fernerîg
Band III, Spalte 169
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?fernerîgAWB adj. a-St., nur in St. G. Schularbeit
121, 14 (nom. sg.m.) paschale festum prioris anni
i. ter fernerigo ostertag (1. Hälfte des 11. Jh.s):
vorjährig, prioris anni. Im Mhd. nicht be-
legt, im Nhd. nur dialektal: schweiz. fërnerig,
fër(n)d(e)rig, schwäb. fernd(er)ig, vorarlb. fern-
derig, fär(n)drig, elsäss. fern(d)ig, firnig, bair.
fern(d)ig letztjährig, vorjährig. Daneben fin-
det sich seit dem Mhd. für im vorigen Jahr
auch mhd. vert, das in gleicher Bedeutung im
Nhd. ebenfalls nur noch dialektal auftritt: el-
säss. vert, bair., österr. fert(en). Die daneben
vorkommenden Formen mhd. vern(e)t, die
dialektal in elsäss. vernent, fërnt fortgesetzt
sind, sind wohl Kontaminationen aus mhd.
verne (s. firni) und vert (vgl. G. Schmidt,
Germ. Adv. 334).

Ahd. Wb. III, 747; Splett, Ahd. Wb. I, 1215; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 256; Schützeichel⁵ 132; Graff III,
661; Schade 184; Lexer III, 185; Benecke III, 302;
Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 42 (prioris anni); Dt. Wb.
III, 1536. Schatz, Ahd. Gr. 172. Schweiz. Id. I,
1019 f.; Martin-Lienhart, Wb. d. els. Mdaa. I, 142;
Schmidt, Hist. Wb. d. els. Mda. 100. 103; Fischer,
Schwäb. Wb. II, 1252 f.; Jutz, Vorarlberg. Wb. I, 846;
Schmeller, Bayer. Wb.² I, 757. 761 f.; Lexer, Kärnt.
Wb. 94; Schöpf, Tirol. Id. 132; Höfer, Et. Wb. d. in
Österr. üblichen Mdaa. I, 211 f.; Lexer, Die dt. Mdaa.
II (1855), 341.

Zu ahd. fernerîg gibt es keine Parallelen. Das
ahd. Wort ist eine Zusammenrückung aus *fer-
n-jēr-īa- alt-jährig ( firni, jâr, -g), wobei
die Folge *--jē- zu -ē- kontrahiert und dann
sekundär gekürzt wurde. In den anderen germ.
Sprachen kommen dagegen durchaus vergleich-
bare Ausdrücke vor: Mit mhd. vert vgl. aisl.
fjorð (in í fjorð im vorigen Jahr), (mit ge-
schwundenem Dental) fär. i fjør, nnorw., ndän.
ifjor, nschwed. dial. ifjor, ifjol (< urgerm. *feru-
þi; anders Griepentrog, Wurzelnomina d.
Germ. 446: vern[e] mit sekundärem -t, doch
fehlt eine Motivation für den Schwund des Na-
sals); ae. fyrngēar, me. fern(e)yer, ne. fernyear
voriges Jahr, eine Zusammenrückung aus fyrn
[ firni] und gēar [ jār], wie in as. fernun gēre
im vorigen Jahr; got. af fairnin jera im vorigen
Jahr
.

Fick III (Germ.)⁴ 231; Sehrt, Wb. z. Hel.² 128; Bos-
worth-Toller, AS Dict. 354; ME Dict. E-F, 513 f.;
OED² V, 842; Vries, Anord. et. Wb.² 124; Holthau-
sen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 63; Falk-Torp, Norw.-
dän. et. Wb. 226; Torp, Nynorsk et. ordb. 133; Hell-
quist, Svensk et. ordb.³ 216; Feist, Vgl. Wb. d. got. Spr.
140; Lehmann, Gothic Et. Dict. F-15; Stötzel, Bez.
zeitlicher Nähe 17 ff.; Lühr, Egill 236.

Die Vorform von urgerm. *feruþi ist uridg. *pe-
rut(i) [**per(H)ut(i)], das in aind. parút im
Vorjahre
, gr. πέρυσι, dor. πέρυτι, äol. πέρρυσι
im vorigen Jahr, air. -urid (in ó’nn-urid, nir. i
n-uraidh im vorigen Jahr), arm. heru im vori-
gen Jahr
fortgesetzt ist. Es liegt eine kompo-
nierte Bildung aus *per- [**per(H)-] ( furi,
fora) und dem schwundstufigen Lok.Sg. *-ut(i)
von uridg. *et- Jahr (> heth. *witant- [in wi-
tantanni im nächsten Jahr], gr. ϝέτος, ἔτος,
alb. vjet; vgl. aind. vatsá-, osset. wæs Kalb,
Junges
< *et-s-ó-) vor.

Fern bleibt die unklare Bildung gr. ἐνιαυτός Jahr, Jah-
restag
mit einem Element -n- Jahr (so Schwyzer, Gr.
Gram.² I, 424⁵: wie in lit. pér-n-ai [ firni]; vgl.
O. Szemerényi, Sprache 11 [1965], 7 f.).

Walde-Pokorny I, 251; II, 31; Pokorny 810 f. 1175;
Mann, IE Comp. Dict. 925; Mayrhofer, K. et. Wb. d.
Aind. II, 219; ders., Et. Wb. d. Altindoar. II, 94 f.;
Monier-Williams, Skt.-Engl. Dict. 606; Boisacq, Dict.
ét. gr.⁴ 774 f.; Frisk, Gr. et. Wb. I, 518. 583 f.; Chan-
traine, Dict. ét. gr. 348 f. 382 f. 889 f.; Hübschmann,
Arm. Gr. 467; Fick II (Kelt.)⁴ 37 f.; Vendryes, Lex. ét.
de l’irl. anc. U-28; Dict. of Irish U-90. Fick I (Idg.)⁴
81, 476; Brugmann, Grdr.² II, 708; Kronasser, Vgl.
Laut- u. Formenlehre 126; Curtius, Grundzüge d. gr.
Et.⁵ 275; Pedersen, Vgl. Gr. d. kelt. Spr. I, 90, 541;
Thurneysen, Gr. of OIr. 52; A. Meillet, BSLP 29
(1929), 229 f.; ders., MSLP 23 (1935), 274 f.;
F. Stürmer, Glotta 13 (1924), 21; G. Schmidt, Germ.
Adv. 334 ff.

S. auch firni, forn.

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