fegôn
Volume III, Column 101
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fegônAWB sw. v. II, nur in Gl. 2, 711, 35, 10. Jh.
(Beleg uegadun in Gl. 2, 718, 1 ist as.): säubern,
putzen (bezogen auf Waffen), tergere

3.pl.prät. uegedun. Mhd. vegen fegen, rei-
nigen, putzen, scheuern
, nhd. fegen.

Ahd. Wb. III, 676; Splett, Ahd. Wb. I, 217; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 251; Starck-Wells 144; Schützeichel,
Glossenwortschatz III, 84; Schade 173 (nur mhd. ve-
gen); Raven, Schw. Verben d. Ahd. II, 39; Lexer III,
41; Benecke III, 288; Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 660
(terere [fälschlich für tergere]); Dt. Wb. III, 1412 ff.;
Kluge²¹ 189; Kluge²⁴ 282; Pfeifer, Et. Wb.² 331.
Paul, Mhd. Gr.²³ § 64 Anm. 1 a (mhd. vegen mit Wur-
zelvokal ë < urgerm. /e/).

Ahd. fegôn hat eine genaue Entsprechung in as.
fegon putzen, glätten, mndd. vegen sw. v. fe-
gen, reinigen, putzen
: < urgerm. *feōe/a-
säubern, putzen, eine deverbale Ableitung von
urgerm. *feχe/a- st. v. V in der Bedeutung auf-
geräumt machen
. Daneben steht ahd. gifehan
sich freuen (s. d.), eigtl. aufgeräumt sein < ur-
germ. *-feχe/a-.

Weitere west- und nordgerm. Verwandte weisen
im Gegensatz zu ahd. fegôn usw. einen langen
Wurzelvokal auf: mndl. vēghen fegen, nndl.
vegen fegen, reinigen, schön machen; nost-
fries. fägen fegen, reinigen, kehren, saterfries.
feegje fegen (afries. fēgja bei Vries, Anord. et.
Wb.² 109 u. a. ist nicht zu verifizieren); aisl.
fægja reinigen (des Schwertes), verehren, nisl.
fægja putzen, schmücken, nnorw. fægja,
nschwed. dial. fägga, fäja aufräumen: < ur-
germ. *fēie/a- reinigen, verehren und mndl.
vāghen reinigen, nndl. vagen fegen, putzen;
aisl. fága reinigen, glänzend machen, nisl. fága
schmücken: < urgerm. *fēōe/a-. In der vor-
urgerm. Vorform *pē-é/ó- ist der lange Wur-
zelvokal wohl durch Haplologie aus einem re-
duplizierten Intensiv vorurgerm. *pē-pe-é/ó-
entstanden (vgl. z. B. lit. liti [lie] lecken,
aksl. lizati [li] dss., serbo-kroat. lízati [lî-
zēm] dss. < vorurbaltoslaw. *leh-é/ó- mit
Akzentrückziehung und Wandel der Intonation
aus einem idg. Intensiv *le-lih-é/ó- lecken,
das im aind. Intensiv re-rih-yáte [Medium]
leckt heftig fortgesetzt ist; Lühr, Egill 123;
Mayrhofer, Et. Wb. d. Altindoar. II, 463;
G. Klingenschmitt, Pedersen-Gedenkschrift 250).
Mndd. vegen fegen, reinigen, putzen wurde ins
Skand. entlehnt und steht so neben den ererbten
Formen (zum Nebeneinander von Erb- und
Lehnwort im Skand. vgl. aisl. ungr jung < ur-
germ. *juna- neben aisl. jungr jung, das aus
mndd. jung < urgerm. *juna- entlehnt ist): ält.
schwed. fäga, nschwed. feja, ält. dän. feie, norw.
dial. feie reinigen (Thorson, Anglo-Norse Stu-
dies 60). Aus dem Skand. wiederum stammen
me. fǣgen, fēgen reinigen, polieren, ne. dial.
fay fea, fee, fie reinigen, das aus fægja
(Björkman, Scand. Loanwords 237; Thorson,
a. a. O. 60) und me. fōwen reinigen, ne. faugh
falb, das aus fága übernommen wurde (Björk-
man, a. a. O. 89; Thorson, a. a. O. 25).

Fick III (Germ.)⁴ 224 f.; Seebold, Germ. st. Verben
189; Heidermanns, Et. Wb. d. germ. Primäradj. 194;
Holthausen, As. Wb. 18; Wadstein, Kl. as. Spr.denkm.
238; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. V, 220; Verdam,
Mndl. handwb. 613 f. 611; Verwijs-Verdam, Mndl.
wb. VIII, 1352 f.; Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 721
(s. v. vagen); Vries, Ndls. et. wb. 768; Doornkaat
Koolman, Wb. d. ostfries. Spr. I, 411 f.; Fort, Saterfries.
Wb. 92; ME Dict. E-F, 444; Stratmann-Bradley, ME
Dict.³ 214. 247; OED² V, 673 f. 670 ff.; XX, 739;
Vries, Anord. et. Wb.² 109. 149; Jóhannesson, Isl. et.
Wb. 532; Fritzner, Ordb. o. d. g. norske sprog I, 527;
Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 77; Falk-Torp,
Norw.-dän. et. Wb. 210 f.; Torp, Nynorsk et. ordb.
142; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 205; Svenska akad.
ordb. F-423. F-67. Gallée, Vorstud. z. e. andd. Wb.
69; Krahe-Meid, Germ. Sprachwiss. III § 183. 2; Krüer,
Bindevokal 18; Wißmann, Nomina Postverb. 109.

Außerhalb des Germ. gibt es lediglich im Balt.
Verwandte; sie setzen im Unterschied zur ē-Stu-
fe des Germ. eine Bildung mit *-ō- als Wurzel-
vokal fort: lit. puõti putzen, schmücken (1. sg.
puoiù, 3. sg. puõia), lett. pùost (puôst) reini-
gen, säubern, fegen, aufräumen, roden; putzen,
schmücken
< vorurbalt. *pō-é/ó- mit Akzent-
rückziehung von der ursprl. fallend intonierten
(zirkumflektierten) Mittelsilbe und Wandel der
Intonation (G. Klingenschmitt bei Lühr, Egill
94). Einen anderen Akzent zeigt das Kausativ
uridg. *spe/o- schlafen machen mit betonter
o-Dehnstufe und Schwundstufe *-e- des Suffi-
xes *-ee/o-, das in lat. sōpiō schlafen machen,
aisl. søfa töten, schlachten fortgesetzt ist
(G. Klingenschmitt, Zfvgl. Spr. 92 [1978], 113,
bes. 12). Zu vergleichen ist so eher der Typ gr.
κόπτω < *kopé/ó-, wobei im Balt. die urgerm.
*fē- entsprechende Wurzel *pē- die Basis ge-
wesen sein könnte. Weiteres fagar(i).

Walde-Pokorny II, 16; Pokorny 796 f.; LIV² 467;
Trautmann, Balt.-Slav. Wb. 229; Fraenkel, Lit. et.
Wb. 669; Mühlenbach-Endzelin, Lett.-dt. Wb. III,
458. Lühr, a. a. O. 123. 93 f.

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