fata
Band III, Spalte 86
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fata f. ō-St., nur zweimal bei Notker, Bo.:
Haltung, Zustand, innere Verfassung, habi-
tus
Var.: u-. Mhd. nur ein etwas unsicherer
Beleg: den kam er mit vatten / als ein helt ze
statten (Hagen, v.d., Minnesinger III, 340a
[Konrad von Würzburg]: von J. Grimm, Dt.
Wb. III, 1362 als apte disposite gedeutet),
frühnhd. fat(e) dispositio, ordo, habitus (Dt.
Wb. a. a. O.).

Ein seit Grimm manchmal angeführtes ahd. Verb fa-
tôn gestalten, schmücken existiert nicht; belegt ist
nur giunfatôn (Notker, Bo. verunstalten, entstellen,
confundere
; s. d.).

Im Germ. findet man nur im Ae. und Me. ver-
wandte Wörter: ae. fadian ordnen, führen, fa-
dung Ordnung, Verteilung, Herrschaft, gefæd
ordentlich, ruhig, subst. Ordnung, me. faden
ordnen.

Ahd. Wb. III, 654; Splett, Ahd. Wb. I, 213; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 249. 461; Schützeichel⁵ 130. 295;
Graff III, 450; Raven, Schw. Verben d. Ahd. II, 162;
Lexer III, 4 (unter vade Zaun!); Benecke III, 279;
Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 299 (habitus). Holthau-
sen, Ae. et. Wb. 94 f.; Bosworth-Toller, AS Dict. 262.
389; Suppl. 196. 321; Suppl. II, 23; ME Dict. E-F,
361.

Das Wort hat keine sichere Etymologie. Nach
F. Holthausen, IF 62 (1956), 155 (ähnlich schon
J. Grimm, a. a. O.) gehören die ahd. und ae.
Wörter zu lat. potis vermögend, mächtig, potī-
re unterwerfen, potīrī sich bemächtigen, sich
bemeistern
, aind. pátyate beherrscht, hat zu ei-
gen
; also mit gramm. Wechsel zu got. -faþs in
bruþfaþs Bräutigam, hundafaþs Hauptmann
über 100 Mann
usw. < idg. *potis (vgl. auch
aind. páti-, av. paiti- m. Herr, Gebieter, Ge-
mahl
; gr. πόσις Gatte; lit. pàts Ehemann;
selbst
, lett. pats Gatte, Herr; selbst; toch. A
pats Ehemann, toch. B. pets Ehemann usw.;
Weiteres bei Pokorny 842). Die Bed. selbst im
Lit. und Lett. ist nicht ursprünglich (vgl. E. Ben-
veniste, Word 10 [1954], 260 ff.; ders., Problems
259 ff.), sondern sekundär (vgl. Szemerényi,
Syncope in Gr. and IE 337 ff.).

Für die ae. Wörter ist diese Erklärung sowohl
lautlich als auch semantisch annehmbar. Auch
die Bed. des ahd. Wortes läßt sich damit verein-
baren: aufgrund von ahd. giunfatôn (s. o.) muß
man auch für das Ahd. eine Bed. Ordnung,
Fassung
ansetzen, woraus die Bed. Haltung
leicht hätte entstehen können (vgl. me. con-,
cuntenaunce, das sowohl Haltung, Verhalten
als auch Fassung, Beherrschung bedeutete
[ME Dict. C-D, 557 f.]).

Jedenfalls gehört ahd. fata nicht zur Sippe von ahd. fa-
tôn
ernähren (s. d.) (wie bei Splett, a. a. O.).

Wohl nicht verwandt trotz Grimm, a. a. O. sind got. fa-
þa Zaun, mhd. vade, vat(t)e dss., aisl. ON Fð, die
eher zu aisl. faðmr Umarmung, Klafter, Faden ( fa-
dum
) gehören: der Zaun ist das Umfassende (dage-
gen nach Grimm, a. a. O.: der Zaun ordnet und hegt
das Feld
).

Mhd. vat Trug (Lexer, Mhd. Taschenwb.³⁷, Nachtr.
401) und die nhd. Mda.wörter fat List (Schweiz. Id.
I, 1126; Fischer, Schwäb. Wb. II, 977), fät Streich,
pl. launenhafte Einfälle, Grillen (Müller, Rhein. Wb.
II, 323), fätig listig, launisch, unbeständig (Fischer,
a. a. O. 981; Müller, a. a. O. 323) sind etymologisch
dunkel. Die im Schweiz. Id. a. a. O. vorgeschlagene
Verbindung mit ahd. fata ist wegen der Bed. zweifel-
haft: die Bedeutungen der Sippe von ahd. fata betonen
den Begriff Ordnung, Beherrschung, Fassung, wäh-
rend die Mda.wörter eher auf eine Grundbed. das
Launenhafte
deuten. Viell. wäre Entlehnung aus
mfrz., nfrz. fat geckenhaft, läppisch mit einer Bed.-
entwicklung Geckenhaftes > Posse > List zu erwä-
gen (vgl. nhd. dial. gecken Possen treiben). Sehr unsi-
cher.

Bisher sind alle Versuche mißglückt, idg. *potis
weiter zu analysieren; abzulehnen sind J. Trier,
Zd. Savigny-Stiftung f. Rechtsgesch. 65 (1947),
232 ff.: zur Wz. *pō- Zaun, zäunen; fater;
F. Mezger, Zfvgl. Spr. 76 (195960), 302: zu
*[a]po- ab, weg, abseits ( aba): der für sich
steht, der abseits und den anderen gegenüber
steht
; kaum besser Szemerényi, a. a. O. 389:
zur Wz. *op- Reichtum u. ä. ( avalôn, uoba):
*[o]p-ot-i- der Reiche > Herr.

Feist, Vgl. Wb. d. got. Spr. 109 f.; Lehmann, Gothic Et.
Dict. B-107; Walde-Pokorny II, 77 f.; Mayrhofer, Et.
Wb. d. Altindoar. II, 72 (PAT²). 73 (páti-); Frisk, Gr.
et. Wb. II, 584; Chantraine, Dict. ét. gr. 931; Walde-
Hofmann, Lat. et. Wb. II, 350 f.; Ernout-Meillet,
Dict. ét. lat.⁴ 528 f.; Fraenkel, Lit. et. Wb. 551 f.; Müh-
lenbach-Endzelin, Lett.-dt. Wb. III, 124 f.; Winde-
kens, Lex. ét. tokh. 86; ders., Le tokharien 19. 77. 81;
Adams, Dict. of Toch. B 401.

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