fel
Band III, Spalte 122
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felAWB n. a-St., seit dem 8. Jh., bei Otfrid, in
Pro Nessia und in Gl.: Haut, Häutchen, Fell,
chlamys, membranum, membranula, pellis

Var.: v-, -æ-, -ll-. Mhd. vel (-ll-) st. n.
Haut, Fell, nhd. Fell. Das Wort wird bis ins
16. Jh. zur Bezeichnung der tierischen wie der
menschlichen Haut verwendet. Erst mit Lu-
thers Bibelübersetzung setzt sich eine Unter-
scheidung in Fell Tierhaut, später behaarte
Tierhaut, Pelz
, und Haut menschliche Haut
( hût) durch; vgl. noch Redewendungen mit
Fell im Sinne von Haut wie ein dickes Fell ha-
ben, jemandem das Fell über die Ohren ziehen.

Ahd. Wb. III, 699 f.; Splett, Ahd. Wb. I, 220; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 253; Schützeichel⁵ 131; Starck-Wells
145. XL; Schützeichel, Glossenwortschatz III, 92 f.;
Seebold, ChWdW8 124; Graff III, 469; Schade 176;
Lexer III, 52 f.; Benecke III, 293; Diefenbach, Gl. lat.-
germ. 421 (pellis); Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 399
(membrana, membranula). 473 (pellis); Dt. Wb. III,
1494 ff.; Kluge²¹ 192 (Fell). 197 (Film); Kluge²⁴ 285
(Fell). 293 (Film); Pfeifer, Et. Wb.² 335 (Fell). 342
(Film).

Ahd. fel entsprechen: as. fel n. (menschliche)
Haut
, mndd. vel Fell, Haut des Tieres, des
Menschen, Pelzwerk
; aostndfrk. fel Vlies,
mndl. vel Fell, Haut; afries. fell dss., nost-
fries. fel (pl. fellen), nwestfries. fel dss.; ae. fell
dss., me. fel dss., ne. fell; aisl. fjall Haut,
Fell, Bekleidung
, fell Pergament (bókfell),
nisl. fell, nschwed. fjäll; got. -fill in þrutsfill
Aussatz, λέπρα (davon filleins ledern; fel-
lîn, fillîn
), faurafilli n. Vorhaut, ἀκροβυστία:
< urgerm. *fella- n. mit *-ll- < uridg. *-ln-
(s. u.); dazu auch aisl. filla f. Haut, Fell, ndän.
fille Lumpen, Lappen, nschwed. dial., nnorw.
filla Felldecke, Haut, Tuch, Lappen (< *felli-
jōn-).

Aisl. feldr m. Schafpelz, Mantel, eigtl. Hülle, Dek-
ke
, nisl. feldur, norw. feld Fell, Pelz(decke),
nschwed. fäll (altgotländ. falda Bettdecke) < *falđi-
gehören dagegen zu ahd. fald Falte (s. d.). Die mit
aisl. feldr bezeichnete Decke war oft aus Pelz (vgl.
skinnfeldr Pelzdecke, bjarnfeldr Bärenpelzdecke);
daher dürften sich die beiden Wörter in ihrer Bedeu-
tung gegenseitig beeinflußt haben; vgl. bjarnfell, ber-
fjall Bärenfell.

