fers
Band III, Spalte 173
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fers m. und n. a-St., seit Ende des 8. Jh.s, in
Gl., Bened.regel, bei Otfrid, Williram und
Notker: Vers, Verszeile, Abschnitt eines dich-
terischen Werkes, carmen, versus, versiculus,
vertico
Var.: uers. Das Wort ist aus lat. versus
m. Linie, Strich, Reihe, Ordnung, Verszeile,
Vers, Zeile
entlehnt, das als Terminus der
Poetik bereits von Cicero gebraucht wird (mit
ahd. f, v wird lat.-roman. v wiedergegeben;
Braune, Ahd. Gr.¹⁵ § 137 Anm. 2). Sichere Be-
lege für die Verwendung als m. Subst. kommen
bei Notker (Bo. 63, 6 álso díse uérsa tûont
[nom. pl.m.]) und im Glossar Rb vor, bei Ot-
frid (1, 1, 44 joh sconu vérs wolles dúan
[akk.pl.n.] und Williram hat fers auch n. Ge-
nus. Diese Schwankungen im Genusgebrauch
sind möglicherweise durch den lat. Akk.Sg.
versum verursacht, der als n. Form fehlinter-
pretiert werden konnte. Vielleicht hat aber
auch ahd. liod n. Lied, Gesang, Strophe zum
Genuswechsel beigetragen. Wechselnde Ge-
nusformen treten noch bei mhd. vers auf, da-
gegen hat nhd. Vers nur m. Genus.

Ahd. Wb. III, 756 f.; Splett, Ahd. Wb. I, 225; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 257; Schützeichel⁵ 132; Starck-Wells
148; Schützeichel, Glossenwortschatz III, 122; See-
bold, ChWdW8 125; Graff III, 696 f.; Schade 185;
Lexer III, 208; Benecke III, 303; Diefenbach, Gl. lat.-
germ. 614 (versus); Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 91 (car-
men). 703 (versiculus, versus). 704 (vertico); Dt. Wb.
XII, 1, 1029 f.; Kluge²¹ 817; Kluge²⁴ 956; Pfeifer, Et.
Wb.² 1508. Schatz, Ahd. Gr. § 371; zur Wortge-
schichte s. W. Braune, Reim u. Vers (Sitz.ber. d. Heid.
Akad. d. Wiss.) 1916, 1 ff., bes. 1727; P. v. Polenz,
Wolff-Festschrift (1962), 128 ff. (zur Verwendung von
fers bei Otfrid).

Mndd. vers, versch n. Vers, Strophe; mndl.
vers; afries. fers und ae. fers, færs m.n. sind
ebenfalls aus lat. versus entlehnt; dagegen er-
klärt sich me. vers, ne. verse als Übernahme von
afrz. vers. Für aisl. vers m., nisl. vers n., versi
m., nnorw. vers n., nschwed., ndän. vers wird
Vermittlung über das Mnnd. angenommen.

Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. I, 1, 706; Schiller-
Lübben, Mndd. Wb. V, 243; Verwijs-Verdam, Mndl.
wb. VIII, 2307 ff.; Holthausen, Afries. Wb.² 26; Richt-
hofen, Afries. Wb. 735; Doornkaat Koolman, Wb. d.
ostfries. Spr. I, 460; Dijkstra, Friesch Wb. I, 345; Holt-
hausen, Ae. et. Wb. 102; Bosworth-Toller, AS Dict.
283; Suppl. 215; Suppl. II, 24; Stratmann-Bradley,
ME Dict.³ 659; Oxf. Dict. of Engl. Et. 976; Vries, A-
nord. et. Wb.² 657; Jóhannesson, Isl. et. Wb. 1223;
Fritzner, Ordb. o. d. g. norske sprog III, 922; Holthau-
sen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 339; Falk-Torp, Norw.-
dän. et. Wb. 1371; Ordb. o. d. danske sprog XXVI,
1240; Torp, Nynorsk et. ordb. 859; Hellquist, Svensk
et. ordb.³ 1332. Burckhardt, Gr. u. lat.-rom. Lehnw.
im Andd. 77.

Das Wort wurde auch ins Keltische entlehnt:
air. fers. Die lat. Basis versus < alat. uorsus (<
*orsso- < uridg. *t-to- [s. Meiser, Hist.
Laut- u. Formenlehre d. lat. Spr. § 82, 1] zur Wz.
uridg. *ert- sich umdrehen) ist ein substanti-
viertes Part.Perf.Pass. zu lat. verto ich kehre,
wende, drehe
und bedeutet eigentl. Umwenden
der Erde durch den Pflug und die dadurch ent-
standene Furche
. Die Bedeutung Zeile eines
Gedichts, Vers
entstand in metaphorischer An-
lehnung an die Linie einer Ackerfurche.

Walde-Pokorny II, 292. 274; Pokorny 1156 ff.; LIV²
691 f.; Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. II, 763; Ernout-
Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 725; Niermeyer, Med. Lat. Le-
xic.² II, 1406; Dict. of Irish F-93.

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