firni
Band III, Spalte 300
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firni adj. ja-St., seit dem 8. Jh., in Gl.,
Mons. Frg. und bei Notker: (sehr) alt, veraltet,
(vor Alter) schwach, hinfällig, vergehend, an-
tiquatus, vetus, vetustus
. Mhd. virne alt,
nhd. (obd.) firn vorjährig. Zum obd. Adj. ge-
hört als Substantivierung Firn m., Firne f.
vorjähriger Schnee im Hochgebirge, ein zu-
erst im 16. Jh. bezeugtes schweiz. Wort (vgl.
als Substantivierung des Adj. österr. Ferner),
das durch Schiller (im Wilhelm Tell) allge-
meine Verbreitung fand. Das Wort Firnewein
alter Wein (vgl. mndd. vernewīn) ist eine Zu-
sammenrückung aus mhd. der virne wîn, eine
Fügung, die noch im 20. Jh. als firner Wein
fortbestand.

Ahd. Wb. III, 912; Splett, Ahd. Wb. I, 238.; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 282; Schützeichel⁵ 135; Starck-Wells
158; Seebold, ChWdW8 128; Graff III, 662; Schade
199; Lexer III, 366; Benecke III, 302; Götz, Lat.-
ahd.-nhd. Wb. 44 (antiquatus). 706 (vetus, vetustus);
Dt. Wb. III, 1675 f.; Kluge²¹ 199; Kluge²⁴ 295; Pfei-
fer, Et. Wb.² 346 f.

Das ahd. Wort hat Entsprechungen in: mndd.
verne vorjährig, alt; mndl. verne alt; got.
fairneis alt (n. fairni, also ebenfalls ein ja-St.):
< urgerm. *fernija- alt. Daneben findet sich
ablautend ae. fyrn ehemalig, alt und aisl. Fyr-
nir ein Riese (< urgerm. *furni/ja-). Weil es
im Germ. kein Suffix *-n(i)ja- gibt, dürfte ur-
germ. *fernja- mit dem Suffix *-ja- vom a-st.
Adj. *ferna- in as. fern vorig (in fernun gēre im
vorigen Jahr
) und got. fairns* vorjährig (nur in
af fairnin jera) abgeleitet sein. Der Auslöser die-
ser Neubildung war das oppositionelle Verhält-
nis zu urgerm. *newja- neu ( niuwi), wie
wahrscheinlich auch für die Bildung got. alþeis
alt (< *alþija-) neben urgerm. *alđa- ( alt;
vgl. Lühr, Egill 323). Wie neben *fernija- ablau-
tendes *furni/ja- steht, findet sich auch *ferna-
zu ablautendem *furna-, das in aisl., nisl., norw.,
schwed., dän. forn alt, heidnisch ( forn) be-
legt ist. Von beiden Ablautstufen sind Abstrakta
auf urgerm. *-iþō- abgeleitet: got. fairniþa Al-
ter
(< *ferniþō-) neben aisl., nisl., fär. fyrnd
Alter, Vorzeit (< *furniþō-).

In den westfrk. Personennamen mit Erstglied Farn-
(wie Farnobius, Farnoin und Farnulf) ist das Erstglied
zu *farma- Sturm zu stellen (vgl. as. farm Ansturm;
N. Wagner, BN N.F. 31 [1996], 162 f.).

Fick III (Germ.)⁴ 231; Heidermanns, Et. Wb. d. germ.
Primäradj. 196. 225; Holthausen, As. Wb. 19; Sehrt,
Wb. z. Hel.² 128; Berr, Et. Gl. to Hel. 117; Lasch-
Borchling, Mndd. Handwb. I, 1, 705; Schiller-Lüb-
ben, Mndd. Wb. V, 242; Verdam, Mndl. handwb.
678; Holthausen, Ae. et. Wb. 120; Bosworth-Toller,
AS Dict. 354; Suppl. 277; Vries, Anord. et. Wb.² 138;
Jóhannesson, Isl. et. Wb. 545 f.; Holthausen, Vgl. Wb.
d. Awestnord. 70; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 269;
Torp, Nynorsk et. ordb. 133; Feist, Vgl. Wb. d. got.
Spr. 140 f.; Lehmann, Gothic Et. Dict. F-14. F-15.
Streitberg, Got. El.buch⁶ 129; Schulze, Kl. Schriften
536 ff.

Die Basis für die Ableitung urgerm. *fernija-,
vorurgerm. *perno-, welchem lett. prns vorjäh-
rig
entspricht, ist eine Ableitung mit dem adjek-
tivbildenden Suffix *-no- von dem uridg. Ad-
verb *perǝ/*pr̥̄- [**perH₂-/**pH₂-] ( furi,
fora). Daneben findet sich ein Adverb *perǝnē
[**perHnē] (also mit dem Adverbialsuffix
*-nē), das in mhd. verne im vorigen Jahr,
umbr. perne vorher (anders Untermann, Wb.
d. Osk.-Umbr. 538: dat. sg.n. dem, was vorn ist
von einem Adj. *perno-), lit. pérnai(s), pérniai
vorjährig (im Suffix nach naujaî neuerdings)
und lett. prn im vorigen Jahre vorliegt. Die
unterschiedlichen Bedeutungen im Umbr. und in
den anderen Sprachen legen die Annahme nahe,
daß die Bedeutung vorjährig aus einer ellipti-
schen Wendung im vorigen Jahre entstanden
ist.

Walde-Pokorny II, 31; Pokorny 810 f.; Mann, IE
Comp. Dict. 925; Muller, Aital. Wb. 334; Walde-Hof-
mann, Lat. et. Wb. II, 283 ff.; Trautmann, Balt.-Slav.
Wb. 215; Fraenkel, Lit. et. Wb. 576; Mühlenbach-
Endzelin, Lett.-dt. Wb. III, 209 f. K. Johansson, BB
16 (1890), 151 f.; E. Fraenkel, Zfvgl. Spr. 57 (1930),
175; G. Schmidt, Germ. Adv. 335 ff.; I. Hajnal, in
Früh-, Mittel-, Spätidg. 102; R. Lühr, Mü. Stud. z.
Spr.wiss. 35 (1976), 75.

S. auch gifirni, fer, fernerîg, ferro, fora, forn, fu-
ri
.

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