Fick III (Germ.)⁴ 235 f.; Holthausen, As. Wb. 19;
Sehrt, Wb. z. Hel.² 125; Berr, Et. Gl. to Hel. 113;
Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. I, 1, 680; Schiller-
Lübben, Mndd. Wb. V, 222 f.; Helten, Aostndfrk. Psal-
menfrg. 99; Kyes, Dict. of O. Low and C. Franc. Ps. 24;
Verdam, Mndl. handwb. 646; Franck, Et. wb. d. ndl.
taal² 727; Vries, Ndls. et. wb. 168. 769; Holthausen,
Afries. Wb.² 25. 27; Richthofen, Afries. Wb. 740. 751;
Doornkaat Koolman, Wb. d. ostfries. Spr. I, 434;
Dijkstra, Friesch Wb. I, 343; Holthausen, Ae. et. Wb.
100. 105; Bosworth-Toller, AS Dict. 12. 274. 287.
350; Suppl. 208. 218; Suppl. II, 24; ME Dict. E-F,
456 f. 560; OED² V, 813. 913 f.; Oxf. Dict. of Engl.
Et. 349. 356; Vries, Anord. et. Wb.² 116. 120. 123; Jó-
hannesson, Isl. et. Wb. 557 f.; Fritzner, Ordb. o. d. g.
norske sprog I, 399. 412. 421; Holthausen, Vgl. Wb. d.
Awestnord. 59. 61; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb.
211. 217; Ordb. o. d. danske sprog IV, 957; Torp, Ny-
norsk et. ordb. 104; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 215.
253; Svenska akad. ordb. F-690 ff. 2052 f.; Feist, Vgl.
Wb. d. got. Spr. 145. 152; Lehmann, Gothic Et. Dict.
F-51. Wie zumeist abzulehnen Trier, Lehm 30, nach
dem die dünne Kalkhaut ... die Keimstelle von engl.
film, d. Fell und anderen
ist. Ags. fild ... dicke
Milch
... würde auf Umwegen die Lehmverschmie-
rung des Flechtwerks *pel-
bestätigen.

Wie vorurgerm. *pelno- ist lat. pellis, -is f. Fell,
Haut, Pelz, Leder
< uridg. *pelni- mit einem
n-Suffix gebildet und von der Wz. uridg. *pel-
wohl mit der Bedeutung bedecken, verhüllen
(s. u.) abgeleitet (Brugmann, Grdr.² I, 128 f.).

Im Gr. wird in der Aufzählung der Schreibmate-
rialien im Onomasticon von Pollux (10, 57)
χάρτας, πέλλας, διφθέρας wegen der Glosse He-
sych ἰτθέλαν διφθέραν statt πέλλας ein ἰττέλας
gelesen. Corp. Gl. Lat. II, 144 erscheint jedoch
pellarius πελλοράφος (Joh. Schmidt, Kritik d.
Sonantentheorie 102 f.). Hat man demnach im
Gr. mit einem Stamm πελλο-, -ᾱ zu rechnen
(z. B. Curtius, Grundzüge der gr. Et.⁵ 271; Boi-
sacq, Dict. ét. gr.⁴ 763; Brugmann, a. a. O. II, 1,
261), so hat vorurgerm. *pelno- in vorurgr.
*pelno-, -ā eine genaue Entsprechung.

πέλλα Haut wird jedoch für das Gr. bestritten; z. B.
von O. Schrader, Zfvgl. Spr. 30 (1890), 479 f.; die λλ-
haltigen Wörter finden sich auch nicht bei Frisk, Gr.
et. Wb.

Einen Bindevokal vor dem n-Suffix zeigt die
Vorform von aksl. pelena Windel, russ. pelená
(slowen. peleníca, pleníca usw.; aber auch russ.
pélьka Windel ohne -n-) < urslaw. *pelena
(Joh. Schmidt, Idg. Vokalismus 67; F. Solmsen,
Zfvgl. Spr. 38 [1905], 444 Anm. 2). Und ein m-
Suffix weisen auf: afries. filmene f. Haut (fil-
mena breke Hautverletzung neben filmenebre-
ke), hierher, wohl mit Metathese von -l-, auch
afries. fimel Haut (nndl. Kiliaan fimel, nndd.
femel dünnes Kleid); ae. fylm(en), filmen m.n.
Häutchen, Vorhaut, film m. dss. (Umbildung
von filmen oder Ableitung von urgerm. *felma-;
felm), me. film n. Haut, Membran, ne. film
(< urgerm. *felmenja-/ō- oder eher *felmīna-/
ō-; s. Kluge, Nom. Stammbildung³ § 57), aus
dem Ne. im 19. Jh. nhd., nndl. film; ae. -felma
in ægerfelma Eihäutchen (< *-felman-); gr.
πέλμα n. Sohle am Fuß oder Schuh (<
*pelm). Will man die Bildungen mit m- und n-
Suffix vereinen, kann man einen men-Stamm ur-
idg. *pelmen-, *pelm-, *pelmn-es annehmen,
aus dem mit Vereinfachung vom mn hinter
Kons. die Stämme mit n- und m-Suffix hervor-
gegangen sind.

Vgl. Brugmann, a. a. O. II, 1, 261; Specht, Ursprung d.
idg. Dekl. 51. 141.

Zugehörig ist weiterhin wohl gr. ἐρυσίπελας,
-τος n. Bezeichnung einer Hautkrankheit, Ro-
se, Rotlauf
(Schwyzer, Gr. Gram.² I, 443
Anm. 5), wobei mit dem Nebeneinander von gr.
πέλμα und πέλας im Gr. δέρμα (abgezogene)
Haut, Fell, Leder
und δέρας dss. zu verglei-
chen sind δέρας kann nach gr. κρέας Fleisch
zustande gekommen sein.

Sofern die Wz. *pel- eine s-lose Variante der
Wz. *spel- spalten darstellt (zu Ableitungen
von der s-haltigen und s-losen Wz. s. Persson,
Beitr. z. idg. Wortf. 805 f.), könnte es sich bei ur-
idg. *pelmen- usw. ursprl. um eine Bezeichnung
der abgezogenen Tierhaut gehandelt haben (s.
E. Lidén, BB 21 [1896], 95). Daneben steht der
Bedeutungsansatz verdecken, verhüllen, wes-
halb auch Wörter wie lat. palla Kleidungsstück
aus rechteckigem Stoff, das vor allem von Frau-
en getragen wurde
, pallium Obergewand,
Mantel, der aus einem viereckigen Stück Stoff
drapiert wurde
als verwandt betrachtet werden
(z. B. Persson, a. a. O. 226; zur problematischen
Deutung von lat. palla und pallium s. jedoch
Potthoff, Lat. Kleidungsbez. 146 ff.). Von diesen
beiden Bedeutungsansätzen dürfte die Rückfüh-
rung auf eine s-lose Wz. *pel- vorzuziehen sein,
weil s-mobile-haltige Varianten unter den Wör-
tern für Haut fehlen. Weiteres s. faldan.

Als ablautende Bildung mit der Fortsetzung eines -
Suffixes (dazu s. u.) ist möglicherweise aisl. fl n.
dünne Schneedecke (< *falwa-) aufzufassen (s.
Vries, Anord. et. Wb.² 150: zu gr. ἐπί-πλοον usw.; zu
dem gr. Wort aber s. u.). Auch nnorw. file m. Sahne,
nschwed. fil saure Milch (< *feljō-) werden unter ei-
ner Grundbedeutung Haut zu der Sippe von ahd. fel
gestellt und bedeutungsmäßig mit den zu fel gehörigen
lit. plv Häutchen auf der gekochten Milch, lett.
plêve dünnes Häutchen (z. B. über der Milch) vergli-
chen. Für den abweichenden Anlaut aisl. þél n. geron-
nene Milch
verweist Vries (a. a. O. 608) u. a. auf das
Nebeneinander von got. þliuhan und aisl. flja flie-
hen
(zum þl/fl-Wechsel im Germ. s. Matzel, Gesam-
melte Schriften 187 ff.); aisl. þél (< *þenχla-) stellt
sich jedoch zur Sippe von ahd. dâha Ton (s. d.).

Unter einer Wurzelform *plē- [**pleH₁-] wer-
den mit -Formans slowinz. plìeva Regenbo-
genhaut
, ukrain. plivá, russ. plevá dünnes
Häutchen
(< urslaw. *plěva), lit. plv dünne
weiche Haut, Häutchen auf der gekochten
Milch, Bauchhaut bei Schlachttieren
, lett. plêve
dünnes Häutchen (z. B. über der Milch, am
Fleisch), Narbe
(< urbalt. *plēiā; zur Dekli-
nation der balt. ē-Stämme s. Stang, Vgl. Gr. d.
balt. Spr. 201 ff.) und mit n-Formans tschech.
pléna Windel, dünnes Häutchen (< *plěna
oder *pelna mit Liquidenmetathese), lit. pln
dünnes Häutchen, Membrane, Regenbogen-
haut, Iris
, lett. plne dünne Schicht, apreuß.
pleynis Hirnfell mit -ey- für ē nach Analogie
des Mndd. (F. Solmsen, Zfvgl. Spr. 38 [1905],
44 Anm. 2) zu der Wz. *pel- gestellt (z. B.
Specht, a. a. O. 182; doch 141: apreuß. pleynis
eher mit i-Diphthong).

Demgegenüber betrachtet Frisk (Gr. et. Wb. I, 540)
das lautlich anklingende Wort gr. ἐπί-πλοον Netz-
haut um die Gedärme, Darmnetz, Omentum
, das u. a.
Persson (a. a. O. 750) anschließt, als ein im Gr. ent-
standenes, von ἐπι-πλεῖν im Sinne von oben schwim-
men
abgeleitetes Verbalnomen.

Fern bleiben die von O. Schrader (Zfvgl. Spr. 30
[1890], 479 f.) zum Vergleich herangezogenen Ablei-
tungen mit -Suffix gr. πέλλα f. Melkeimer, auch
Trinkschale, Becher (< *πέλϝα, gekürzt aus
*πηλϝα; s. Schwyzer, a. a. O. I, 279; anders Schrader,
a. a. O. 480: *pel-nā); lat. pēlvis f. Becken, Schüssel,
wozu F. Holthausen (IF 25 [1909], 152) auch aisl. full
n. Becher, ae. full dss. (< idg. *p-nó-m oder p-
ló-m
) stellt. Die Wörter aind. pālavī f. eine Art Ge-
fäß, Geschirr
, pāli-, pālikā- f. Kochtopf treten erst
im klass. Sanskrit auf und sind so kaum mit lat. pēlvis
usw. zu verbinden. Möglich ist ein Anschluß an *pāla-
schützend, behütend; Behälter (Mayrhofer, Et. Wb.
d. Altindoar. II, 262; anders Schulze, Quaest. epicae
83 f.).

Die Verbindung von aind. palva- m. Spreu, Hülse
mit der Sippe von lit. plv gibt Mayrhofer (Et. Wb. d.
Altindoar. II, 103) auf; zu aind. palva- s. etwa Klin-
genschmitt, Altarm. Verbum 232 Anm. 4; Schrijver,
Reflexes 256 f.; dort auch zu lat. palea, -ae f. Spreu,
das Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. II, 238 zu *pel-
Haut
stellen). Zu aind. paa- m. gewebtes Zeug,
Gewand, Decke
, lit. palà großes Stück Leinwand,
Leintuch
, gall. linna eine Art Gewand usw. s. faldan.

Die Wurzelvarianten uridg. *pel- und *plē-
[**pelH₁- und **pleH₁-] verdecken, verhüllen
erscheinen nur in nominalen Ableitungen (veral-
tet ist Hirts [Idg. Ablaut 129; Idg. Gr. II, 63.
151] Wurzelansatz *pele-).

Walde-Pokorny II, 58 f.; Pokorny 883 f.; Fick I (Idg.)⁴
478; Boisacq, a. a. O. 286; Frisk, Gr. et. Wb. I, 368 f.
570; II, 498 ff.; Chantraine, Dict. ét. gr. 376. 877;
Hofmann, Et. Wb. d. Gr. 260; Walde-Hofmann, Lat.
et. Wb. II, 238 f. 275 f.; Ernout-Meillet, Dict. ét. lat.
476. 493 f.; Trautmann, Balt.-Slav. Wb. 226; Miklo-
sich, Et. Wb. d. slav. Spr. 236; Sadnik-Aitzetmüller,
Handwb. zu den aksl. Texten 85. 281 (Nr. 638); Vas-
mer, Russ. et. Wb. II, 332 f. 368; Fraenkel, Lit. et. Wb.
615. 620; Mühlenbach-Endzelin, Lett.-dt. Wb. III,
342; Trautmann, Apreuß. Spr.denkm. 400 f.

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