. heth. Verbums Nr. 210, S. 327 und vgl.
lit. pìsti futuere, mhd. visel pēnis [s. o.] zur
idg. Wz. *pes- : *pis- zerstampfen, zerreiben
usw.
), aber diese verbale Wz. kommt im Idg.
sonst nicht vor (aus lautlichen Gründen können
die Wurzeln *pes- und *pes- nicht identisch
sein). Vom Germ. her wäre eine Grundbed.
zeugen zu erwarten, aber die Art der germ. Bil-
dung ist auch unklar: ursprl. der Erzeuger? wie
immer noch in mhd. vasel m. Zuchttier und in
den Zss. wie ahd. fasalkalb (s. d.), dann vielleicht
unter dem Einfluß von Wörtern wie knuosal
Geschlecht (s. d.) auch als das Erzeugte ver-
standen?

Nicht besser Kluge²⁴ a. a. O.: zu gr. σπάω ziehe, reiße
nur wegen der übertragenen Bed. des gr. Verbs leite
her, stamme ab
. Dazu ist gr. σπάω etymologisch dun-
kel (Wz. *σπα- oder *σπασ-?); vgl. Frisk, Gr. et. Wb.
II, 759 ff.; Chantraine, Dict. ét. gr. 1034.

Die von A. J. v. Windekens, Zfvgl. Spr. 70 (195152),
111 vorgeschlagene Verknüpfung von toch. B peel-
Wurm(?) mit ahd. fasal, aind. pásas- usw. hat sich we-
gen der Unsicherheit über die Bed. des toch. Wortes
nicht eindeutig erweisen lassen.

Wohl abzulehnen O. Schrader, IF 17 (190405), 18:
zu gr. πηός, lat. pāricīda (s. o.); C. C. Uhlenbeck, PBB
26 (1901), 296: zu faso (s. d.) Geschlechtsfaden,
Nachkommenschaft
.

Walde-Pokorny II, 68; Pokorny 824; Fick I (Idg.)⁴
83. 254. 479; Mayrhofer, K. et. Wb. d. Aind. II, 241;
ders., Et. Wb. d. Altindoar. II, 111; Boisacq, Dict. ét.
gr.⁴ 768; Frisk, Gr. et. Wb. II, 507. 584; Chantraine,
Dict. ét. gr. 882; Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. II,
281; Ernout-Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 496; Tischler, Heth.
et. Gl. II, 580 f.; Adams, Dict. of Toch. B 399 f.

Information

Band III, Spalte 75

Zur Druckfassung
Zitat-Symbol Zitieren
Symbol XML-Datei Download (TEI)
Symbol PDF-Datei Download (PDF)

Lemma:
Referenziert in: